Heidelberg

Architekt und Stadtplaner Bert Burger wird 80 Jahre alt

Er war maßgeblich an der Sanierung der Altstadt beteiligt. Die Vergangenheit hat ihn immer fasziniert. "Eine Stadt muss auch ein Ort von Identifikation sein".

22.03.2021 UPDATE: 23.03.2021 06:00 Uhr 4 Minuten, 44 Sekunden
„Dank an alle Menschen, die mir geholfen haben, ein bis heute so erfülltes Leben zu führen“, sagt der Architekt und Stadtplaner Bert Burger. Foto: Manfred Bechtel

Von Manfred Bechtel

Heidelberg. Bert Burger wird an diesem Dienstag 80 Jahre alt. Seit Jahrzehnten engagiert sich der Handschuhsheimer für Stadtentwicklung und Denkmalpflege. Wenn er jetzt zurückblickt, erinnert er sich zugleich an viele Akteure der jüngeren Stadtgeschichte. Von jeher fasziniert ihn die Vergangenheit des Heiligenberges. Sein Eintreten war mitentscheidend für die Erhaltung der Kirchenruine von St. Michael; seit Jahren ist er Vorsitzender der "Schutzgemeinschaft Heiligenberg". Als Architekt gründete er mit einem Partner in den 1960er Jahren ein Architekturbüro, das heute von seinem Sohn geleitet wird. Bert Burger ist Träger der Bürgermedaille der Stadt Heidelberg und der Medaille der Stadt Montpellier. Anlässlich seines Geburtstags hat die RNZ ein Gespräch mit ihm geführt.

Herr Burger, wie kam es zu Ihrem Engagement für die Heidelberger Stadtentwicklung?

Zu Beginn der 1970er Jahre wollte der damalige Oberbürgermeister Zundel unter anderem einen dreispurigen Ausbau der B37 zwischen Altstadt und Neckar. Auch dachte er, die Altstadt wäre nicht zukunftsfähig. Nach seiner Sanierungsstrategie sollten große Teile abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden. Als Reaktion auf diese Ideen fand sich eine Gruppe junger Architekten und engagierter Bürger zusammen, die diese Art der Altstadtentwicklung heftig kritisierte. In diesem Zusammenhang wurde eine große Ausstellung im Heidelberger Kunstverein organisiert, die sich HDAD (HD ade) nannte, und ich habe einen Film gedreht mit dem Titel "Muss Heidelberg den Verkehrstod sterben?". Diese Gruppe kritischer Bürger war sozusagen ein Vorläufer der späteren "Bürger für Heidelberg".

Dann bekamen Sie Hilfe vom Gesetzgeber.

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Nach dem Krieg wurde in den historischen Altstädten mehr Substanz zerstört als im Krieg selbst. Da griff der Gesetzgeber ein. Das "Städtebauförderungsgesetz" sollte der Erhaltung eine Chance geben. Mittel von Bund, Land und Kommunen leiteten eine Revitalisierung von historischen Altstädten ein, insbesondere auch durch Wiederansiedlung von Familien mit Kindern in den alten Strukturen: Sie bekamen bis zu 37 Prozent der Baukosten geschenkt!

Was bedeutete das Städtebauförderungsgesetz für Heidelberg?

Da unser Büro zu dieser Zeit in Ladenburg konform mit den Zielen des Städtebauförderungsgesetzes eine prämierte Sanierung der Altstadt durchführte, bat OB Zundel uns zu einem Gespräch, obwohl ich ja ein Kritiker seiner Sanierungsideen war. In dem Gespräch konnten wir darlegen, dass für eine historische Altstadt ein Gesamtplanungskonzept nicht funktioniert, weil die einzelnen Quartiere doch sehr unterschiedlich strukturiert sind. Besser wäre es, sozusagen quartiersweise Sanierungsplanungen zu entwickeln. Wir konnten dies insbesondere am Beispiel von Kopenhagen erläutern. In diesem Zusammenhang schlug ich vor, den Auftrag zur Planung unterschiedlicher Quartiere an verschiedene Heidelberger Architekten zu vergeben.

Hatten Sie bei OB Zundel damit Erfolg?

Der Oberbürgermeister ließ sich tatsächlich überzeugen und startete mit ersten Testquartieren. So konnte eine Wende in der Sanierungsplanung eingeleitet werden. Auch Baubürgermeister Karl Korz stand hinter den neuen Ideen. Partner zur Durchführung war vor allem das Liegenschaftsamt, welches den Kauf von Häusern organisierte, um sie dann zum Beispiel an Familien mit Kindern weiterzuverkaufen. Das Amt organisierte auch die Sanierungsgespräche mit Eigentümern und Mietern, das heißt, es fand eine für Heidelberg im Grunde neue Bürgerbeteiligung statt. Das Rechtsamt leistete Unterstützung. Von großer Bedeutung bei der Durchführung war die Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH) mit ihrer Gemeinnützigkeit und ihrem technischen Know-how. Heidelberg konnte zügig vier Sanierungsgebiete beschließen, so schnell war kaum eine andere Stadt.

Welche Aufgaben übernahm Ihr Büro?

Von uns wurden über 50 Häuser saniert, darunter das Projekt Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Überzeugungsarbeit beim Gemeinderat leisteten dazu die CDU unter dem Fraktionsvorsitzenden Raban von der Malsburg, OB Zundel und sein Mitarbeiter Günter Heinemann. Ein problematisches Quartier lag zwischen Kettengasse, Ingrimstraße und Zwingerstraße; es war total überbaut. Wir haben damals einen Grünbereich mit Kinderspielplatz vorgesehen und am Blockrand verschiedene Wohnhäuser für Familien mit Kindern. Hier lag auch die ehemalige Turnhalle des Helmholtz-Gymnasiums.

Zusammen mit Intendant Stolzenberg und Bürgermeister Korz haben wir dort die Idee eines Jugendtheaters mit Probebühne geplant. In dieser Beziehung klappte die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und dem Kulturamt hervorragend, und gemeinsam mit dem designierten jungen Intendanten des Jugendtheater, Christian Sorge, konnte ein Projekt realisiert werden, welches von den Kindern und Jugendlichen sehr gut angenommen wurde. Ein Haus in der Kettengasse konnte in enger Zusammenarbeit mit Vertretern der Stadt Montpellier zum "Montpellierhaus" umgebaut werden.

Sind Ideen auch gescheitert?

Ja. Etwa die Verbannung des Durchgangsverkehrs vom Neckarufer hinein in einen Tunnel durch den Berg. Oder die Planung einer dringend notwendigen Brücke über den Neckar weiter westlich. Die historische Altstadt hatte lediglich eine Brücke – die "Alte Brücke", aber mit jeder Erweiterungsphase nach Westen entstand eine neue Brücke, um neue Stadtteile vital zu verbinden. Die jüngsten Erweiterungen der Stadt nach Westen benötigen dringend ebenfalls eine Verbindung in Form einer Brücke, um Mobilität der Zukunft flexibel gestalten zu können.

Sprechen wir auch über Geschichte und den Heiligenberg.

Eine Stadt muss auch ein Ort von Identifikation sein. Es ist daher wichtig, zu begreifen, welche geschichtlichen Ereignisse und Strukturen sie geprägt haben. Historische Details sind in Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege hervorzuheben und in die Zukunft zu tradieren. Neben Objektsanierungen in der Heidelberger Altstadt galt hier mein Interesse besonders der Geschichte des Heiligenberges, der bereits in der Keltenzeit eine Art Stadt und Verwaltungsort für die Region beherbergte, später dann eine fränkische Königsburg auf dem Gipfel, welche vom Kloster Lorsch zu den großartigen Klöstern umgebaut wurde, deren Ruinen man heute noch sehen kann.

Die Bedeutung der Klöster auf dem Berg für die Entwicklung der Stadt gilt es immer wieder zu betonen. Mit der kleinen Kirche St. Vitus gründeten sie die älteste Pfarrei in Heidelberg. Sie entwickelten Handschuhsheim und Neuenheim zu einer Zeit, als Heidelberg lediglich als Fischerdorf bestand. Um diese wertvollen Ruinen auf dem Heiligenberg vor dem Verfall zu schützen und auch Restaurierungen zu ermöglichen, gründete der Heidelberger Archäologe Berndmark Heukemes die Schutzgemeinschaft Heiligenberg, deren Vorsitzender ich heute bin.

OB Zundel und Baubürgermeister Korz zeigten Verständnis und wir haben 1978/79 gemeinsam mit unserem Büro ein Forschungsprogramm mit Restaurierungszielen formuliert. Das Resultat kann man heute oben auf dem Berg betrachten. Diese Arbeiten wurden durch Peter Marzolff archäologisch hervorragend betreut.

Die Stiftskirche Sunnisheim hat Burger durch einen Anbau erweitert. Foto: Burger/Proksch

Hatten Sie ein Lieblingsprojekt?

Als Architekt hat man natürlich immer wieder "Lieblingsprojekte". Ich denke da an das Rathaus in Ladenburg oder an das Octapharma-Gebäude in der Berliner Straße. Aber besonders an die über 1250 Jahre alte Kirchenruine der Stiftskirche Sunnisheim in Sinsheim. Wie auf dem Heiligenberg hatte dort schon zu römischer Zeit ein Tempel gestanden. Wir haben das historische Kirchengebäude durch einen modernen Anbau erweitert und dort ein Kulturzentrum realisiert, das sehr gut angenommen wird.

Welche Gedanken bewegen Sie angesichts Ihres "Achtzigsten"?

Dank an alle Menschen, die mir geholfen haben, ein bis heute so erfülltes Leben zu führen. Dazu gehören in erster Linie meine Familie, dann mein Freund und Büropartner Jürgen Borkowski, nicht zuletzt Berndmark Heukemes, der mir die Augen für die Tradierung von Geschichtlichkeit geöffnet hat, von Orten, die von Menschen bewohnt waren. Er führte mir bei Reisen im damaligen Königreich Libyen oder anderen Ländern in Nordafrika und im Vorderen Orient die Rolle des Orients für die Kultur des Abendlandes vor Augen. Ohne ihn hätte ich nicht als Grabungsarchitekt in Syrien am Euphrat gearbeitet oder zwölf Jahre lang spannende Reisen in verschiedene Länder des Orients gemacht.

Erwähnen möchte ich auch, dass ich das Glück hatte, in Schweden und in Deutschland aufzuwachsen und auch zu arbeiten. In vielen Situationen, wenn verschiedene Standpunkte zu beachten waren, waren meine Erfahrungen aus zwei doch recht unterschiedlichen Kulturen sehr bereichernd.

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