Jetzt wollen doch alle einen "neuen" Platz
Bezirksbeirat Bergheim diskutierte über das Areal vor dem Bahnhof - RNZ-Artikel sorgte für Diskussionen - Braucht man Stellflächen für 3500 Fahrräder?

Wohin künftig mit Hunderten von Fahrrädern, die täglich vor dem Hauptbahnhof abgestellt werden? Foto: Alex
Von Micha Hörnle
Heidelberg. Der Bezirksbeirat Bergheim will nicht hinnehmen, dass sich am Bahnhofsvorplatz, dem Willy-Brandt-Platz, nichts tut: Bei seiner Sitzung am Donnerstag beschloss er einstimmig, dass die Stadtverwaltung die Planungen forcieren soll, das bisher sehr unwirtliche Areal doch noch umzugestalten. Bei manchen Bezirksbeiräten hatte der RNZ-Artikel vom Mittwoch schon für ziemliche Alarmstimmung gesorgt: Denn bisher war jeder davon ausgegangen, dass die Stadt den Platz in Angriff nimmt, wenn ab Mai das Großprojekt "Verlegung der Haltestelle" am Hauptbahnhof startet. Aber nach RNZ-Recherchen hat sich die Stadt mittlerweile von einem aufgehübschten Willy-Brandt-Platz verabschiedet.
"Für mich macht es keinen Sinn, diese Mobilitätsnetzmaßnahme von der Umgestaltung des Platzes zu entkoppeln. Sonst rottet der weiter vor sich hin", schimpfte Marion Weber (Bunte Linke). Uwe Hollmichel (Die Heidelberger) wunderte sich, wieso der Platz in Richtung Bahnstadt bald völlig neu gestaltet wird, aber die städtebauliche "Schauseite" nach Bergheim hin weiter so bleiben soll, wie sie ist. Des Rätsels Lösung: Dort muss die Stadt nichts zahlen, das besorgen Investoren. Und Hollmichel schob nach: Der Platz vor dem Hauptbahnhof sei ja das Erste, was Auswärtige von Heidelberg zu sehen bekämen - und das sei derartig niederschmetternd, dass Hollmichel das nur auf Englisch sagen konnte: "You never have a second chance for a first impression, and this impression is a very bad one" (Man bekommt nie eine zweite Chance für den ersten Eindruck. Und dieser Eindruck ist sehr übel).
Und schon war man mittendrin in der Diskussion, die man bereits früher geführt hatte: Der vor eineinhalb Jahren gekürte Siegerentwurf gefiel nicht allen. Ivo Kleindienst (Generation-HD) monierte, dass in den Grafiken Bäume zu sehen seien, die eine Idylle vortäuschten, die es so nicht gebe; Rudolf Braun (Piraten) fand, dass die geplanten Rasenhochbeete zum Verweilen unattraktiv seien: Die seien schließlich direkt unter den Bäumen, auf denen die Halsbandsittiche sitzen. Und schließlich stand wieder die alte, bisher völlig ungelöste Frage im Raum: Wo sollen denn die Radfahrer parken? Unter- oder oberirdisch? Denn die meisten Bezirksbeiräte hätten lieber eine Fahrradtiefgarage als ein fünfstöckiges Parkhaus (als dessen Fan sich aber die Grüne Anita Schwitzer outete).
Das noch größere Fass machte die anwesende Stadträtin Simone Schenk von den Freien Wählern auf: Sind denn nicht schon jetzt zu viele Fahrradabstellplätze am Bahnhof vorgesehen? Wieso soll es in absehbarer Zeit über 3500 geben, wenn selbst beim Neubau des ungleich größeren Münchner Hauptbahnhofs nur 3000 vorgesehen seien? Kurz: Könnte man sich nicht die teure Tiefgarage oder das Parkhaus sparen?
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Da musste Petra Keuchel vom Amt für Verkehrsmanagement seufzen: "Ein gutes Angebot zieht eben mehr Radfahrer an. Und wir sind Radfahrstadt." Sie war eigentlich in die Sitzung gekommen, um die zukünftige Verteilung der Fahrradabstellplätze vorzustellen. Ihr Hauptaugenmerk galt aber weniger einer Tiefgarage oder einem Parkhaus auf dem Willy-Brandt-Platz, sondern den Projekten, die in trockenen Tüchern sind: Neben dem "Burger King"-Eingang entsteht unter dem sogenannten Stadtbalkon eine Tiefgarage für 800 bis 1200 Räder, eine weitere mit Platz für 1000 Räder wird zur Bahnstadt hin gebaut. Ansonsten soll es auch "freie", also nicht bewirtschaftete Flächen zum Abstellen geben - nur eben nicht mehr direkt an der Tourist-Information. Dieser Platz wird für die Großbaustelle "Verlegung der Haltestelle" gebraucht. Es soll Ausweichflächen an der alten Post und am F+U-Campus geben.
"Wer geht noch in eine Tiefgarage und zahlt dafür, wenn er an der alten Post kostenlos sein Rad abstellen kann?", fragte Simone Schenk. In diese Kerbe schlug auch Marion Weber: "Mir ist das alles zu überdimensioniert, es geht doch auch bescheidener. Man sollte Prioritäten setzen." Und das hieße: neuer Bahnhofsvorplatz ohne Tiefgarage oder Parkhaus für die Zweiräder. Aber auch für diese kleine Lösung - eine Kostenschätzung geht von 4,4 Millionen Euro aus - ist bisher kein Geld im Haushalt vorgesehen, wie Petra Keuchel bestätigte. Und Sitzungsleiter Hans-Joachim Schmitt gab den Bezirksbeiräten diesen guten Rat: "Wenn Sie wollen, dass sich etwas tut, müssen Sie die Stadträte mobilisieren - und zwar vor den anstehenden Haushaltsberatungen."