Außengastronomie in Heidelberg

In der engen Altstadt finden es manche "nicht schön"

Zwischen den Stühlen: Geteiltes Echo der Wirte und Gäste bei Diskussion um großzügige Regeln für Außengastronomie.

14.08.2023 UPDATE: 14.08.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 48 Sekunden
Der Marktplatz am Samstagnachmittag: Die Außenbewirtschaftung der umliegenden Cafés und Restaurants lässt nur noch wenig Fläche frei. Foto: Laura Kress

Von Laura Kress

Heidelberg. Touristen, Einheimische, Tagesgäste – sie alle drängen trotz Gewitterschauern am Samstagnachmittag durch die Heidelberger Hauptstraße. Oft staut sich die Menschenmenge zwischen Universitäts- und Marktplatz. Ein Grund: sogenannte Kundenstopper, die Tagesgerichte anpreisen.

Außerdem versperren Tische und Stühle den Weg. Die Verwaltung arbeitet momentan an einer neuen Richtlinie zur Außengastronomie, die das ändern könnte. Doch wie kommt es bei den Wirten und Gästen an, dass die Erleichterungen der Corona-Zeit wieder zurückgenommen werden könnten?

Vier weitere Tische hat das "Café Romantik" angeschafft. In Pandemiezeiten mussten die Heidelberger Gastronomen keine Gebühren mehr für ihren Außenbereich zahlen, dieses Jahr gilt ein vergünstigter Tarif. Efi Brandstätter vom "Café Romantik" machte sich das zunutze. Ihre Kunden können sich nun nicht nur direkt vor dem Café, sondern auch auf der gegenüberliegenden Seite niederlassen.

Das hilft ein bisschen, die Folgen der Pandemie kann es allerdings nicht auffangen. "In der Corona-Zeit haben wir oft nur 20 Euro Umsatz am Tag gemacht", sagt die langjährige Geschäftsführerin. Inzwischen hat ihre Tochter das Café übernommen. "Ich wünsche mir von der Stadt, dass sie Cafés wie uns, die schon 40 Jahre in der Hauptstraße sind, mehr unterstützt", sagt sie. Dazu gehöre auch der Erhalt ihres Außenbereichs.

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Andere Restaurants hatten gar nicht die Möglichkeit, ihren Außenbereich zu vergrößern. Die Gründe dafür sind vielfältig. "Uns fehlt einfach der Platz", sagt Ferhat Erma, Inhaber vom Restaurant "Zum Weißen Schwanen". "Wir sind ja mitten zwischen anderen Restaurants."

Eine Erweiterung des Außenbereichs des am Marktplatz gelegenen "Goldenen Falken" scheiterte am Personalmangel. "Uns fehlen die Mitarbeiter", erklärt der Sohn des Geschäftsführers, Patrick Jobski: "Schon jetzt müssen wir manchmal ein paar Tische weniger rausstellen."

Der Ableger der asiatischen Restaurantkette "Mosch Mosch" hätte wiederum gerne die Augustinergasse mitgenutzt. "Die muss aber freibleiben, damit der Krankenwagen im Notfall durchkommt", erklärt Restaurantleiterin Ronja Tschersich.

In der Hauptstraße ist es wegen der Ausweitung der Straßencafés enger geworden als noch vor Corona. Foto: Rothe

Deswegen muss sich das Restaurant auf seine Außenbestuhlung in der Hauptstraße beschränken. "Ich kann mir schon vorstellen, dass das für Passanten nervig ist", meint Tschersich. "Aber auch für die Gäste ist es nicht schön, wenn sich Leute dicht an ihnen vorbeischlängeln."

Der Inhaber der "Trattoria Toscana" an der Heiliggeistkirche hat sich deshalb bewusst gegen eine Erweiterung seines Außenbereichs entschieden. "Ich möchte, dass meine Gäste weiterhin zufrieden sind und genug Platz haben", sagt Berisha Bekim. "In dieser touristischen Zeit ist es hier nicht schön", pflichtet ihm die Besucherin Kristina Tripkovic aus Ludwigshafen bei. "Weniger Tische wären nicht schlecht." Mohamad Elsayed vom "Sahara"-Imbiss bezweifelt aber, dass das die Lösung ist. "So oder so ist es voll", meint er.

Der Großteil der Besucher freut sich außerdem über das große Angebot. "Wir finden das super und suchen uns jetzt etwas Schönes, wo wir essen können", meint Tanja Knura aus München, die gemeinsam mit einer Freundin ein paar Tage in Heidelberg verbringt. "Gemütlich" beschreibt eine Heidelbergerin die Atmosphäre in der Altstadt. "Auf keinen Fall zu voll, ich bin das von zu Hause gewohnt", lacht der Franzose Théo Crouvisier, der in Heidelberg arbeitet und seinen Eltern am Wochenende die Stadt zeigt.

Die Seitenstraßen würden eigentlich mehr Platz für Außenbestuhlung bieten, gäbe es da nicht ein anderes Problem. "Die Nachbarn wollen nicht, dass ich da noch mehr Tische hinstelle", sagt der Inhaber einer Pizzeria. Die Inhaberin vom "Drugstore", Luciana Nicolae, hatte mehr Glück. "Wir haben eine komplette neue Straßenseite dazubekommen", erzählt sie. "Das hat uns extrem geholfen, und ich finde das auch sehr großzügig von der Stadt."

Nicolae sei sogar überrascht gewesen, dass es auch dieses Jahr noch Vergünstigungen für den Außenbereich gegeben habe. Allerdings sagt sie auch: "Ich arbeite zu 90 Prozent bei der Stadt Mannheim. Wenn ich nur vom ‚Drugstore‘ leben müsste, würde meine Situation schon wieder anders aussehen."

So wie bei Berisha Bekim von der "Trattoria Toscana": "Wir müssen kämpfen." Das Hauptproblem: die Inflation. "Wegen der Preiserhöhungen mussten wir unsere Karte in den letzten Jahren schon drei Mal ändern", sagt Mohamad Elsayed vom "Sahara"-Imbiss.

"Essen gehen wird zum Luxus", stellt auch Tschersich vom "Mosch Mosch" fest. "Die Leute schränken sich immer mehr ein." Eine Anhebung der Mehrwertsteuer auf Vor-Corona-Niveau von 19 Prozent würde das Problem verstärken, sind sich die Gastronomen einig. "Dann müssen auch wir unsere Preise wieder erhöhen, und es kommen noch weniger Kunden", sagt Tschersich.

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