Büro Junges Heidelberg

"Feiern ist nicht alles, was die Jugend braucht"

Corinna Uebel leitet seit 1. März ein Büro, das sich um die Belange junger Menschen kümmern soll. Die Seelische Gesundheit ist dabei ein wichtiges Thema.

12.10.2022 UPDATE: 12.10.2022 06:00 Uhr 3 Minuten, 18 Sekunden
Feiernde Abiturienten auf der Neckarwiese in Vor-Corona-Zeiten: Das Büro „Junges Heidelberg“ soll sich unter anderem, doch nicht ausschließlich, um mehr Feiermöglichkeiten für junge Menschen kümmern. Themen wie die seelische Gesundheit und Ausbildungsstellen sieht die Büroleiterin Corinna Uebel als wichtig an. Archivfoto: Rothe
Interview
Interview
Corinna Uebel
Leiterin des „Büro Junges Heidelberg“

Von Julia Schulte

Heidelberg. Wer mit Corinna Uebel vom "Büro Junges Heidelberg" sprechen will, muss feststellen, dass ihr Büro im Rathaus gar nicht existiert – zumindest räumlich nicht. Stattdessen erklärt Uebel beim RNZ-Interview in einem Besprechungsraum, an welchen Projekten sie gerade arbeitet, welche Anfragen sie erreichen – und wie ein typischer Arbeitstag von ihr aussieht.

Hintergrund

> Die Stelle "Büro Junges Heidelberg" wurde zum 1. März 2022 neu geschaffen. Sie ist direkt im Dezernat von Bürgermeisterin Stefanie Jansen angesiedelt. Das "Büro Junges Heidelberg" versteht sich als Anlaufstelle für alle Menschen unter 30 Jahren in der Stadt – also Kinder

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> Die Stelle "Büro Junges Heidelberg" wurde zum 1. März 2022 neu geschaffen. Sie ist direkt im Dezernat von Bürgermeisterin Stefanie Jansen angesiedelt. Das "Büro Junges Heidelberg" versteht sich als Anlaufstelle für alle Menschen unter 30 Jahren in der Stadt – also Kinder und Jugendliche sowie Auszubildende, Studierende, Berufseinsteiger und all diejenigen, die mit jungen Menschen oder für junge Menschen arbeiten.

> Corinna Uebel leitet das Büro. Die 31-Jährige hat in Mannheim und Heidelberg Soziologie studiert und an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg promoviert.

> Die Querschnittsstelle erfordert Kontakt zu sämtlichen städtischen Ämtern über alle Dezernate hinweg. Die Aufgabe des "Büro Junges Heidelberg" ist laut Verwaltung die Vernetzung, das Herstellen von Strukturen sowie die Steuerung und Lenkung von relevanten Themen, die junge Menschen betreffen. Das bedeutet, dass übergeordnete und übergreifende Themen und Fragestellungen aufgenommen und "in die richtigen Bahnen" gelenkt werden.

> Hauptaufgabe des "Büro Junges Heidelberg" ist es, die Belange junger Menschen über die gesamte Stadt hinweg im Blick zu behalten. Es ist jederzeit ansprechbar für junge Menschen selbst oder für Menschen, die mit jungen Menschen arbeiten und ihre Anliegen vorbringen möchten. jus

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Frau Uebel, wieso hat das "Büro Junges Heidelberg" eigentlich kein Büro?

Meine Stelle ist immer noch sehr jung, und im Frühjahr galt es zunächst, möglichst schnell mit der Arbeit loszulegen. Außerdem ist für meine Tätigkeit ein physisches Büro gar nicht so wichtig, denn ich bin viel unterwegs, besuche Veranstaltungen, vernetze mich mit Akteuren. Und: Junge Leute kommunizieren eher über Instagram, Messenger-Dienste oder per Mail. Aber natürlich kann man trotzdem jederzeit ins Rathaus kommen, um mit mir zu sprechen.

Man kann sich Ihr Büro also nicht als klassisches Bürgerbüro für junge Menschen vorstellen?

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Nein, ich bin kein Bürgerbüro. Ein ganz zentraler Teil meiner Arbeit ist das Vernetzen mit Akteuren – da kommt es mir zugute, dass ich viele im Bereich der Jugendarbeit schon von meiner früheren Stelle beim Amt für Schule und Bildung kenne. Ich bin etwa in Kontakt mit den städtischen Kinderbeauftragten, den Jugendzentren in den Stadtteilen und vielen weiteren Stellen. Aber ich bekomme natürlich auch Anfragen von Bürgern.

Zum Beispiel?

Über Instagram hat mich kürzlich die Anfrage eines Start-ups erreicht, das eine App zur Berufsorientierung programmiert hat. Die Gründer wollten von mir wissen, wie sie die Zielgruppe noch besser erreichen können. Mir hat auch mal jemand aus dem Urlaub geschrieben, der im dortigen Rathaus einen Wunschbaum für Kinder gesehen hatte und das als Vorschlag weitergeben wollte.

Wer genau ist die Zielgruppe des "Büro Junges Heidelberg"?

Das ist schwer zu definieren, denn es gibt nicht "die" jungen Menschen. Wir haben natürlich Kinder im Blick, Jugendliche, aber auch Auszubildende und Studierende sowie generell junge Menschen im Alter bis 30. Man muss da differenzieren.

Haben Sie das Gefühl, dass man das "Büro Junges Heidelberg" in der Stadt schon ausreichend kennt?

Es gibt das "Büro Junges Heidelberg" erst seit einem halben Jahr, und ich nutze viele Gelegenheiten, um es auch bekannt zu machen. Wichtig ist aber vor allem, dass ich den Überblick über Akteure und Angebote habe, die es in der Stadt gibt. Da gibt es einfach so viel, und auch innerhalb der Verwaltung ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten.

Wie kann man sich einen typischen Arbeitstag von Ihnen vorstellen?

Ich bin ein "Early Bird" und in der Regel früh im Rathaus. Ich sichte dann E-Mails, Zeitungen, Soziale Netzwerke und informiere mich, ob es Neuigkeiten vom Deutschen Städtetag, den Ministerien und generell aus der Politik gibt, die meine Arbeit betreffen. Ich tausche mich auch regelmäßig mit Bürgermeisterin Stefanie Jansen und mit Kolleginnen und Kollegen aus, etwa von der Stelle Kinder- und Jugendbeteiligung. Und ich nehme an Sitzungen verschiedener Ausschüsse und des Jugendgemeinderats teil.

Was sind ganz konkrete Projekte, an denen Sie arbeiten?

Meine Aufgabe ist es in erster Linie nicht, Projekte umzusetzen, sondern die entsprechenden Stellen für die Umsetzung zu identifizieren und dranzubleiben. Aktuell ist beispielsweise ein Auszubildendennetzwerk in Planung, das ich in der nächsten Sitzung des Jugendgemeinderats vorstellen werde. Mir ist es wichtig, Auszubildende mehr in den Fokus zu rücken, und bei dem Projekt geht es um eine überfachliche Vernetzung, wie es sie bei Studierenden gibt. Oft läuft es so ab: Ich bringe Ideen ein und hole dann Partner zur Umsetzung ins Boot – im Fall des Auszubildendennetzwerks unter anderem die Wirtschaftsförderung, das Team Ausbildung der Stadt Heidelberg und die Heidelberger Dienste.

Und welche Projekte wurden unter Ihrer Beteiligung bereits umgesetzt?

Wir haben die Förderung des Jugendkultur-Konzepts "Youth Think Tank" in die Wege geleitet. Ein anderes Beispiel: Uns erreichte die Anfrage einer Familie, die aus dem Ausland nach Heidelberg gezogen war und Informationen für die Einschulung ihrer Kinder suchte. Da haben wir festgestellt: Es gibt noch keine gute Übersicht zu diesem Thema. Diese haben wir gemeinsam mit dem Amt für Schule und Bildung zusammengestellt und ins Englische übersetzt.

In den letzten zwei Jahren ging es in Heidelberg häufig darum, dass es nicht genügend Angebote für junge Menschen gibt. Stimmt das Ihrer Meinung nach?

Es ist immer die Frage, um wen genau es da geht. Für Kinder etwa gibt es wirklich sehr viele Angebote in der Stadt, genauso wie für Studierende. Und auch bei den 16- bis 18-Jährigen habe ich nicht den Eindruck, dass ein Mangel besteht. Hier ist es wichtig, Transparenz zu schaffen, um die Angebote auch bekannt zu machen und sie gegebenenfalls an neue Anforderungen anzupassen. Es ging in der Debatte ja häufig um das Feiern, aber das ist nur ein kleiner Bereich von dem, was junge Menschen brauchen.

Welche Themen und Projekte visieren Sie für die Zukunft an?

Meine Stelle ist langfristig angelegt und das ist auch wichtig, da ich bei den Themen nicht nur an der Oberfläche kratzen will. Mir liegt zum Beispiel das Thema Prävention am Herzen, etwa in Bezug auf die seelische Gesundheit junger Menschen. Wegen Corona gibt es viel Nachholbedarf, und ich denke, dass wir hier unterstützen können. Auch Ernährung ist ein Teil von Prävention, mit dem ich mich befassen möchte.

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