Russland-Geschäft

BASF-Tochter schreibt Nord Stream 2 ab

Der Ukraine-Krieg hält die Wirtschaft weiter in Atem. Die Walldorfer Ekosem-Agrar setzt Prognose aus. Siemens zieht sich aus Russland zurück, die Autoindustrie leidet.

02.03.2022 UPDATE: 03.03.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 40 Sekunden
Blick auf Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 2. Foto: dpa

Heidelberg. (mk/dpa) Vom Krieg erschüttert und von Sanktionen gebremst fahren immer mehr Unternehmen ihr Russland-Geschäft runter.

> Wintershall schreibt Nord Stream 2 ab: Der deutsche Öl- und Gaskonzern Wintershall Dea, Tochter der BASF, hat seine Finanzierung des Pipelineprojekts Nord Stream 2 in Höhe von rund einer Milliarde Euro abgeschrieben. Der Vorstand des Unternehmens beschloss außerdem, keine neuen Projekte zur Öl- oder Gasförderung in Russland mehr zu beginnen, wie Wintershall Dea am Mittwoch mitteilte. Alle laufenden Planungen würden zudem gestoppt. Die Gesamtbetriebsräte, der Unternehmenssprecherausschuss sowie der Vorstand des Unternehmens verurteilten den Angriff auf die Ukraine in einer gemeinsamen Erklärung scharf. "Was jetzt passiert, erschüttert das Fundament unserer Zusammenarbeit", hieß es in der Erklärung. Wintershall Dea ist nach eigenen Angaben zudem an zwei Erdgas-Förderprojekten in Russland beteiligt.

> Walldorfer Ekosem-Agrar setzt Prognose aus: Der Vorstand der Ekosem-Agrar AG mit Sitz in Walldorf, deutsche Holding der auf Milchproduktion in Russland ausgerichteten Ekoniva Unternehmensgruppe, hat entschieden, die Prognose für das Geschäftsjahr 2022 vorerst auszusetzen. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Grund für die Entscheidung seien die aktuell erheblichen Unwägbarkeiten in Bezug auf das operative Geschäft sowie die Finanzierungsmöglichkeiten aufgrund der zunehmenden Restriktionen im Zusammenhang mit dem Russland Ukraine-Konflikt, die sich sowohl aus Sanktionen gegen Russland als auch aus russischen Gegenmaßnahmen ergäben. Vergangene Woche war Ekosem-Agrar noch davon ausgegangen, dass das eigene Geschäft nicht von den Sanktionen betroffen sei, da die eigene Produktion vollständig, der Absatzmarkt nahezu ausschließlich auf Russland begrenzt sei. Für 2022 war die Gesellschaft bis dato von einem Anstieg der Umsatzerlöse von jeweils mehr als 20 Prozent für die drei wesentlichen Bereiche Rohmilch, Pflanzenbau und Milchverarbeitung ausgegangen. Mit einer erzeugten Milchmenge von rund 759.000 Tonnen (2019) ist Ekosem-Agrar nach eigenen Angaben der größte Rohmilchproduzent Russlands. Der Vorstand werde eine angepasste Prognose veröffentlichen, sobald verlässliche Parameter für eine Anpassung gegeben seien, hieß es.

> Autoindustrie leidet: Die Folgen des Ukraine-Kriegs könnten die deutsche Autoindustrie schwer treffen. Der Verband der Automobilindustrie erklärte am Mittwoch, ein verlässlicher Ausblick sei schwierig: "Fest steht aber: Es wird zu weiteren Beeinträchtigungen bei der Produktion von Fahrzeugen in Deutschland kommen." Grund ist, dass wichtige Teile fehlen und es zu einer Knappheit bei Rohstoffen kommen könnte. Mehrere deutsche Autohersteller hatten bereits von Produktionsunterbrechungen berichtet.

> Siemens zieht sich zurück: Der Technologiekonzern Siemens reagiert auf den russischen Angriff auf die Ukraine und stellt sein Neugeschäft mit Russland ein. Dies gelte auch für internationale Lieferungen, erklärte Siemens am Mittwoch. Die lokalen Service- und Wartungsaktivitäten würden fortgesetzt. "Wir halten uns bei unseren Geschäftsaktivitäten in und mit Russland selbstverständlich an geltendes Recht sowie an die geltenden Exportkontrollrichtlinien und an das geltende Sanktionsrecht", hieß es. Die "vollen Auswirkungen aller Sanktionen" würden geprüft. Unternehmensangaben zufolge entfällt etwa ein Prozent des Umsatzes auf das Geschäft mit Russland, die Zahl der Mitarbeiter liege im niedrigen vierstelligen Bereich.

Auch interessant
Krieg in Europa: Scholz schließt militärischen Eingriff in Ukraine-Krieg aus
: Wintershall Dea: Keine Gas- und Ölprojekte in Russland mehr
SRH, Ekosem, Stadtwerke und Co.: Wie der Krieg auf die Wirtschaft der Region wirkt

> Keine Getreide-Engpässe: Die Versorgung innerhalb der EU mit Weizen und Agrarprodukten ist laut Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) trotz des Kriegs in der Ukraine sichergestellt. "Die Versorgung innerhalb der EU ist nicht gefährdet", erklärte Özdemir am Mittwoch. Die Agrarminister der EU-Mitgliedstaaten sollten am Mittwoch virtuell zu einem informellen Treffen zusammen. Thema ist laut Bundeslandwirtschaftsministerium die Lage auf den Agrarmärkten nach der Invasion Russlands in der Ukraine.

> Milliarden für Flüssigerdgas: Mit Milliardenmitteln des Bundes soll als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine der Kauf von Flüssigerdgas (LNG) finanziert werden. Damit solle ein Beitrag zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland geleistet werden, teilte das Wirtschaftsministerium am Mittwoch auf Anfrage mit. Das LNG-Gas sei zur Einspeicherung vorgesehen. Die Beschaffung solle durch die Trading Hub Europe GmbH erfolgen. Der Bund stellt dafür 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung.

> Aus für russische Sberbank: Die scharfen Finanzsanktionen gegen Russland haben die erste Bank in die Pleite getrieben. Etwa 35.000 Kunden der Europa-Tochter der russischen Sberbank sollen entschädigt werden - die meisten davon in Deutschland. Nach einem starken Abfluss von Kundengeldern in den vergangenen Tagen untersagte die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) in der Nacht zum Mittwoch der Sberbank Europe AG mit Sitz in Wien mit sofortiger Wirkung die Fortführung des Geschäftsbetriebs. In Deutschland hatte die Bank unter der Marke Sberbank Direct mit vergleichsweise hohen Zinsen Anleger gelockt.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.