Brudermüller entsetzt über Angriff auf Ukraine
Nach Gewinnsprung 2021 verhaltene Erwartungen für das laufende Jahr.

Von Barbara Klauß
Ludwigshafen. BASF-Chef Martin Brudermüller hat sich entsetzt gezeigt über den Angriff Russlands auf die Ukraine. "Wir sehen die weitere Entwicklung mit großer Sorge", sagte er bei der Vorlage der Bilanz für das Jahr 2021 in Ludwigshafen. Bis vor Kurzem habe einen solchen Angriff, wie er in der Nacht auf Donnerstag erfolgte, niemand für möglich gehalten. "Der gestrige Tag markiert das Ende des Friedens in Europa", fügte Brudermüller hinzu. "Es ist ein bitterer Tag für uns alle."
Welche konkreten Folgen der Krieg in der Ukraine und die deshalb verhängten Sanktionen gegen Russland auf die Wirtschaft haben werden, ist aus Sicht des BASF-Chefs noch nicht zu beurteilen. Da die genauen Maßnahmen noch nicht feststünden, wäre es laut Brudermüller "vermessen, bereits irgendwelche Auswirkungen abzuschätzen".
"Unsere Gedanken sind bei den Menschen in der Ukraine und unseren Mitarbeitenden im Land,", erklärte Brudermüller laut einer Erklärung bereits am Donnerstag. Die deutschen Beschäftigten der BASF und ihre Familien hatten die Ukraine schon vor dem Angriff Russlands verlassen. Seit 1992 ist die BASF in dem Land aktiv, Produktionsstätten hat der Konzer dort allerdings nicht.
Die Geschäfte des weltgrößten Chemiekonzerns machen dem Chef zufolge in Russland etwa ein Prozent des Umsatzes aus, die in der Ukraine 0,2 Prozent.
Die Märkte in den beiden Ländern hätten also keinen größeren Einfluss auf das Geschäft der BASF, erklärte der Vorstandsvorsitzende nun am Freitag. Schwerer ins Gewicht fallen für die Ludwigshafener die Energiepreise – und die dürften nach Brudermüllers Einschätzung mittelfristig eher höher bleiben.
Und diese hohen Energiepreise belasten den Industriekonzern zunehmend. Als Reaktion auf die gestiegenen Kosten will das Management in den kommenden Monaten "weitere signifikante Preiserhöhungen umsetzen", wie Brudermüller ankündigte.
Zudem geht der BASF-Chef davon aus, dass die Weltwirtschaft nach der starken Erholung 2021 im laufenden Jahr moderater wächst. Nach wie vor bleibt die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie, zudem Lieferschwierigkeiten und gestiegene Inflationsraten. Daher rechnet der Konzern – nach einem Umsatz- und Gewinnsprung im Jahr 2021 – für das laufende Jahr mit einem Rückgang. Erwartet wird, dass der Umsatz 2022 bei 74 bis 77 Milliarden Euro liegt und das operative Ergebnis bei bis zu 7,2 Milliarden Euro.
2021 konnten die Ludwigshafener – nach deutlichen Einbußen in der Corona-Pandemie im Vorjahr – von der Erholung wichtiger Branchen wie der Autoindustrie profitieren. So stieg der Umsatz 2021 im Vergleich zum Vorjahr fast um ein Drittel auf rund 79 Milliarden Euro. Dazu beigetragen haben höhere Verkaufspreise und Mengen. Geholfen hat auch der Sparkurs des Managements: Im September 2020 wurde bekannt, dass das Unternehmen seine Servicetochter Global Business Services um ein Viertel stutzt und konzernweit 2000 Stellen streicht – zusätzlich zum Abbau der weltweit 6000 Stellen, der bereits im Jahr zuvor angekündigt worden war.
Von den guten Zahlen 2021 sollen nun auch die Anteilseigner profitieren. Daher plant der Vorstand, die Dividende leicht von 3,30 Euro je Aktie auf 3,40 Euro zu erhöhen, wie es hieß.
An dem Plan, die Mehrheitsbeteiligung (rund 70 Prozent) am Öl- und Gasproduzenten Wintershall Dea an die Börse zu bringen, hält die BASF fest. "Wir halten den Börsengang für den richtigen Weg", bekräftigte Finanzchef Hans-Ulrich Engel am Freitag. Wintershall Dea ist an der Finanzierung der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee zwischen Russland und Deutschland beteiligt und hat dem Projektunternehmen ein Darlehen über 730 Millionen Euro gegeben. Angesichts des Kriegs in der Ukraine ist die Zukunft der Gasleitung allerdings ungewiss. Zwar seien momentan keine operativen Aktivitäten von Sanktionen betroffen, so Finanzchef Engel. Doch werde sich erst noch zeigen, was die US-Sanktionen für die Zukunft der Pipeline bedeuten.
An der Börse kamen die Zahlen am Freitag nicht gut an. Der Chemiekonzern habe durchwachsen abgeschnitten und einen wenig inspirierenden Ausblick gegeben, schrieb Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research. Auch andere Analysten bezeichneten den Ausblick als "gewohnt konservativ".