Heidelberg als Blaupause?
Hier können Effekte der Corona-Krise auf Einzelhandel gut untersucht werden - Bund will das fördern

Von Denis Schnur
Heidelberg. Dass die Corona-Krise den Einzelhandel in Deutschland heftig treffen wird, ist unstrittig. Läden, die geschlossen sind, machen keinen Umsatz. Und auch die "neue Normalität" mit strengen Hygiene-Auflagen macht es den Inhabern nicht leichter, ein rentables Geschäft zu führen.
Doch auch erfahrene Wirtschaftswissenschaftler sind vorsichtig mit Schätzungen, wie heftig die Auswirkungen sein werden – und wie die Politik den Betreibern helfen kann. Um tatsächlich verlässliche Schlüsse ziehen zu können, schauen deshalb nun viele Augen auf Heidelberg. Denn ein glücklicher Zufall macht es hier möglich, einen direkten Vorher-Nachher-Vergleich zu ziehen.
Hintergrund
Mit Gutscheinen gegen die Krise?
RNZ. Die Stadt plant, in Kooperation mit Heidelberg Marketing eine Gutscheinplattform zur Unterstützung des Heidelberger Einzelhandels während der Corona-Krise und darüber hinaus einzurichten. Vorbild soll dabei das
Mit Gutscheinen gegen die Krise?
RNZ. Die Stadt plant, in Kooperation mit Heidelberg Marketing eine Gutscheinplattform zur Unterstützung des Heidelberger Einzelhandels während der Corona-Krise und darüber hinaus einzurichten. Vorbild soll dabei das Marburger Modell "Marburg-Liebe" sein. Hierbei ist die Stadt dem Vorschlag der SPD-Fraktion im Gemeinderat gefolgt, den diese vor zwei Wochen in einem Brief an Oberbürgermeister Eckart Würzner geäußert hat.
Auf der Plattform der hessischen Stadt Marburg kann man Gutscheine von zahlreichen Einzelhändlern aber auch von Gastronomen und Hotels erwerben, die derzeit unter der Corona-Krise leiden. Einlösen kann man die Wertbons spätestens dann, wenn alle Betriebe wieder offen sind. Damit machen die Betriebe zumindest etwas Umsatz. In Heidelberg soll das Konzept laut SPD genauso funktionieren. "Die Plattform soll dabei so gestaltet werden, dass sie auch in der Zeit nach Corona genutzt werden kann", betont die Fraktion.
"Wir begrüßen explizit das Vorhaben der Stadt, eine dauerhafte Lösung für eine Heidelberger Gutscheinplattform für verschiedene Branchen zu realisieren", freut sich Stadtrat Sören Michelsburg. Laut der Stadt könne die Plattform innerhalb von zwei Wochen fertig sein. "Hier wünschen wir uns eine zügige Umsetzung – andere Städte wie Marburg und Gelnhausen haben dies auch in sehr kurzer Zeit geschafft”, so Michelsburg
Es soll auch eine direkte Verlinkung zu Online-Shops ermöglicht sowie die Plattform auf Gaststätten und Hotels im Stadtgebiet ausgeweitet werden. Die Stadt plant zudem, einen technischen Support für interessierte Läden anzubieten. "Diesen Aspekt finden wir besonders gut, da es dann auch Geschäften mit keiner oder sehr wenig Erfahrung im Online-Handel ermöglicht wird, niederschwellig an der Plattform teilzunehmen”, betont der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Mathias Michalski.
Schließlich wird in Heidelberg gerade an einem Einzelhandelskonzept gearbeitet. Eigentlich war der Anlass, dass in der Bahnstadt und auf den Konversionsflächen viele neue Läden eröffnet wurden, beziehungsweise noch eröffnen können. Um sinnvoll steuern zu können, wollten Verwaltung und Gemeinderat die Daten aus der letzten "Einzelhandelsstrukturuntersuchung" von 1997 aktualisieren. Deshalb fand im Herbst 2019 eine Analyse des Ist-Zustandes statt.
Damit dürfte Heidelberg deutschlandweit über die wohl aktuellsten Informationen zur Lage des Einzelhandels verfügen – und das ist Fluch und Segen für die Stadt. Fluch, weil diese Daten nicht mehr als Grundlage für das Einzelhandelskonzept genutzt werden können. "Wie unser Einzelhandel aus der Krise kommt, ist überhaupt nicht absehbar", betonte etwa "Bunte Linke"-Stadträtin Hilde Stolz am Donnerstag im Gemeinderat. Segen, weil die ohnehin notwendig gewordene Nacherhebung auch Schlüsse über die Auswirkungen der Corona-Krise zulässt.
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Und das kann für ganz Deutschland relevant sein, wie der Erste Bürgermeister Jürgen Odszuck erklärte. So sei der Bundesverband Deutscher Sachverständigen-Rat "hochinteressiert" an einem Vorher-Nachher-Vergleich der Lage und werde vermutlich die Nacherhebung fördern. "Von der Fallstudie Heidelberg sollen Rückschlüsse auf ganz Deutschland gezogen werden", so Odszuck.
Aber auch der ursprüngliche Zweck des Konzeptes wird weiterverfolgt: Wenn im Sommer die Nacherhebung abgeschlossen ist, sollen öffentliche Beteiligungsveranstaltungen zu dem Konzept folgen. "Klar, dass die Veränderungen durch die Krise da mit in die Diskussion kommen", betonte Oberbürgermeister Eckart Würzner. Das fertige Papier soll der Gemeinderat Ende des Jahres beschließen.



