Heidelbergerin Lara Pérez holte mit der Lufthansa deutsche Urlauber zurück
"Wir waren alle stolz, dabei sein zu dürfen" - Einmal Neuseeland und zurück:

Von Anica Edinger
Heidelberg. Lara Pérez fliegt seit fünf Jahren für die Lufthansa. Tausende Flugstunden – exakt 2670 –, 55 Länder auf allen Kontinenten dieser Welt: Das ist ihr Portfolio. Jetzt war sie eines von 210 Crewmitgliedern, die sich in den letzten Wochen auf den Weg nach Neuseeland machten, um gestrandete Urlauber in ihre Heimat zu bringen – im Auftrag des Auswärtigen Amtes.
Am vergangenen Dienstag kam sie von der langen Reise mit jeweils einem Zwischenstopp in Bangkok zurück nach Heidelberg. Auf bisher rund 450 Sonderflügen haben die Airlines der Lufthansa Group bisher nahezu 90.000 Urlauber zurück nach Deutschland, Österreich, Schweiz und Belgien geflogen. Ein Anruf bei Lara Pérez, die erklärt, wie es ist, Landsleute am anderen Ende der Welt abzuholen – und weshalb sie das nicht verpassen wollte.
Frau Pérez, fast 24 Stunden – mit einer Pause in Bangkok – in einem riesigen A380 ohne Gäste zu sitzen: Ist das nicht ziemlich beängstigend?
Doch, ein wenig schon. Insbesondere, weil es so ein großes Flugzeug ist. Wir saßen alle gemeinsam im oberen Deck, ich bin mit einer Kollegin dann einmal runter gegangen, wo auch alles abgedunkelt war. Das war ein bisschen gruselig.
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Wie läuft denn so ein Leer-Flug für die Crew ab?
Wir haben die meiste Zeit versucht zu schlafen. Aber natürlich findet dann auch viel Austausch statt. Alle haben sich total gefreut, diese Strecke fliegen zu dürfen und diese Aufgabe zu übernehmen. Das hat man auch an der Stimmung gemerkt.
Die ganze Crew ist freiwillig geflogen. Mussten Sie selbst überlegen, als die Anfrage von Lufthansa kam?
Keine Sekunde! Ich war im Januar noch selbst für einen Urlaub in Neuseeland, am anderen Ende der Welt. Dort festzusitzen und nicht nach Hause zu kommen, ist einfach nicht schön. Deshalb habe ich mich gefreut, diesen Flug machen zu können. So einen Regierungsflug mitzuerleben: Das ist etwas ganz besonderes und wird man so vielleicht nie wieder erleben. Wir waren alle stolz, dabei sein zu dürfen.
Hat man den Reisenden die Erleichterung, im Flugzeug nach Hause zu sitzen, angemerkt?
Absolut. Viele saßen schon über zwei Wochen fest. Als wir als Crew am Flughafen ankamen und die Leute am Gate uns gesehen haben, hat man gemerkt, wie sehr sie sich freuen. Auch an Board haben sich viele unglaublich oft bedankt, haben applaudiert. Das war eine ganz andere Stimmung als normalerweise.
Wie lief denn der Service während des Flugs ab? Gab es besondere Hygienebestimmungen?
Alles war komplett anders als normalerweise. Von Auckland nach Bangkok gab es für die Gäste nur eine Verpflegungsbox, die wir aus Frankfurt mitbringen mussten, weil es durch den Shutdown in Neuseeland gar kein Catering mehr gab. Zudem haben wir nur Wasserflaschen verteilt, um so wenig Kontakt wie möglich zu den Gästen zu haben.
Hat das manche gestört?
Nein. Alle waren einfach heilfroh, im Flugzeug zu sitzen. Über diese Bestimmungen wurden die Gäste auch im Voraus informiert, sodass viele auch eigene Verpflegung mitgebracht haben.
Welche Klientel saß denn in dem Rückholflug?
Es waren hauptsächlich Urlauber – vor allem viele Familien mit Kindern, aber auch junge Leute, die vor einem Jahr Abitur gemacht haben und nun für "Work and Travel" unterwegs waren. Der Altersdurchschnitt war sehr niedrig.
Konnten Sie denn etwas sehen von Auckland oder Bangkok?
Leider kaum. Während unseres Aufenthaltes in Auckland durften wir zwar zu zweit spazieren gehen, aber ansonsten waren die Regeln sehr strikt. Allerdings war ich selbst im Januar für vier Wochen im Urlaub in Neuseeland. Deshalb war es für mich nicht so schlimm. Schön war auch, dass wir zum Abschluss noch einen kleinen Rundflug über Auckland machen konnten. So konnten sich die Gäste von Neuseeland verabschieden – hoffentlich nicht für immer, wie der Pilot bei der Durchsage meinte.
War es in Bangkok entspannter?
Im Gegenteil. Dort mussten wir in unseren Hotelzimmern in Quarantäne bleiben – da hat man richtig gemerkt, dass wir als Deutsche als die Gefahr gesehen wurden. Das Hotelrestaurant hatte zwar geöffnet, doch wir durften unser Essen nur abholen und mussten dann wieder aufs Zimmer.
Wissen Sie, wann Sie wieder fliegen dürfen?
Diesen Monat definitiv nicht mehr, da ich auch schon sieben Tage fliegen durfte. Und für den Mai gibt es aktuell noch keinen Dienstplan.
Vermissen Sie das Fliegen?
Klar. Ich fliege Vollzeit, das heißt, ich habe drei bis vier Einsätze im Monat. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so lange am Stück am Boden war. Da bekommt man auf jeden Fall Fliegerentzug.
Wie äußert sich denn Fliegerentzug?
Man vermisst einfach sehr dieses Gefühl, mit der Crew unterwegs zu sein, das Arbeiten, die Uniform zu tragen – das ist ein besonderer Spirit bei Lufthansa.
Lufthansa steht wohl durch die Corona-Krise vor der größten Herausforderung ihrer Firmen-Geschichte. Viele Mitarbeiter, auch Sie selbst, sind in Kurzarbeit. Haben Sie Zukunftsangst?
Im Moment bin ich noch zuversichtlich, weil wir bei Lufthansa das Gefühl haben, dass alle an einem Strang ziehen. Wir versuchen, das Beste aus der Situation zu machen – und wir bleiben ja nicht komplett am Boden. Einige Linienflüge werden noch geflogen – und ich freue mich über jeden, der stattfinden kann.



