Plus Lagerhäuser

Die Deutschen besitzen viel Zeugs, Lagerhäuser sehen darin ein gutes Geschäft

Gerade in Städten eröffnen immer mehr Mietlager

17.10.2017 UPDATE: 18.10.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden

Die Anbieter von Mietlagern hoffen auch dank steigender Wohnkosten in den Städten auf gute Geschäfte. Foto: Marius Becker/dpa

Von Julia Kilian

Berlin. Designer und Blogs mögen Minimalismus predigen, aber Martin Ger᠆hardus kann davon in der Realität nur wenig entdecken. "Heute hat jeder sehr, sehr viele Sachen", sagt er. Die alte Plattensammlung, die Nudelmaschine oder die vierte Übergangsjacke? Die Deutschen besitzen allerhand Kram. Für ihn ist das keine schlechte Sache. Er verdient daran Millionen.

Sein Unternehmen MyPlace und Firmen wie Lagerbox, Shurgard und First Elephant vermieten Platz. Menschen können ihre Sachen dort in Abteilen oder Boxen selbst verstauen. "Self-Storage" nennen das die Anbieter. Sie eröffnen immer mehr Standorte, vor allem in deutschen Großstädten. Rund 200 Häuser gibt es bislang bundesweit, etwa in Berlin, München, Hamburg oder auch Leipzig.

Die Idee dahinter: Wenn jemand längere Zeit ins Ausland geht, seine Wohnung renoviert oder zum Beispiel nach einer Scheidung plötzlich eine neue Bleibe sucht, können Kunden ihre Sachen bei den Anbietern einlagern. Es gebe auch die Menschen, denen bestimmte Stücke am Herzen lägen, die aber nicht genug Platz in der Wohnung dafür hätten, sagt Gerhardus. "Modern Living" nennt er das, modernes Wohnen.

Für die Betreiber ist es ein Millionengeschäft. MyPlace erwartet in diesem Jahr einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro, Shurgard rechnet als größter Anbieter nach Angaben seines Chefs in Europa mit etwa 250 Millionen Euro. Bei MyPlace sind 80 Prozent der Kunden Privatleute, drei bis fünf Quadratmeter kosten in Berlin-Mitte etwa 100 Euro im Monat. Aber auch wenn der Markt in Deutschland wächst - im Vergleich zu anderen Ländern gibt es weniger Mietlager.

"Wir erleben, dass die Entwicklung in Deutschland langsamer ist", sagt Gerhardus. In Schweden, Großbritannien und den Niederlanden gebe es weitaus mehr Häuser. Das zeigen auch Daten des europäischen Verbands Fedessa: Etwa 2,5 "Self-Storage"-Häuser gebe es pro eine Million Einwohner in Deutschland - der europäische Durchschnitt liege bei 6,6. In den USA ist vor allem in Metropolen mit rarem und teurem Wohnraum der Bedarf an zusätzlichem Stauplatz hoch.

Dort wurde das Geschäftsmodell in den 1960er Jahren erfunden. In den letzten zwei Jahren hat der Trend in den USA laut einer Studie des Branchendienstleisters Argus weiter zugelegt. 2016 entstanden demnach landesweit rund 750 neue "Self-Storage"-Lager, 2017 wurde mit dem Bau weiterer etwa 950 begonnen. Weil Tropenstürme dort in einigen Teilen des Landes jüngst auch Verwüstung hinterließen, rechnen Analysten mit steigender Nachfrage. Auch in Hongkong ist das Modell üblich.

"Apartments in Hongkong sind so klein, da habe ich einen Lagerraum gemietet", erzählt eine Frau, die acht Jahre lang ein Mietlager hatte. Sie habe damit nur aufgehört, als die Kosten gestiegen seien. "Das Problem ist: Am Ende hebt man dort lauter Sachen auf, die man eigentlich wegschmeißen oder verschenken sollte."

Dass "Self-Storage"-Häuser in Deutschland noch nicht so verbreitet sind, hat nach Angaben von Branchenvertreten mehrere Gründe. Zum einen seien die ersten Anbieter erst spät auf den Markt gekommen. In Deutschland hätten auch viele Häuser einen Keller oder einen Dachboden, sagte der Vorsitzende des Verbands deutscher Self Storage Unternehmen, Christian Lohmann. Deutschland, ein Kellerland also.

In anderen Ländern sei es auch üblicher, für Dienstleistungen Geld auszugeben, sagt Immobilienforscher Michael Voigtländer vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln. Das sehe man am Beispiel Umzugshelfer. In Deutschland fragten viele Freunde oder Familie, ob sie beim Umziehen helfen könnten. Erst nach und nach setze es sich hier durch, professionelle Helfer zu bezahlen.