Heizkosten

Stadtwerke-Kunden leiden unter den hohen Energiepreisen

Es droht mindestens eine Verdopplung der Preise. "Wir sind schon froh, wenn wir überhaupt noch Erdgas bekommen."

15.07.2022 UPDATE: 15.07.2022 06:00 Uhr 4 Minuten, 12 Sekunden
Mit Gas zu heizen wird deutlich kostspieliger. Foto: dpa

Von Matthias Kros

Heidelberg. Auf Gaskunden in Deutschland rollt eine Preiswelle zu. Die Bundesnetzagentur und Experten rechnen damit, dass sich die Abschläge bei der Heizkostenabrechnung stark erhöhen. Hintergrund ist eine Preisexplosion auf den Energiemärkten. Eine Entspannung ist nicht in Sicht. "Bei denen, die jetzt ihre Heizkostenabrechnung bekommen, verdoppeln sich die Abschläge bereits – und da sind die Folgen des Ukraine-Krieges noch gar nicht berücksichtigt", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Ab 2023 müssen sich Gaskunden auf eine Verdreifachung der Abschläge einstellen, mindestens."

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen rechnet damit, dass ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas schon jetzt für dieses Jahr mit Zusatzkosten von 1000 bis 2000 Euro rechnen muss. Auch die Versorger der Region stimmen ihre Kunden bereits auf Preiserhöhungen ein.

> Stadtwerke Heidelberg: "Angespannt, insbesondere der Gasmarkt", so beschreibt eine Sprecherin die Lage auf den Energiemärkten. Aufgrund der reduzierten Liefermengen aus Russland und der Gefahr, dass die Pipeline Nord Stream 1 nach Abschluss der Wartung nicht wieder in Betrieb gehe, seien die Beschaffungspreise für das Lieferjahr 2023 noch einmal deutlich gestiegen.

Die Stadtwerke Heidelberg hatten die Preise der Grundversorgung Gas zuletzt am 1. Juli angehoben. Und dabei dürfte es nicht bleiben: Je nach Lage an den Beschaffungsmärkten in den nächsten Monaten werde eine erneute Anpassung spätestens zum 1. Januar 2023 erfolgen müssen, kündigt die Sprecherin an. Auch beim Strom planen die Heidelberger zum Jahreswechsel eine Preiserhöhung.

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> Stadtwerke Walldorf: Entgegen dem aktuellen Trend habe man die Gaspreise noch nicht angepasst, erklärt Geschäftsführer Matthias Gruber. "Unsere Kunden profitieren derzeit noch von einer Preiskonstanzzusage und unserem vorausschauenden Erdgaseinkauf". Aber auch die Stadtwerke Walldorf könnten eine deutliche Anhebung der Gaspreise auf Dauer nicht vermeiden, da sich die Einkaufspreise gegenüber dem letzten Jahr vervielfacht hätten. Was das für die Kunden bedeute, hänge von der Beschaffungslage ab. "Eine Verdoppelung der Preise gegenüber dem letzten Jahr ist durchaus möglich", nimmt der Geschäftsführer kein Blatt vor den Mund.

Auch beim Strom werde man um eine baldige Preiserhöhung für alle Kunden nicht mehr herumkommen. Sie werde aber nicht so deutlich ausfallen wie beim Erdgas, verspricht Gruber.

> Stadtwerke Mosbach: Die aktuelle Lage auf den Energiemärkten sei hochgradig nervös, beschreibt Geschäftsführer Jürgen Jaksz die Lage. "Wir werden die Preise für unsere Vertragskunden zum 1. Oktober signifikant erhöhen müssen". Wie hoch genau stehe noch nicht fest, der Aufschlag werde aber sicher deutlich über 50 Prozent liegen, ähnlich sehe es bei der Fernwärme aus. Auch die Strompreise sollen zum 1. Januar 2023 steigen. "Da der Einkauf für 2023 noch nicht abgeschlossen ist, kann hier über die Erhöhung noch keine seriöse Aussage getroffen werden", so Jaksz.

> Stadtwerke Neckargemünd: Auch die Stadtwerke Neckargemünd, die nur Gas und Nahwärme liefern, können sich dem Marktgeschehen nach eigenen Angaben nicht entziehen. Bereits im Juli wurde deshalb der Gaspreis für alle erhöht, die keine langfristigen Verträge abgeschlossen haben. Der Preis für die Grundversorgung kletterte teilweise um über 50 Prozent. Auch künftig müssten sich die historisch hohen Preise im Großhandel stark auf die Endkundenpreise auswirken. "Wir werden gestiegene Kosten weitergeben müssen", heißt es aus Neckargemünd. "Eine seriöse Prognose, in welcher Höhe, können wir allerdings nicht geben".

> MVV Energie: Die Mannheimer verweisen auf ihre Beschaffungsstrategie, die generell mehrere Jahre im Voraus umfasse. Das bedeute, dass die MVV schon 2021 zu noch deutlich niedrigeren Beschaffungskosten Gas und Strom für 2022 eingekauft habe. "Genau das kommt unseren Kunden dieses Jahr noch zugute – noch", wie eine Sprecherin betont.

Aufgrund des Ukraine-Krieges und der drohenden Gasknappheit müsse man Energie nun zu erhöhten Marktpreisen beschaffen. "Das heißt zugleich, dass wir für 2023 im Durchschnitt deutlich höhere Preise für die Beschaffung von Strom und Gas haben werden", so die Sprecherin. "Wie sich die Situation in den kommenden Wochen und Monaten weiter entwickeln wird, kann aktuell niemand verlässlich kalkulieren".

> ZEAG: Der Heilbronner Versorger hatte bereits im April seine Gaspreise erhöht – "aufgrund der extrem gestiegenen Preise am Beschaffungsmarkt", wie es heißt. "Inwiefern und in welcher Höhe weitere Preisanpassungen notwendig sein werden, können wir zu diesem Zeitpunkt nicht seriös voraussagen", erklärt eine Sprecherin. Vieles werde davon abhängen, wie sich die Gasversorgungslage entwickele. Weil Russland weniger Gas liefere, habe sich die Dynamik an den Märkten weiter gesteigert. Hinzu kämen inzwischen weitere Einflussfaktoren, die mit Angebot und Nachfrage nichts zu tun hätten. Das alles lasse aktuell "keinerlei Prognosen zur weiteren Entwicklung der Preise zu". Beim Strom habe man die Preise "aufgrund einer vorausschauenden Beschaffungsstrategie" seit Anfang Januar 2021 stabil halten können.

> Stadtwerke Eberbach: Geschäftsführer Günter Haag ist ganz ehrlich: "Die Lage auf den Energiemärkten ist kaum zu beurteilen", sagt er. Sollte Nord Stream 1 wieder unter Volllast Gas liefern, dürfte sich die Lage entspannen. Dies sei aber eher unwahrscheinlich. Am schlimmsten sei natürlich ein Komplettstopp, da die Energiepreise dann "wahrscheinlich explodieren".

Die Stadtwerke Eberbach hätten ihre Strom- und Gaspreise aufgrund der sehr hohen Beschaffungspreise dieses Jahr bereits erhöht, so der Geschäftsführer. Aktuell ermittele man, ab welchem Beschaffungsniveau man nochmal nachlegen müsse, "sicherlich auch in Abhängigkeit von der Entwicklung bei Nord Stream 1".

> Stadtwerke Weinheim: Klare Worte finden die Stadtwerke Weinheim: "Als Stadtwerke sind wir froh, wenn wir überhaupt noch Angebote auf Erdgasanfragen erhalten", erklärt ein Sprecher. Falls ein Vertrag zustande komme, sei jedoch unklar, ob die Mengen auch geliefert werden könnten. "Der Energiemarkt ist derzeit nicht existent". Auf die Kunden kämen in jedem Fall Preiserhöhungen zu, erklärt der Sprecher. In welcher Höhe, das wollte der Sprecher nicht sagen. Es hänge von zahlreichen Faktoren ab, zum Beispiel der Verrechnung der geplanten Erdgasspeicherumlage .

> EnBW: Auch für einen Energiekonzern wie EnBW haben sich nach eigenen Angaben die Beschaffungspreise an den Energiebörsen im Laufe des letzten Jahres vervielfacht. Durch die Senkung der gelieferten Gasmenge durch Russland habe sich sowohl das Preisniveau als auch die Dynamik an den Energiemärkten weiter erhöht, erklärt ein Sprecher. "Die Lage insbesondere am Gasmarkt ist daher noch angespannter als Ende letzten Jahres". Zum 1. Juli habe man daher bereits eine Preiserhöhung vornehmen müssen, im Grundversorgungstarif habe sie bei rund 34,8 Prozent gelegen. Beim Strom lasse sich noch keine Vorhersage machen.

> Entega: Die Lage an den Energiemärkten bleibt angespannt und auch äußerst schwierig kalkulierbar, heißt es bei dem Darmstädter Versorger. "Durch unsere vorausschauende Einkaufspolitik können wir die Preissteigerungen für unsere Kunden abfedern, gleichwohl haben wir im laufenden Jahr auch die Preise individuell anpassen müssen und können weitere Preissteigerungen auch nicht ausschließen", heißt es. Die Höhe variiere abhängig von den jeweils in den Verträgen vereinbarten Preisgarantien.

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