Coronakrise

Deutlich mehr Kindesmisshandlungen

Rechtsmedizinerin Prof. Yen: Kitas müssten dringend geöffnet werden

06.05.2020 UPDATE: 07.05.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 7 Sekunden
Häusliche Gewalt
Während der Ausgangsbeschränkungen könnte es zu mehr häuslicher Gewalt kommen. Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa/Symbolbild

Heidelberg. (dpa/bik) Schläge, Tritte, Würgen – die Heidelberger Gewaltambulanz verzeichnet während der Corona-Krise deutlich mehr Kindesmisshandlungen als sonst. "Wir gehen von einer vorübergehenden Verdreifachung der uns gemeldeten Fälle aus", sagte die Leiterin Kathrin Yen der Deutschen Presse-Agentur, ohne absolute Zahlen zu nennen. Sie fügte hinzu: "Aus rechtsmedizinischer Sicht ist eine baldige Öffnung der Kitas wünschenswert." Das wird nur langsam geschehen: Laut Kultusministerin Susanne Eisenmann sollen die Kitas ab 18. Mai für bis zu 50 Prozent der Kinder geöffnet werden. So könnten Abstandsgebote eingehalten und die Eltern entlastet werden.

Die Rechtsmedizinerin betonte, es sei sinnvoll, wenn die Kinder sich wieder in einem größeren Umfeld bewegten, in dem Erzieherinnen, Lehrkräfte, Verwandte oder Nachbarn Verletzungen wahrnehmen könnten. Dieser Vorteil müsse mit virologischen Aspekten abgewogen werden. Es gebe aber Hinweise, dass Kinder das Coronavirus nicht weitergäben.

Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte dringt auf die Öffnung der Kitas. Sie gehörten zum lebensnotwendigen Alarmsystem für die Kinder. Es brauche Beweise, dass Kinder als Überträger des Virus eine Gefahr für andere Menschen seien. Ansonsten sei der elementare Eingriff in die Entwicklung der Kinder und ihre psychische Gesundheit nicht länger hinnehmbar, sagte Verbandspräsident Wolfgang Kölfen.

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Bei häuslicher Gewalt vorwiegend gegen Frauen hat die Ambulanz in den letzten Wochen einen Anstieg der Fälle bis hin zu einer Verdopplung registriert. Dabei könne die Berichterstattung über das Thema Frauen ermutigt haben, sich zu melden, meinte Yen. Aber auch die finanzielle und psychologische Situation berge Streit-Potenzial. "Durch die Corona-Regeln leben Menschen enger zusammen und sind in vielen Fällen von Zukunftsängsten geplagt." Deshalb komme es zu Konflikten, die in manchen Fällen eskalierten. Auffällig ist nach Yens Worten, dass auch mehr Männer die vom Land und der Uniklinik Heidelberg finanzierte Ambulanz aufsuchten.

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