Mannheim

Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu

Bis 2035 fehlen in der Region Rhein-Neckar laut IHK rund 89.000 Mitarbeiter. Die Kammer fordert mehr Aus- und Weiterbildungen.

13.06.2022 UPDATE: 14.06.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden
Ein Restaurant sucht nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Personalmangel in der Restaurant- und Gaststättenbranche erschwert den Betrieb in der Tourismus-Hochsaison. Foto: dpa

Mannheim. (kla) Für viele Betriebe ist fehlendes Personal längst zu einem Problem geworden. Und der Fachkräftemangel spitzt sich aus Sicht der Industrie- und Handelskammer (IHK) immer weiter zu – auch in der Region. Nach Berechnungen der IHK Rhein-Neckar werden der hiesigen Wirtschaft bis zum Jahr 2035 etwa 89.000 Fachkräfte fehlen. Die größte Lücke erwartet die Kammer Arbeitskräften Berufsqualifikation, also etwa mit einer abgeschlossenen Ausbildung. "Die duale Berufsausbildung ist daher wichtiger als je zuvor", erklärt Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der IHK Rhein-Neckar. Zudem biete sie bessere Berufschancen als je zuvor.

Die Zahlen entstammten dem Fachkräftemonitor der baden-württembergischen IHKs. Er erfasst das Angebots- und Nachfragepotenzial der Fachkräfte in den Regionen von jetzt an bis ins Jahr 2035. Demnach fehlen im Bezirk der IHK Rhein-Neckar auch jetzt schon 9600 Fachkräfte – etwa 4000 mit kaufmännischen Ausbildungen, 2000 im technischen Bereich.

Im Moment gibt es Personalengpässe vor allem in medizinischen Gesundheitsberufen, in Büros und Sekretariaten sowie bei technischen Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionssteuerungsberufen (etwa Elektronkonstrukteure oder Wirtschaftstechniker). Im Jahr 2035 werden laut Prognose technische Berufe aufgrund von Automatisierung und Digitalisierung weniger stark gefragt sein, heißt es bei der IHK. Zu den fünf größten Engpassberufsgruppen gehören dann voraussichtlich weiterhin medizinische Gesundheitsberufe, Büro- und Sekretariatsberufe, soziale und hauswirtschaftliche Berufe (etwa in der Betreuung von Senioren), Verkaufsberufe sowie Berufe in der Unternehmensorganisation und im Personalwesen.

Insgesamt aber wird die Zahl der fehlenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kammer zufolge in den kommenden 13 Jahren drastisch steigen.

Auch bundesweit wird das Personal knapp. "Trotz Corona-Krise und Ukraine-Krieg waren Fachkräfte in den letzten 30 Jahren noch nie so knapp wie heute", erklärte die Chefvolkswirtin der staatlichen Bankengruppe KfW, Fritzi Köhler-Geib kürzlich in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. "44 Prozent aller Unternehmen beklagten im April eine Beeinträchtigung ihrer Geschäftstätigkeit durch fehlende Fachkräfte." Einer aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Rhein-Neckar zufolge stufen 54 Prozent der Unternehmen in der Region den Fachkräftemangel jetzt bereits als Geschäftsrisiko ein. "Viele Unternehmen in der Region könnten mehr Aufträge annehmen, wenn sie ausreichend qualifizierte Bewerber für freie oder neu geschaffene Stellen hätten", meint Nitschke. "Dadurch verlieren wir enorm an Wertschöpfung und damit Wohlstand."

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Für dieses Jahr erwartet die Bundesagentur für Arbeit in ihrer Engpassanalyse einen Rekordwert sowohl im Bestand offener Stellen als auch im Zugang neu zu besetzender Stellen. Betroffen sind auch davon fast alle Branchen – vom Gastgewerbe über die Industrie bis zur Reinigung. Viele Stellen sind Monate vakant, bis sie besetzt werden können. Besonders in Industrie, Gastgewerbe, Verkehrsgewerbe, aber auch in den Managementabteilungen nimmt das Problem stark zu.

"Wir brauchen bis zum Ende des Jahrzehnts einen Ausgleich für sieben Millionen dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehenden Fachkräfte", erklärte auch Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich bei einer Veranstaltung.

Axel Nitschke von der IHK Rhein-Neckar benennt als Hauptursache für den Fachkräftemangel den demografische Wandel. Während mehr Babyboomer in Rente gehen, rücken weniger Fachkräfte aus Berufsausbildung oder aus den (Fach-)Hochschulen nach. Berechnungen der IHK zufolge wird das Durchschnittsalter der Beschäftigten in der Region bis 2035 von nun 45,6 Jahre auf 50,6 Jahre ansteigen. Nitschke appelliert daher an die Unternehmen, künftig noch stärker auf Aus- und Weiterbildung ihrer Belegschaft zu setzen: "Die digitale Transformation führt dazu, dass sich Berufsbilder und Anforderungen an die Mitarbeiter zukünftig schneller und häufiger ändern", sagt er. "Gleichzeitig werden Berufe mit Kundenkontakt immer stärker gefragt. Aus- und Weiterbildung sind das A und O."

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