90 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs
Betrieb geht vorerst aber normal weiter - Neuer Standort gesucht

Die Zentrale der Bäckerei Mantei in der Bahnstadt: Teil einer möglichen Rettung könnte der Umzug an einen neuen Standort sein. Foto: kaz
Von Sebastian Riemer
Heidelberg. Eines der bekanntesten Unternehmen der Region kann seine Rechnungen nicht mehr bezahlen. Vergangenen Mittwoch ging der Antrag der Bäckerei Mantei beim Amtsgericht Heidelberg ein, wegen Zahlungsunfähigkeit ein Insolvenzverfahren zu eröffnen. Das bestätigte Amtsgerichtsdirektorin Jutta Kretz am Montag auf Anfrage der RNZ.
Das Heidelberger Traditionsunternehmen muss diesen Schritt - nach 2012 - nun schon zum zweiten Mal gehen. Ob Mantei auch dieses Mal wieder gerettet werden kann, ist noch völlig unsicher. Das Amtsgericht hat am Freitag die Rechtsanwälte Holger Blümle und Jürgen Erbe von der Mannheimer Kanzlei Schultze & Braun als vorläufige Insolvenzverwalter bestellt. "Wir stehen noch ganz am Anfang", sagt Kanzleisprecher Ingo Schorlemmer. "Wirklich belastbare Aussagen können wir erst Ende Juni machen."
Hintergrund
Nur noch zwölf Filialen hat die Traditionsfirma Mantei mittlerweile, Ende 2016 Jahren waren es noch über 20.
Nur noch zwölf Filialen hat die Traditionsfirma Mantei mittlerweile, Ende 2016 Jahren waren es noch über 20. Man schrumpfe sich gesund, hieß es noch vor einigen Monaten aus dem Unternehmen - doch der Plan ist nicht aufgegangen: Erneut muss sich die Bäckereifirma, die 1959 gegründet wurde, nun einem Insolvenzverfahren stellen.
Vor fünfeinhalb Jahren war es zum ersten Mal soweit: Am 1. November 2012 eröffnete das Amtsgericht Heidelberg das Insolvenzverfahren gegen die Bäckerei. Bergab war es allerdings schon viele Jahre vorher gegangen: Als Unternehmensgründer Gerhard Mantei 1995 starb, übernahm sein Sohn Uwe die Geschäfte. Ein Jahr später kaufte er die ehemalige Holzhandlung Rothfuß in der Eppelheimer Straße und baute sie zu einer großen Backstube samt Bistro um. Doch schon um die Jahrtausendwende gab es finanzielle Schwierigkeiten. 2003 musste Uwe Mantei die große Halle wieder verkaufen. Damit war die wirtschaftliche Blütezeit des Unternehmens Geschichte.
Doch mit dem Insolvenzverfahren im Jahr 2012 kehrte neue Zuversicht ein. Denn der Heidelberger Rechtsanwalt Gordon Rapp machte seinen Job als Insolvenzverwalter erfolgreich: Das Sortiment wurde gestrafft, nur zwei Filialen mussten schließen - und dafür wurden zwei neue eröffnet. Letztlich behielten fast alle Mitarbeiter - damals noch 150 - ihren Job. Im Sommer 2014 war das Insolvenzverfahren offiziell beendet, das Unternehmen gerettet - und Rapp zeigte sich auch sehr optimistisch, was die weitere Zukunft der Firma anging.
Doch schon zwei Jahre später gab es wieder finanzielle Turbulenzen. Im August 2016 übergab Uwe Mantei die Leitung an seinen Sohn Jean-Marc - und der musste sofort in den Krisenmodus schalten, denn es gab Ärger mit dem Vermieter der Firmenzentrale. Jean-Marc Mantei schloss Filialen, doch die Trendwende klappte nicht. Ein Jahr vor dem 60. Firmenjubiläum muss Mantei nun seine bisher wohl härteste Prüfung überstehen. (rie)
Mantei beschäftigt 90 Mitarbeiter und betreibt zwölf Filialen in Heidelberg und der Region. Die Angestellten wurden bereits informiert, am heutigen Dienstag erklären Geschäftsführung und Insolvenzverwalter in einer Betriebsversammlung die weiteren Schritte.
"Der Insolvenzantrag hat zunächst keinerlei Auswirkungen auf den Filialbetrieb", so Schorlemmer. Die Mitarbeiter sind eine Zeit lang über das Insolvenzgeld abgesichert: Die Arbeitsagentur zahlt ihnen für die Monate April, Mai und Juni ihren normalen Lohn. Spätestens Ende Juni beginnt dann das eigentliche Insolvenzverfahren. Bis dahin verschaffen sich die Insolvenzverwalter gemeinsam mit Geschäftsführer Jean-Marc Mantei einen Überblick über die wirtschaftliche Lage und mögliche Sanierungsoptionen.
Auch interessant
Die Bäckereifirma kämpft schon seit Längerem wieder gegen den Untergang. Im Oktober 2016 schlug die Nachricht wie eine Bombe ein, dass Mantei der Mietvertrag gekündigt worden war und die Bäckerei die Firmenzentrale in der Bahnstadt (direkt neben dem neuen Großkino) binnen weniger Wochen räumen müsse. Es kam anders, die Besitzverhältnisse des Grundstücks an der Eppelheimer Straße änderten sich, und Mantei konnte zunächst bleiben. Doch auch der jetzige Vermieter - der Heidelberger Immobilienentwickler Erhard & Stern - hat andere Pläne mit dem Standort.
Mantei sucht aber ohnehin schon länger nach einer neuen Produktionsstätte. "Der jetzige Standort hat keine Zukunft", sagt Schorlemmer. "Man müsste sehr hohe Summen investieren, um hier weiter produzieren zu können." Es gebe bereits konkrete Verhandlungen über ein neues Mietverhältnis an anderer Stelle - am ehemaligen Produktionsstandort einer anderen Bäckerei. Zum Zeithorizont sagt Schorlemmer: "In fünf Jahren kann das Unternehmen am jetzigen Ort sicher nicht mehr produzieren."
Mit dem Insolvenzantrag hat Mantei sich nun erst einmal etwas Luft verschafft. Denn damit ist das Unternehmen nicht nur drei Monate lang von den Lohnkosten befreit, auch alle Rechnungen, die bis zu diesem Zeitpunkt offenblieben, müssen erst mal nicht bezahlt werden. Ob und wie viel Geld die Gläubiger am Ende bekommen, hängt dann ganz vom weiteren Fortgang des Verfahrens ab.
Ob die Firma abgewickelt wird, ein externer Investor übernimmt oder Mantei erneut - wie schon 2014, am Ende des ersten Insolvenzverfahrens - die Sanierung aus eigener Kraft schafft, ist unklar. Ingo Schorlemmer jedenfalls sagt: "Ein Insolvenzverfahren erweitert die Palette der Sanierungsmöglichkeiten." In der Branche haben die Anwälte von Schultze & Braun als Insolvenzverwalter einen guten Ruf. Denn häufig gelingt es ihnen, das Ruder herumzureißen - und ein Unternehmen zu retten.