WhatsApp-Video und Instagram als Shopping-Helfer
Im "Coccon" und "Glück" können Kunden digital stöbern – Ausgeliefert wird mit dem Rad – Beide bangen um ihre Existenz

Heidelberg. (run) Zum RNZ-Termin kommt Markus Sigel etwas zu spät. Seine Physiotherapie wollte er auf keinen Fall sausen lassen. "Ich knirsche seit Beginn der Corona-Krise nachts mit den Zähnen", sagt er und erklärt: "Die aktuelle Situation ist Stress pur." Seit der Inhaber seinen Modeladen "Coccon" in der Brückenstraße dicht machen musste, wird er, wie viele Einzelhändler auch, von Existenzängsten geplagt. Sigels Umsatz ist in der Corona-Krise fast komplett eingebrochen. In den Tagen seit der Schließung hat er im "Coccon" in Neuenheim und im "Freudenhaus" in Mannheim zusammen in etwa so viel eingenommen, wiesonst an einemTag in einem der Geschäfte. "Wenn die Läden bis Ende Juni zubleiben müssen, kostet mich das so viel wie ein kleines Einfamilienhaus."
Bezahlte Kollektionen für den Sommer hängen aktuell in seinen Shops. "Seit über 20 Jahren ist ein gut sortierter Laden mein Erfolgsrezept. Wir setzen auf das Einkaufserlebnis und die persönliche Beratung", sagt er. Online-Verkauf war nie sein Ding. Und jetzt noch rasch einen Internet-Shop an den Start zu bringen schon gar nicht. Von der Idee, die Kunden über einen WhatsApp-Videoanruf den Blick durch den Laden schweifen zu lassen, war Sigel dagegen sofort begeistert. "Das entspricht unserer Philosophie. Die Leute können sich umschauen und sehen die Teile."
Einige Stammkunden haben das Angebot bereits genutzt. Zuletzt ließ sich eine Kundin von Mitarbeiter Maximilian Baller die Kollektionen zeigen und dann eine Auswahl liefern. "Ich habe ihr neun Teile mit dem Fahrrad an die Tür gebracht. Sie konnte alles in Ruhe probieren und entscheiden, was sie kauft", sagt Baller. Die Bezahlung erfolgte dann per Rechnung.
So ähnlich läuft das Geschäft aktuell auch bei Katrin Dellmuth. Die Inhaberin des "Glück" in der Hauptstraße setzt vor allem auf Instagram, weil sie dort zumindest ein bisschen von dem "Glücksgefühl" des Ladens vermitteln könne. Dort und auf ihrer Homepage können Kundinnen die aktuelle Kollektion der individuellen, sportlich-eleganten Mode anschauen und zur Anprobe bestellen. Dellmuth fährt sie dann persönlich vorbei. "Auch bei mir sind es vor allem Stammkunden, die das Angebot nutzen", sagt sie. Um ihre Existenz bangt Dellmuth angesichts des Umsatzeinbruchs dennoch. Weshalb sie, genauso wie Sigel, die Corona-Soforthilfe beantragt hat. Das zu erwartende Geld sorgt zumindest für ein wenig Erleichterung in den Geschäftskassen.
Der Inhaber des "Coccon" und die Inhaberin des "Glück" plagen in der Corona- Krise aber nicht nur die gleichen Sorgen, sie vereint auch die Hoffnung, dass die Maßnahmen gegen Covid-19 möglichst bald greifen und sie für ihre Kunden vor Ort wiederdaseinkönnen.
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Die RNZ als regionale Tageszeitung unterstützt die Einzelhändler und Gastronomen in Heidelberg und Umland, die ihren Laden schließen mussten. Auf rnz.de/einzelhandel werden die Geschäfte aufgeführt, die weiterhin per Liefer- oder Abholservice für ihre Kunden da sind.
Inhaber, die auf dieser Liste aufgenommen werden wollen, wenden sich per E-Mail an aktion@rnz.de und schicken die Informationen bitte nach folgendem Muster:
Musterladen
Musterstraße 5, 123456 Musterstadt
06221 / 12345
Mustermann@musterladen.de
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