Am Hauptbahnhof droht Radlern eine veritable Parkplatznot
Ab Mittwoch gilt ein Rad-Parkverbot - Ersatzanlage auf der anderen Seite der Lessingstraße wird noch nicht angenommen

Die Schilder sind eindeutig, aber bis jetzt hält sich kaum jemand dran: Ab nächster Woche dürfen keine Räder mehr direkt vor dem Hauptbahnhof abgestellt werden, weil der Platz für die Bauarbeiten an der Straßenbahnhaltestelle gebraucht wird. Foto: Philipp Rothe
Von Micha Hörnle und Jana Schlör
Heidelberg. Heidelberg verliert ab Mittwoch eine seiner "Attraktionen" und ein beliebtes Fotomotiv: Den mit Rädern vollgeparkten Bahnhofsvorplatz, der sogar Eingang in Reiseführer gefunden hat. Ultimativ werden die Radbesitzer aufgefordert, ihren fahrbaren Untersatz bis zum nächsten Mittwoch vom Hauptbahnhof zu entfernen. Denn nun wird es langsam ernst mit der Riesenbaustelle am Hauptbahnhof - auch wenn die eigentlichen Arbeiten der Haltestellenverlegung erst im August beginnen. Der Platz vor dem Bahnhofsgebäude muss vorher komplett freigeräumt werden, damit dort Baumaterialien gelagert werden können.
Nun ist es ja nicht so, dass die Stadt nicht für Ersatz gesorgt hätte: Auf der anderen Seite der Lessingstraße, an der ehemaligen Hauptpost (heute "Rehamed"), wurde die Wiese aufgekiest, dort können knapp 220 Räder Platz finden. Alles in allem nicht allzu viel angesichts der 505 Radstellplätze vor dem Bahnhofsgebäude, die erst einmal wegfallen werden. Schon jetzt gibt es die Anlehnbügel direkt am Parkplatz, der an die Kurfürstenanlage grenzt, nicht mehr. Auch hier: wieder knapp 100 Radabstellplätze weniger. Es droht also am Hauptbahnhof eine veritable "Parkplatznot" für Velos - zumal die geplanten Anlehnbügel am Ibis-Hotel (Platz für 56 Räder) und auf dem Taxi-Parkplatz vor dem "McDonald’s" (für 92 Räder) auf sich warten lassen, es kann bis zum Herbst dauern.
Die wenigen Abstellmöglichkeiten beklagten auch viele Radler, als sich die RNZ am Mittwoch umhörte: Johanna Müller (27) ärgert sich: "Auf den Kiesplatz passen nicht einmal ein Drittel der Räder." Das sieht auch Tim Mollenhauer (22) so, der es für "ziemlich stressig" hält, die Räder jenseits der Lessingstraße abzustellen und sich dann über die viel befahrene Verkehrsschlagader Richtung Bahnhof zu quälen. Die neue Regelung hält auch George Jameson (26) für "unpraktisch". Den Ersatz-Radparkplatz haben viele noch nicht einmal bemerkt - weil er noch ziemlich leer ist. Manchen, wie beispielsweise Simone Hess (53), sind noch nicht einmal die Schilder am Absperrgitter aufgefallen, die eindeutig von einem Parkverbot künden.
Sollten Fahrräder auch nach dem 13. Juni dort abgestellt sein, kommen sie weg, wie die Stadt der RNZ erklärt: Falls Velos, die "nicht herrenlos" (also in Gebrauch) sind, immer noch abgestellt werden sollten, werden sie an die neue Abstellanlage hinübergetragen. Drahtesel, die ganz offensichtlich nicht mehr verwendet werden und fahruntüchtig sind, werden entfernt und zunächst beim Recyclinghof im Oftersheimer Weg (zwischen Pfaffengrund und Kirchheim) gelagert. Die letzte reguläre Abräumaktion am Bahnhofsvorplatz gab es am 15. Mai.
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Vor allem die Kiesfläche auf der Wiese machte nach den Regenfällen der letzten Zeit Ärger - sie wurde schnell zum Matschfeld. Das lag laut einer Stadtsprecherin, daran, dass ein Abwasserfilter im Gully mit Steinchen verstopft war, die fortgeschwemmt worden waren, weil die Fläche noch nicht richtig "festgetrampelt" war. Die Stadt will den Filter nun reinigen.
Allerdings wird gerade auf die Radfahrer am Bahnhof noch eine Menge zukommen: Noch während die neue Straßenbahnhaltestelle gebaut wird, soll ab Anfang 2019 ein neues Hotel an der Kurfürstenanlage (gegenüber vom F+U-Campus) entstehen. Kurz darauf will die Deutsche Bahn ihr Empfangsgebäude am "Burger King"-Seiteneingang erweitern. Spätestens dann werden dort die knapp 700 überdachten Abstellplätze weichen.
Immerhin soll bis dahin an derselben Stelle ein zweistöckiges Fahrradparkhaus entstehen. Völlig unklar ist allerdings, wie es auf dem Bahnhofsvorplatz weitergehen wird: Denn immer noch ist eine völlige Umgestaltung mit einem Fahrradparkhaus oder einer Tiefgarage denkbar. Dann würden auf jeden Fall alle Stellplätze direkt vor dem Haupteingang wegfallen. Aber da für dieses Millionenprojekt kein Geld im anstehenden Doppelhaushalt eingeplant ist, werden - Stand heute - die Räder wieder so abgestellt werden, wie es seit den 1970er-Jahren Usus geworden ist: zwischen Tourist-Info und Bahnhofsgebäude.