DKFZ-Mitgründer Erich Hecker: Ein Pionier der Krebsforschung

Erich Hecker, einer der Gründungsdirektoren des Deutschen Krebsforschungszentrums, vollendet am 7. Juli sein 90. Lebensjahr - Erforscher von Tumorpromotoren

01.07.2016 UPDATE: 02.07.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden

Bester Gesundheit erfreut sich Erich Hecker an seinem Garten in Handschuhsheim. Foto: Joe

Von Arndt Krödel

Weit schweift der Blick über die Dächer Handschuhsheims zum Neuenheimer Feld und bis zu den Bergen der Pfälzer Haardt am diesigen Horizont. Von seinem Haus hoch über dem Mühltal kann Erich Hecker die grandiose Aussicht in die Rheinebene schon seit 45 Jahren genießen. Wenn man genau hinschaut, lässt sich im Campusdickicht des Neuenheimer Felds sogar das Gebäude des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) ausmachen - für Jahrzehnte die Wirkungsstätte des Professors für Biochemie. 1964, als die erste deutsche Forschungseinrichtung zur Entstehung und Behandlung der Krebskrankheiten ins Leben gerufen wurde - damals noch in bescheidenen Containerbauten, den "Baracken" - war Hecker dabei: als Gründungsdirektor des Instituts für Biochemie. Mit sechs weiteren Institutsdirektoren war er einer der Pioniere des DKFZ, an dem er bis 1994 tätig war. Am 7. Juli vollendet der gebürtige Tübinger sein 90. Lebensjahr.

Ein kleiner Rundgang durch den paradiesisch anmutenden Garten ist bei dem Besuch in seinem Haus, das man erst nach Absolvierung etlicher Treppenstufen erreicht, unerlässlich. Mächtige Bäume prägen die stille, idyllische Anlage - einen jeden von ihnen hat Erich Hecker selbst gepflanzt. Zum Beispiel den Ginkgo: "Der war nur 1,50 Meter groß, als ich ihn einpflanzte", erinnert er sich. Beim Tee, den seine Frau Hermine serviert, bestätigt er mit einem Schmunzeln, dass er tatsächlich der täglichen Nachmittagstasse eine Prise Ascorbinsäure - Vitamin C also - zusetzt. Dass er bei guter Gesundheit ist, verdankt er sicher auch seinem Lebensstil: Ausreichend Bewegung - und das heißt, möglichst einmal am Tag die Treppe zur Straße hinuntersteigen und wieder zurück - und eine gesunde, ausgewogene Kost gehören dazu, auch ein Glas Rotwein verachtet er nicht.

Seinen internationalen Ruf hat sich der Chemiker, der im Jahr 1952 bei Nobelpreisträger Adolf Butenandt am Max-Planck-Institut für Biochemie in Tübingen promovierte - "ein sehr scharfsinniger, großzügiger Mensch", sagt Hecker -, durch die Begründung eines eigenständigen Forschungsgebiets in der Tumorforschung erworben: der Isolierung hoch entzündlicher Krebsrisikofaktoren aus Pflanzen, den Tumorpromotoren. Darunter versteht man Inhaltsstoffe, die zwar selbst nicht Krebs auslösend sind, aber die Wirksamkeit von Krebs hervorrufenden Substanzen steigern. Hecker gelang es als Erstem, diese chemischen Substanzen zu isolieren.

Eine Quelle der Forschung war für den Wissenschaftler zum Beispiel die Crotonpflanze, die zur Familie der Wolfsmilchgewächse gehört. Das Crotonöl ist der bei Weitem wirksamste aller Tumorpromotoren. Auf der Karibikinsel Curaçao, wo Bewohner überdurchschnittlich häufig an Speiseröhrenkrebs erkranken, ist ein aus frischen Blättern und jungen Zweigspitzen der Crotonpflanze aufgebrühter Tee sehr populär. "Von dieser ‚Ölquelle’ musste man rechtzeitig Abstand nehmen", stellt Hecker im Hinblick auf seine Forschungsergebnisse fest. Aus dem Spektrum der Krebsrisikofaktoren sind seine Beiträge nicht mehr wegzudenken: 400 Publikationen und sechs Bücher sind ein beredtes Zeugnis.

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Am DKFZ wirkte er von 1970 bis 1971 auch als Vorsitzender des Direktoriums. Erfolge in der Krebsforschung konnte man in den Anfangsjahren nicht erwarten. "In der Grundlagenforschung musste man die Ansatzpunkte erst suchen", beschreibt Hecker die damalige Situation, in der die Öffentlichkeit "nicht sehr viel Verständnis" gehabt habe. Sein Engagement galt auch dem Wissenschaftlichen Rat der Forschungseinrichtung, um Wissenschaftlern ein eigenes Mitwirkungsrecht zu verschaffen. Darüber hinaus war er viele Jahre Koordinator des Deutsch-Israelischen Koordinationsprogramms für Krebsforschung, das in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen feiert.

Ist er heute noch wissenschaftlich tätig? "Eigentlich nicht", lautet die Antwort des liebenswürdigen älteren Herrn. Er verfolge, was sich in der Krebsforschung tut und habe auch noch Kontakt zu einigen Wissenschaftlern. Seinen runden Geburtstag selbst wird er mit seiner Frau verbringen - übrigens eine gebürtige Heidelbergerin -, um dann am darauffolgenden Sonntag mit der Familie zu feiern. Neben den zwei Töchtern und zwei Söhnen, die beruflich alle nicht in die Fußstapfen des Vaters getreten sind, werden auch seine vier Enkelkinder für ordentlich Leben in Haus und Garten sorgen - und die Aussicht genießen.

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