Wie der Krieg auf die Wirtschaft der Region wirkt
Die Kriegsfolgen sind rückläufige Exporte, steigende Rohstoffpreise und boomende Rüstungsaktien. Es gibt aber auch viel Verständnis für die Sanktionen.

Region. (dpa/mk) Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der russische Einmarsch in der Ukraine die Erholung der Weltwirtschaft bremsen wird. Trotz der vergleichsweise geringen Wirtschaftsleistung Russlands ist die internationale Ökonomie abhängig von dem Putin-Staat. Auch in der Region solidarisieren sich gleichzeitig viele Unternehmen mit der Ukraine und stehen hinter den Sanktionen.
> SRH leuchtet für Ukraine: Zum Zeichen der Solidarität mit der Ukraine hat der Krankenhaus- und Hochschulbetreiber SRH seinen "Science Tower" der Hochschule in Heidelberg am Wochenende in blau und gelb leuchten lassen. Man habe bei der SRH etwa 100 Kollegen, die aus der Ukraine und aus Russland stammen, und die dort aktuell Familien und Freunde haben, sagte ein Sprecher. Hinzu kämen zahlreiche Beschäftigte aus benachbarten Ländern wie Polen, Rumänien, Moldawien oder Belarus. "Wir sind fassungslos darüber, dass unter Missachtung geltenden Völkerrechts in unmittelbarer europäischer Nachbarschaft ein souveräner Staat, eine freie Nation angegriffen wurde", schreiben die SRH-Vorstände Christof Hettich und Patrick Mombaur in einer Stellungnahme. Es handele sich um keine "Krise" oder einen "Konflikt", sondern einen Krieg. "Wir hoffen inständig, dass jegliches Blutvergießen schnell aufhört".
> Walldorfer Ekosem-Agrar glaubt nicht an Geschäftseinbruch: Die Ekosem-Agrar AG mit Sitz in Walldorf, deutsche Holdinggesellschaft der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Ekoniva Unternehmensgruppe, geht davon aus, dass das eigene operative Geschäft nicht direkt von der aktuellen Entwicklung und den Sanktionen betroffen sein wird. "Die Produktion ist vollständig, der Absatzmarkt ist nahezu ausschließlich auf Russland begrenzt", schrieb das Unternehmen bereits in der vergangenen Woche in einer Stellungnahme. "Die Inputstoffe können überwiegend in Russland beschafft werden". Mit einer erzeugten Milchmenge von rund 759.000 Tonnen im Jahr 2019 ist Ekosem-Agrar nach eigenen Angaben der größte Rohmilchproduzent Russlands und Europas.
> Stadtwerke Heidelberg befürchten steigende Gaspreise: Der Energieanbieter sieht die Versorgung seiner Kunden grundsätzlich als sicher an: "Wir gehen nicht davon aus, dass Versorgungsengpässe entstehen", schreibt das Unternehmen mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. "Glücklicherweise haben wir einen breiten Liefermix an Erdgas, der aus unterschiedlichen Teilen der Erde auch zu uns nach Deutschland kommt sowie eine sehr gute Gasspeicher-Infrastruktur, das eine innereuropäische Versorgung gewährleistet". Darüber hinaus habe Deutschland ausreichende Möglichkeiten, sich mit Gas zu versorgen. "Dazu zählen unter anderem erhöhte Importe von Flüssiggas (LNG) aus USA, Katar oder Nordafrika". Gleichwohl sei aufgrund der erhöhten Nachfrage auf dem Weltmarkt damit zu rechnen, dass LNG einen stärkeren Stellenwert bei der Versorgung erhalten wird. "Damit werden weitere erhebliche Preissteigerungen verbunden sein".
> Pfälzer Industrie trägt Sanktionen mit: Wie eine Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) für die Pfalz mit Sitz in Ludwigshafen unter 250 Industrieunternehmen ergeben hat, befürworten mehr als 90 Prozent harte Sanktionen gegenüber Russland. Neben persönlichen Sanktionen gegen führende Politiker unterstützten die Unternehmen auch restriktive Maßnahmen in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, teilte die IHK am Montag mit. Dabei nähmen die befragten Unternehmen auch ausdrücklich negative Folgen für die eigene Geschäftstätigkeit in Kauf. Auf der Einfuhrseite forderten die Unternehmen, den Gasimport aus Russland komplett auszusetzen und Alternativen zu suchen.
Auch interessant
> Sberbank-Töchtern droht die Pleite: Die scharfen Finanzsanktionen gegen Russland treffen erste Banken und könnten auch Auswirkungen für Sparer in Deutschland und anderen europäischen Ländern haben: Die EZB-Bankenaufsicht hält die Überlebensfähigkeit der europäischen Töchter der russischen Sberbank für stark gefährdet. Die Europäische Zentralbank sei zu der Beurteilung gelangt, dass die Sberbank Europe AG mit Hauptsitz in Wien sowie deren Tochtergesellschaften in Kroatien und in Slowenien, "ausfallen oder wahrscheinlich ausfallen" werden, teilte die EZB am Montag mit.
> Sanktionen erfassen Maschinenbau: Deutschlands Maschinenbauer befürchten spürbare Auswirkungen für ihr Geschäft infolge der Wirtschaftssanktionen gegen Russland. "Die neuen Lieferverbote für diverse Güter nach Russland erfassen weite Teile des europäischen Maschinen- und Anlagenbaus", fasste der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbandes VDMA, Thilo Brodtmann, am Montag zusammen. "Sie betreffen Exporte im Volumen von mehreren hundert Millionen Euro." Möglich seien auch noch Gegensanktionen von russischer Seite. "Dennoch bleibt es richtig, die Aggression gegen die Ukraine hart zu sanktionieren", betonte Brodtmann.
> Rekordpreise bei Benzin und Diesel: Tanken ist in Deutschland so teuer wie nie: Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die Spritpreise auf neue Rekordhöhen getrieben. Wie der ADAC am Montag mitteilte, machten Benzin und Diesel in drei Tagen einen Preissprung von über fünf Cent je Liter. Laut ADAC mussten Autofahrer am Sonntag für einen Liter Super E10 im Durchschnitt 1,811 Euro zahlen und damit 5,4 Cent mehr als am vergangenen Donnerstag. Diesel kostete durchschnittlich 1,729 Euro je Liter und hat sich damit innerhalb von drei Tagen um 5,9 Cent verteuert.
> Daimler Truck zieht sich zurück: Der weltgrößte Lastwagenbauer Daimler Truck mit großem Werk in Mannheim hat wegen des Ukraine-Krieges alle geschäftlichen Aktivitäten in Russland vorerst eingestellt. "Wir stehen als Unternehmen für eine friedliche globale Zusammenarbeit und lehnen jede Form vom militärischer Gewalt ab", sagte ein Sprecher. Das "Handelsblatt" hatte zuvor berichtet, dass Daimler Truck die Kooperation mit dem russischen Panzerwagenhersteller Kamaz gestoppt hat.
> Tui streicht Stop in St. Petersburg: Die Kreuzfahrtreederei Tui Cruises streicht wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine die russische Hafenstadt St. Petersburg vom Programm. "Vor dem Hintergrund der Ereignisse haben wir uns aus ethischen und moralischen Gründen entschieden, die Fahrpläne unserer Ostsee-Kreuzfahrten von Mai bis Oktober 2022 anzupassen: Wir werden St. Petersburg nicht mehr anlaufen", teilte eine Sprecherin der Reederei am Montag mit. Die Anläufe würden voraussichtlich durch Klaipeda (Litauen) und Riga (Lettland) beziehungsweise Kopenhagen (Dänemark) und Visby (Schweden) ersetzt.
> Rubel stürzt ab: Die verschärften Sanktionen des Westens gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs haben die russische Währung zum Absturz gebracht und die Zentralbank zu drastischen Maßnahmen veranlasst. Der Rubel brach am Montagmorgen um mehr als 20 Prozent ein. Die russische Zentralbank verdoppelte zur Stärkung ihrer Währung den Leitzins – von 9,5 Prozent auf 20 Prozent. Moskau gestand ein, dass die Sanktionen "hart" seien.
> Airbnb bietet kostenlose Unterkünfte: Der Wohnungsvermittler Airbnb will bis zu 100.000 Flüchtlingen aus der Ukraine zumindest vorübergehend eine kostenlose Unterkunft vermitteln. Die Finanzierung würden das Unternehmen, Spender für einen speziellen Hilfsfonds sowie die Wohnungsbesitzer selbst übernehmen, teilte das US-Unternehmen am Montag mit. Airbnb-Chef Brian Chesky und weitere Manager hätten bereits Wohnungsanbieter in Polen, Ungarn, Rumänien und in Deutschland angeschrieben.
> Rüstungswerte schnellen hoch: Die Aussicht auf milliardenschwere Bestellungen hat den Aktien von Rüstungsunternehmen am Montag in einem wegen des Ukraine-Kriegs schwachen Markt Rückenwind verliehen. Angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine will Deutschland die Bundeswehr massiv aufrüsten. Sie soll 100 Milliarden Euro erhalten.
Die Aktien von Rheinmetall schnellten an der Spitze um rund ein Viertel auf 133,50 Euro nach oben. Für die Aktien des Rüstungselektronik-Herstellers Hensoldt ging es um fast die Hälfte auf 21,75 Euro hoch.