Romani Rose prophezeite

"Eines Tages werden Sie Präsident sein"

Romani Rose sagte 1986 Joe Biden die Zukunft voraus - Er hat Recht behalten und ist darüber "glücklich"

08.11.2020 UPDATE: 11.11.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 27 Sekunden
Begegnung vor 34 Jahren: der damalige Senator Joe Biden (l.) und Romani Rose. Foto: zg

Von Ingrid Thoms-Hoffmann

Heidelberg. "Sie wissen, dass man unserer Minderheit nachsagt, dass sie in die Zukunft schauen kann. Und ich sage Ihnen heute, einen Satz, den Sie nicht vergessen werden: Eines Tages werden Sie Präsident der Vereinigen Staaten sein". Der Satz fiel 1986, formuliert von Romani Rose. Er galt dem damaligen demokratischen US-Senator Joe Biden. "Der strahlte über das ganze Gesicht", erinnert sich heute der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma. Ein Jahr später bewarb sich Biden das erste Mal um die Präsidentschaft. Beim dritten Anlauf sollte es klappen. Rose hatte Recht behalten und ist "glücklich" über den Ausgang der US-Wahlen.

Als Rose damals Washington besuchte, da hatte er wenige Jahre zuvor mit seinem politischen Hungerstreik in Dachau auch den Blick der US-Amerikaner auf die Situation der "vergessenen Opfer des Holocaust" gerichtet. Die "New York Times" berichtete mit dicken Schlagzeilen. An die erinnerte sich auch der Kongressabgeordnete Tom Lantos, der im Kongress den einflussreichen Auswärtigen Ausschuss führte und sich den Schutz der Menschenrechte auf die Fahne geschrieben hatte. Lantos, der einer jüdischen Familie aus Ungarn entstammte, und dessen meiste Verwandte selbst den Verbrechen der Nazis zum Opfer gefallen waren, lud Rose ein. Und so kam es zu diesem Treffen und einer Begegnung mit dem damaligen führendem Politiker der Demokraten, Edward Kennedy. Ein Austausch mit weitreichenden Folgen.

In Biden sah sich Rose einem Mann gegenüber, der ihm mit seiner "lockeren Art" das Gefühl gab, ihn schon "lange zu kennen". Er interessierte sich für die Bürgerrechtsarbeit des Deutschen, hakte nach, ließ sich erklären. Hörte sich an, dass bei den "Nürnberger Prozessen", bei denen ja die Amerikaner die Hauptrolle einnahmen, die Ermordung der 500.000 europäischen Sinti und Roma lediglich als "Randnotiz" vorkam. Und dass im Nachkriegsdeutschland die Minderheit immer noch ausgegrenzt wurde. Erst 1982 sei ihr Leid als das anerkannt worden, was es war: Verfolgung und Vernichtung aus rassistischen Gründen, genau wie bei den Juden.

Rose berichtete während seiner "Geschichtsstunde" auch von den schwierigen Entschädigungsverfahren mit den deutschen Behörden. Was ihn damals besonders beeindruckte: Die Abgeordneten hörten nicht nur gespannt zu, sondern schickten auch umgehend einen Brief an den Finanzminister in Bonn, mit der Bitte um finanziellen Ausgleich für die Minderheit.

Jetzt ist der Politiker, dem Rose einst die Zukunft vorausgesagt hatte, der "mächtigste Mann der Welt". Für den Bürgerrechtler eine "gute Nachricht".