Fahrschule Jung ist komplett ausgebremst
Doch der Inhaber ist zuversichtlich und freut sich auf die Wiederöffnung - "Die jungen Leute sind unbekümmerter"

Von Holger Buchwald
Heidelberg. Dietrich Jung betreibt zwei Fahrschulen in Heidelberg: die Hauptfiliale in der Schwetzinger Straße in Kirchheim und eine weitere am Rohrbach-Markt. Mit seinen 72 Jahren ist er beruflich immer noch aktiv und Kreisvorsitzender im Fahrlehrerverband. Doch die Corona-Krise hat ihn nachdenklich gemacht. Am 17. März musste er seine Schulen bis auf Weiteres schließen.
Herr Jung, wie ist die Lage?
Es ist der totale Stillstand. Die Autos sind abgemeldet. Wir dürfen weder Theorieunterricht noch Fahrstunden anbieten. Kein Fahrschüler darf unsere Räume betreten, nicht einmal unser Simulator wird genutzt.
Haben Sie viele Anfragen von Fahrschülern, wann es endlich wieder losgeht?
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Nein, wir haben sie rechtzeitig informiert. Ab und zu ruft mal jemand an, aber die meisten haben Verständnis.
Wie halten Sie sich über Wasser?
Ich habe für unsere fünf Fahrlehrer und zwei Bürokräfte Kurzarbeit angemeldet. Und ich habe alle Zahlungen so weit wie möglich runtergesetzt.
Wissen Sie schon, wann Sie wieder öffnen dürfen?
Am Dienstag hat uns der Fahrlehrerverband informiert, dass damit nicht vor Anfang Mai zu rechnen ist. Wir hoffen, dass wir zusammen mit den Schulen wieder öffnen dürfen. Ich glaube aber, dass das noch länger dauern kann. Wenn wir im Auto sitzen, haben wir ja direkten Kontakt mit den Fahrschülern.
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, welche Schutzvorkehrungen Sie bei einer Wiedereröffnung treffen?
Wir werden den Theorieunterricht am Anfang wahrscheinlich zwei Mal am Tag anbieten, damit weniger Fahrschüler auf einmal kommen. Und schon im März habe ich alle Autos mit Desinfektionsmittel ausgerüstet. Meine Frau hat ein Kosmetikstudio und kam glücklicherweise noch an Restbestände. In Zukunft werden wir uns auch über Masken Gedanken machen müssen. Dabei überlege ich noch, ob jeder Fahrschüler eine mitbringen muss oder ob ich jedem eine ausgebe. Ich fürchte aber, dass einige diese dann bei der Fahrstunde zuhause vergessen werden. Ich habe nämlich das Gefühl, dass junge Leute das Coronavirus nicht so ernst nehmen wie ich. Sie sind unbekümmerter, wie wir früher auch.
In Ihrem Alter gehören Sie zur Risikogruppe. Machen Sie sich persönlich Gedanken?
Ja. So oft wie ich mir zur Zeit die Hände wasche, habe ich das früher nie gemacht.
Werden Sie nach der Öffnung selbst noch Fahrstunden anbieten?
Ich denke nicht. Aber den Theorieunterricht werde ich schon noch machen. Wenn man etwas gerne macht, kann man sich schlecht trennen. Und dort kann ich auch zwei Meter Abstand halten.
Vermissen Sie den Kontakt zu den Fahrschülern?
Und wie. Unsere Kunden sind alle jung und ich heiße nur noch so. Der Kontakt mit ihnen ist schön. Er hält körperlich und geistig fit. Anders als mit meinen gleichaltrigen Bekannten spricht man mit Fahrschülern nicht über Krankheiten, sondern eher darüber, wie man in die Disco oder wieder nach Hause kommt.
Wie halten Sie sich derzeit körperlich fit?
Ich kenne jetzt jeden Weg im Heidelberger Stadtwald, in Gaiberg, wo ich wohne, und in Neckargemünd, den man mit dem Fahrrad abfahren kann. Meine Frau und ich haben uns E-Bikes gekauft. Damit können wir den Schwierigkeitsgrad unseres Fitnessprogramms selbst einstellen.



