"Europäischer Hof" Heidelberg

"Die Formel 1 hat für uns an Bedeutung verloren"

Dennoch fände es die Chefin schade, wenn es den Rennzirkus in der Region nicht mehr gäbe

18.07.2018 UPDATE: 19.07.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 16 Sekunden

Caroline von Kretschmann. Foto: privat

Heidelberg. (hö) Caroline von Kretschmann (50) führt seit Ende 2012 das Traditionshotel "Der Europäische Hof Heidelberg", das 2015 seinen 150. Geburtstag feierte. Mit ihr sprach die RNZ über die Auswirkungen der Formel 1 auf ihre Branche - und insbesondere auf ihr Haus.

Frau von Kretschmann, wie wichtig ist denn für Hoteliers und Gastronomen in Heidelberg die Formel 1?

Ich kann nur für unser Haus sprechen: Die Formel 1 hat für uns an Bedeutung verloren. Früher war sie eines der Kernevents des Jahres. Das ist leider nicht mehr der Fall.

Woran liegt das?

Oft wird uns gesagt, dass Gäste und Veranstalter - besonders Banken - kein Budget mehr für Veranstaltungen dieser Art haben. Außerdem seien auch die Ticketpreise in den letzten Jahren stark gestiegen. Dies könnte ein Grund für den Rückgang der Nachfrage sein. Eine weitere Hypothese wäre, dass die Bedeutung des Rennsports abgenommen hat.

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Wie bedeutend ist denn die Formel 1, wenn es um Ihre Belegungszahlen geht?

Formel-1-Gäste machen am kommenden Wochenende etwa 15 Prozent unserer Belegung aus. Vor Jahren waren 75 bis 80 Prozent unserer Gäste an Formel-1-Wochenenden für das Hockenheim-Rennen hier.

Waren das eher Besucher des Hockenheimrings oder eher Mitglieder des Renntrosses?

Heute sind es eher Besucher. In den vergangenen Jahren zählten viele Fahrer und auch ganze Teams zu unseren Gästen.

Übernachten denn gerade irgendwelche Fahrer bei Ihnen?

Sie werden verstehen, dass ich Ihnen darauf aus Diskretionsgründen leider keine Antwort geben kann.

Sind denn Formel-1-Gäste eine andere Klientel als Gäste von Kulturevents wie dem "Heidelberger Frühling"?

Wenn ich einen Unterschied beschreiben müsste, würde ich sagen, dass die Motorsportfans im Durchschnitt etwas jünger und sportlicher sind. Auch reisen sie stärker in kleineren Gruppen.

Stimmt das Stereotyp des Formel-1-Gastes als etwas protziger Goldkettchenträger?

Wir können dieses Klischee nicht bestätigen. Wenn man ein Muster nennen müsste, könnte man vielleicht sagen, dass der Wagentyp der Formel-1-Gäste manchmal deren Leidenschaft für Autos widerspiegelt.

Sind denn Formel-1-Gäste besonders großzügig und geben viel Trinkgelder?

Die Großzügigkeit von Gästen ist eine höchst individuelle Eigenschaft. Viele Gäste wollen sich an diesem Wochenende etwas Schönes gönnen. Vielleicht steigt bei dem einen oder anderen in diesem Kontext die Bereitschaft, auch denen, die sie verwöhnen, etwas zukommen zu lassen.

Ist es so, dass die Preise bei Ihnen wegen der Formel 1 nach oben gehen?

Wir haben reguläre Preise, die auch transparent in den Zimmern aushängen und die nie überschritten werden. Auch nicht beim Formel-1-Wochenende oder bei anderen Events, wenn die Nachfrage hoch ist. In Zeiten schwächerer Auslastung bieten wir - und andere Hotels - die Zimmer günstiger an, um die Nachfrage anzukurbeln. Unsere Preise orientieren sich also an der Auslastung - und werden meist über ein Computersystem gesteuert, das wir uns ein bisschen von den Fluglinien abgeschaut haben: je geringer die Auslastung, desto günstiger die Preise.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Ein Einzelzimmer kostet bei uns regulär 299 Euro. Diesen Preis bekommen wir aber nur bei einer hohen Zimmerauslastung. Bei einer Auslastung von 30 Prozent erhält der Gast das Zimmer für 189 Euro. In Zehn-Euro-Schritten steigt der Preis bei steigender Auslastung an, bis er bei einer Auslastung von 90 Prozent den regulären Preis erreicht hat. Kurz: Je früher man bucht, desto höher der Rabatt auf den regulären Preis. Zumindest bei uns.

Nun wird ja immer wieder diskutiert, dass Hockenheim auf die Formel 1 verzichten sollte. Was meinen Sie?

Ich fände das sehr schade. Denn Sportevents machen die Region - neben der Wissenschaft und der Kultur - sehr attraktiv. Und wir freuen uns immer sehr über die Motorfans in unserem Hause.

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