Bis 2023 soll die Südstadt komplett bewohnt sein
Auf dem ehemaligen US-Army-Areal wird an allen Ecken und Enden gebaut - Wohnraum für 5000 Menschen - Neue Lärmschutz- und Spielewand kurz vor Eröffnung

Von Denis Schnur
Heidelberg. Der Baulärm ist nicht zu überhören, an allen Ecken stehen Gerüste und Kräne – das ehemalige US-Kasernengelände in der Südstadt ist noch immer eine große Baustelle. Doch zwischen Zäunen und Baggern zieht immer mehr Leben in das 44 Hektar große Areal: Bei den Wohngruppen in der Rheinstraße herrscht reger Betrieb, die ehemalige High School ist jetzt eine Berufsschule und die Grünanlagen nehmen Form an. "Das Mosaik dieses Quartiers wird immer klarer erkennbar", beschreibt es der für Konversion zuständige Bürgermeister Hans-Jürgen Heiß. Am Montag gaben er und die weiteren Verantwortlichen von Stadt und dem Baukonsortium "MTV Bauen und Wohnen" einen Überblick über die Entwicklung.
Wohnen
Der Großteil der ehemaligen Army-Fläche wird für den Wohnungsbau genutzt. "Die neue Südstadt ist eines der größten Wohnungsbauprojekte in Deutschland. Heidelberg setzt hier ein Beispiel, das bundesweit beachtet wird", sagt Oberbürgermeister Eckart Würzner. Denn hier entstehen nicht nur mehr als 1400 Wohneinheiten für 5000 bis 6000 Menschen – 70 Prozent davon werden im preiswerten Segment liegen und gefördert. "Ein Großteil der Mietwohnungen wird für weniger als acht Euro pro Quadratmeter zur Verfügung gestellt. Wir schaffen das dank des enormen Engagements der genossenschaftlichen Bauträger und unserer städtischen Wohnungsbaugesellschaft GGH", so Würzner. Diese haben sich im Konsortium "MTV Bauen und Wohnen" zusammengeschlossen, das insgesamt 450 Millionen Euro in Neubau und Sanierung investiert.
Noch ist es nur ein Bruchteil der späteren Bewohner, doch rund 800 Menschen leben bereits auf dem Areal. Neben den 100 Bewohnern der Wohngruppen in der Rheinstraße sind das vor allem Senioren im Pflegeheim sowie Auszubildende, Studierende und Familien, die die Altbauten zwischen Römer- und Kirschgartenstraße beziehen konnten. In den nächsten Jahren wird die Einwohnerzahl der Südstadt massiv steigen. Aktuell befinden sich 400 Wohnungen und 20 Einfamilienhäuser im Bau, mit 80 weiteren Wohneinheiten soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Bis zum Frühjahr 2023 sollen dann alle Wohnungen fertig und bezogen sein.
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Einkaufen
Doch in dem Quartier sollen natürlich nicht nur Wohnungen Platz finden, sondern auch Läden und Betriebe. Das größte Geschäft – der Supermarkt Tegut – hat bereits 2019 im Nahversorgungszentrum in der Rheinstraße geöffnet. Darüber haben mehrere Arztpraxen ihre Räume bezogen. Und auch in den Erdgeschossen der Wohnhäuser ist Platz für Gewerbe vorgesehen. Vor allem nördlich der Rheinstraße soll eine Ladenzeile entstehen. Auch entlang der Römerstraße sind mehrere Flächen für Betriebe geplant. Die Vermietung läuft langsam an: "Da brauchen wir einen mittleren bis langen Atem – vor allem, wenn wir Geschäfte wollen, die das Quartier beleben", erklärt Ronald Odehnal, Geschäftsführer von MTV Bauen und Wohnen. Jedoch sei man auch in der Lage, die Miete anzupassen, um Betriebe mit spannenden Konzepten am Anfang zu unterstützen.
Spielen
Stolz können die Verantwortlichen mittlerweile eines der Vorzeigeprojekte des neuen Stadtteils präsentieren: Denn entlang der Bahnstrecke im Nordwesten haben die Planer sozusagen aus der Not eine Tugend gemacht – und die notwendige Lärmschutzwand mit einer beeindruckenden Spielelandschaft für Kinder und Jugendliche kombiniert. Rutsche, Schaukeln, Skate-Bowl und Kletterfels stehen bereits, in den nächsten Wochen soll die Anlage eröffnet werden. "Eine clevere Idee", findet OB Würzner. "Sonst wäre das wohl eher eine Unfläche geblieben." Rund zwei Millionen Euro hat die Stadt dafür investiert.

Lernen
In der Südstadt soll nicht nur ein reines Wohngebiet entstehen, sondern ein lebhaftes Quartier. Dazu können die Bildungs- und Kultureinrichtungen, die dort bereits hingezogen sind oder noch kommen, einiges beitragen. Den Anfang machte 2017 die Julius-Springer-Schule, die die Gebäude der ehemaligen High School weiter nutzt. Südlich davon hat das Mark-Twain-Center bereits seine Arbeit aufgenommen. Zwei weitere Einrichtungen, die für ordentlich Publikumsverkehr im Quartier sorgen werden, folgen in den nächsten Jahren: So zieht eine Fachhochschule für Medizinberufe in das Torhaus an der Römerstraße. Einige Hundert Meter weiter westlich wird gerade die ehemalige Reithalle zum neuen Standort des Karlstorbahnhofs umgebaut. Ende 2021 soll das Gebäude fertig sein, Anfang 2022 das Kulturhaus dann umziehen.
Entspannen
"Hier im Quartier ist eigentlich an alles gedacht", findet Baubürgermeister Jürgen Odszuck. "Aber wie wird aus diesem Sammelsurium aus Wohnungen und wichtigen Einrichtungen wirklich Stadt?" Denn das Ziel sei, dass die Bewohner dort nicht nur schlafen und einkaufen, sondern sich begegnen und sich mit ihrem Stadtteil identifizieren. Das soll vor allem der "Andere Park" leisten mit seinen Spiel- und Veranstaltungsflächen und seinen Rückzugsorten. Die Arbeiten an der neuartigen Freifläche, die sich von der Rheinstraße bis zum Paradeplatz durchziehen wird, haben bereits begonnen. Ende nächsten Jahres soll der Park fertig sein. Weil auch der Bund von dem Projekt überzeugt ist, fördert er es mit 5,9 Millionen Euro. Mit diesen Mitteln wird aber nicht einfach alles neu gebaut. Im Gegenteil: Viele Hinterlassenschaften der US-Armee werden in die Anlage integriert – etwa der ehemalige Checkpoint an der Rheinstraße. "Hier haben wir überdachte Freiflächen. Warum sollten wir das wegmachen?", fragt Odszuck.



