Zwergberge erklimmen
Für ein Gipfelgefühl muss es nicht immer hoch sein. Deutschlands "kleine Berge" bieten Wanderern ähnliche Erlebnisse wie ihre größeren Geschwister - und das in wenigen Stunden.

Von Sandra Ehegartner
Großer Inselsberg
Im Thüringer Wald
916 Meter. Wandervögeln wohlbekannt ist der rund 170 Kilometer lange Rennsteig, einer der ältesten Höhen- und Fernwanderwege Deutschlands. Über Zuwege von Bad Tabarz oder Brotterode erreicht man in etwa zwei Stunden den Großen Inselsberg, der direkt am Rennsteig liegt. Noch gemütlicher geht es über den Großen-Inselsberg-Rundweg in vier bis fünf Stunden hinauf. Rennen muss da keiner. Oben belohnt ein breiter Panoramablick über den Thüringer Wald. Wer noch höher hinaus möchte und mehr über Flora, Fauna und Geschichte erfahren will, besucht den 21 Meter hohen Aussichtsturm. Leckermäuler stärken sich im Berggasthof Stöhr mit Thüringer Rostbratwurst und/oder hausgemachten Rouladen.
Erbeskopf
Im Hunsrück
816 Meter. Der höchste Berg von Rheinland-Pfalz mag nicht an die bayerischen Gipfel heranreichen, doch seiner Vielseitigkeit tut das keinen Abbruch. Von Thalfang aus lässt sich der Erbeskopf in etwa zwei Stunden erklimmen. Der Weg führt durch den Naturpark Hunsrück-Hochwald, der bekannt für seine dichten Wälder und Moorlandschaften ist. Die dort lebenden Wildkatzen wird man vermutlich nicht zu Gesicht bekommen, vielleicht aber einen Schwarzstorch, sofern er noch nicht in den Süden gezogen ist. Mit etwas Glück findet sich auch ein hübsches Stück Quarzit am Wegesrand. Auf dem Gipfel wartet neben der Aussicht auf Taunus und Vogesen ein weiteres Highlight: der Aussichtsturm Windklang, eine begehbare Stahlskulptur mit Holzverkleidung, die wie eine Harfe im Wind klingt – ein magisches Erlebnis.
Großer Winterberg
In der Sächsischen Schweiz
556 Meter. Der höchste Berg im rechtselbischen Gebiet der Sächsischen Schweiz (linkselbisch ist das der vier Meter höhere Große Zschirnstein) ist ab Schmilka über einen gut markierten Waldweg in knapp zwei Stunden zu erreichen. Der Weg führt durch uralte Buchenwälder und vorbei an bizarren Sandsteinfelsen – ein Paradebeispiel für die einzigartige Landschaft des Elbsandsteingebirges. Am Gipfel wartet ein geschichtsträchtiger Aussichtsturm: Der im Jahr 1840 erbaute hölzerne Turm war lange Jahre gesperrt, wurde aufwendig restauriert und bietet nun einen weiten Blick auf die Sächsische und Böhmische Schweiz sowie das Erzgebirge und das Elbtal. In der Wanderrast Großer Winterberg können sich Ausflügler mit Erfrischungen stärken – besonders der Flammkuchen wird empfohlen.
Grünstein
In Bayern
1304 Meter. Oberhalb des Königssees liegt dieser kleine Gipfel mit der großen Aussicht. Vom Parkplatz Hammerstiel oder Schönau aus dauert der Aufstieg zwischen zwei und drei Stunden und führt über herbstlich duftende Waldpfade und lichte Almwiesen. Sportliche Wanderer freuen sich beim Endspurt, dass der Weg etwas steiler wird. Wer es abenteuerlicher mag, wählt einen der verschiedenen Klettersteige mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die so gut gesichert sind, dass sich die traumhafte Aussicht unbeschwert genießen lässt. Das Panorama auf das Watzmannmassiv und den türkis leuchtenden Königssee belohnt Wanderer und Kletterer gleichermaßen. Von der Terrasse der etwas niedriger gelegenen Grünsteinhütte schmeckt die zünftige bayerische Brotzeit inklusive Radler besonders gut.
Hoherodskopf
In Hessen
764 Meter. Ideal für Genusswanderer ist dieser freundliche, kleine Berg im hessischen Vogelsberg. Vom Parkplatz an der Taufsteinhütte oder direkt von Schotten aus führen gut markierte Wege in rund zwei Stunden auf den Gipfel. Dabei geht es abwechslungsreich, aber sanft durch Wälder und über Wiesen. Besonders bemerkenswert sind die Basaltformationen – Relikte des einst aktiven Vulkans Vogelsberg. Sie sehen aus wie eingefrorene Lavaströme aus Stein und erscheinen in unterschiedlichsten Formationen und Schattierungen von Grau bis Schwarz. Auf dem nicht ganz so hohen Gipfel gibt es zusätzlich einen Aussichtsturm, und wer diesen ebenfalls erklimmt, hat sich den Vogelsburger, eine Kartoffelbratwurst oder köstlichen hausgemachten Kuchen in der Hoherodskopfklause redlich verdient.
Naturbalkon Belchen
Im Schwarzwald
1414 Meter. Der kleine Berg mit dem niedlichen Namen gilt als Naturbalkon, gar als schönster Aussichtsberg im Schwarzwald. In etwa zwei Stunden führt ein gemütlicher Wanderweg vom Parkplatz am Belchenhaus auf den Gipfel. Unterwegs stimmen grandiose Fernblicke auf das Gipfelerlebnis ein, und ganz oben werden Wanderer dann mit einer der weitesten Aussichten in Südwestdeutschland belohnt. Im Westen sieht man die französischen Vogesen, im Süden die Schweizer Alpen, im Norden den Feldberg und im Osten den Jura sowie die Rheinebene. Wen so viel Panorama hungrig macht, der bestellt sich im Belchenhaus einen badischen Wurstsalat und zum Dessert – natürlich – eine Schwarzwälder Kirschtorte.
Wurmberg
Im Harz
971 Meter. Der zweithöchste Gipfel im Harz und (deutlich) kleinere Bruder des Brockens ist ideal für Genusswanderer und Familien. Gut markierte Wege führen durch Wälder und Lichtungen und leider auch an abgestorbenen Baumstämmen und kargen Flächen vorbei – traurige Zeugnisse hungriger Borkenkäfer. Positiv daran ist der freie Blick auf Brocken und Achtermannshöhe. Wer lieber schweben möchte, nimmt die Sesselbahn und genießt die Aussicht über Skipisten und Waldschneisen. Oben angekommen lockt ein Panoramaturm mit Blicken auf das Harzvorland, die Magdeburger Börde, den Kyffhäuser und viele weitere Highlights. Bei klarer Sicht können Adleraugen sogar einen Schimmer der Nordsee erspähen. Besonders für Kinder ist die Rutsche vom Turm ein Anreiz, während Eltern sich auf der Terrasse der Wurmbergalm bei Kaffee und Kuchen entspannen. Dort bestaunen Kinder auch Norddeutschlands höchste Murmelbahn, die stolze 110 Meter misst.



