Ehrengrab für Maria Hübner auf dem Bergfriedhof
Romani Roses Mutter versteckte vier Sinti vor den Nationalsozialisten - Sie rettete Leben und riskierte ihr eigenes

Von Birgit Sommer
Heidelberg. "Eine Persönlichkeit war sie, eine couragierte, selbstbewusste und dominierende Frau, die keinerlei Ungerechtigkeiten ertragen konnte." So beschreibt Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, seine Mutter Maria Hübner (1913-1991). Sie hatte in den letzten Kriegsjahren in ihrem Haus am Klingenteich in Heidelberg vier Sinti versteckt, die von den Nationalsozialisten aus rassistischen Gründen verfolgt wurden.
Die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wurde Maria Hübner dafür schon 1985 in Heidelberg überreicht. Jetzt beschloss der Gemeinderat auf Antrag von Romani Rose, ihr Grab auf dem Bergfriedhof in die Liste der Ehrengräber der Stadt Heidelberg aufzunehmen. Maria Hübner stehe für einen selbstlosen Einsatz, der – ungeachtet der eigenen Lebensgefahr – Menschen in existenzieller Not zugutekomme. "Ohne stille Helfer wie Maria Hübner wären noch weitere Verfolgte Opfer des NS-Regimes geworden", sagte Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner.
Unter den Verfolgten, die sich bei Maria Hübner in einer niedrigen Auswölbung der Hauswand hinter einem Schrank versteckten, befanden sich Oskar Rose, der spätere Vater Romani Roses, und dessen Bruder Vinzenz. Vinzenz’ Ehefrau und der Neffe von Oskar Rose kamen noch hinzu.
Hintergrund
> Die Verleihung des Ehrengrabstatus ist bei Grabstätten von Menschen möglich, die sich in besonderem Maße um die Stadt Heidelberg und das Gemeinwohl verdient gemacht haben. Das Grab von Maria Hübner, die 1991 auf dem Bergfriedhof beigesetzt wurde, ist das 24. Ehrengrab,
> Die Verleihung des Ehrengrabstatus ist bei Grabstätten von Menschen möglich, die sich in besonderem Maße um die Stadt Heidelberg und das Gemeinwohl verdient gemacht haben. Das Grab von Maria Hübner, die 1991 auf dem Bergfriedhof beigesetzt wurde, ist das 24. Ehrengrab, das künftig von der Stadt gepflegt wird. Die bisherigen Ehrengräber:
> Friedrich Ebert, Reichspräsident
> Carl Neinhaus, Hugo Swart, Ernst Walz, Karl Wilckens, Heinrich Krausmann, Reinhold Zundel, alle ehemalige Oberbürgermeister
> Gräfin Maria von Graimberg, Pionierin weiblicher Berufsarbeit
> Pfarrer Adolf Schmitthenner
> Richard Benz, Historiker
> Friedrich Wielandt, Bürgermeister
> Karl Gottfried Nadler, Heimatdichter
> Ernst Fried, Maler
> Gustav Hartung, Theater-Intendant
> Franz Knauff, Arzt und Hygieniker
> Wilhelm Furtwängler, Dirigent
> Matthias Pier, Chemiker
> Gustav Radbruch, Jurist und Politiker
> Max Bock, Arbeitsminister
> Grab für Nazi-Opfer
> Adolf Kußmaul, Internist und Dichter
> Hilde Domin, Schriftstellerin
> Albert Fraenkel, Arzt & Herzforscher
Oskar Rose und Maria Hübner war es 1944 gelungen, Vinzenz Rose aus dem KZ-Nebenlager Neckarelz/Mosbach mittels gefälschter Papiere zur Flucht zu verhelfen. Zuvor war er schon in den Lagern Auschwitz und Natzweiler im Elsass gewesen. Dass ihr Leben damit selbst in Gefahr war, hielt Maria Hübner – Witwe eines 1941 in Russland gefallenen Soldaten – von ihren mutigen Taten nicht ab.
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Geschichten vom Wanderkino des Großvaters Anton Rose, vom Tod der Großeltern in Auschwitz, von Flucht und Verhaftung des Onkels, von falschen Papieren, vom angeblichen "Urlaub" des Oskar Rose von der Front, der nichts mit Erholung, aber viel mit Angst vor Entdeckung zu tun hatte – Romani Rose kennt viele Ereignisse aus dem Leben der Vorfahren, auch der mütterlichen: "Ihre Familie war antifaschistisch eingestellt", weiß er. "Gefallen fürs Vaterland", das schrieb man in eine Todesanzeige, aber niemals "gefallen für den Führer".

Weil man die junge Frau, die die Verfolgten versteckt hielt, warnte, flüchteten die vier Sinti einige Monate vor Kriegsende weiter und hielten sich dann in der Nähe von München verborgen. Als Oskar Rose in der Nachkriegszeit ein Kino in Neckargemünd betrieb und ein weiteres in Karlsruhe-Neureut aufbaute, stieg Maria Hübner eine Zeit lang in die Geschäftsführung mit ein, wie Romani Rose berichtet. Sie starb am 2. Mai 1991 und wurde auf dem Bergfriedhof beigesetzt.
Maria Hübner ist nun die Jüngste auf der Liste derer, deren Grab zu pflegen die Stadt als eine Ehre ansieht. Die Kosten dafür sind mit 250 Euro pro Jahr veranschlagt. Die Liste der ausgezeichneten Bürger beginnt mit dem ehemaligen Reichspräsidenten Friedrich Ebert, enthält die Namen von sechs Oberbürgermeistern der Stadt, aber auch von bedeutenden Künstlern wie Ernst Fried, Wilhelm Furtwängler und Hilde Domin.



