Obersulm. (RNZ) Der Wasserverband Sulm hat am 1. Dezember vergangenen Jahres damit begonnen, den Breitenauer See abzulassen (siehe unten). Parallel dazu laufen derzeit die Vorbereitungen für das Abfischen. Voraussichtlich Ende April wird die Hochwasserschutzanlage leergelaufen sein. Bis dahin entnehmen Fischereiverein und Wasserverband die Tiere und setzen sie, wie bereits berichtet, zum größten Teil in Ausweichrefugien ein.
Die Planungen und Arbeiten dafür orientieren sich an strengen Naturschutzvorgaben. Der Wasserverband Sulm muss den Breitenauer See, der als Dauerstaubecken zentraler Teil eines Hochwasserschutzsystems ist, einer vertieften Sicherheitsüberprüfung unterziehen und Teile der Stauanlagen sanieren. Dazu ist es nötig, den Stausee zuvor zu leeren. Da in diesem Winter deutlich mehr Regen und Schnee gefallen sind als in den vergangenen Jahren, verstreicht allerdings auch mehr Zeit, als die ursprünglich kalkulierten 170 Tage, bis der See kein Wasser mehr enthält.
Das 2,4 Millionen Kubikmeter fassende Becken speist sich aus den Zuflüssen aus den Löwensteiner Bergen. Der Fischereiverein Breitenauer See, der das Gewässer vom Wasserverband Sulm gepachtet hat, rechnet mit rund zehn Tonnen Fisch. Um die Tiere schonend entnehmen zu können, muss der Pegel ausreichend niedrig, aber noch hoch genug für die Fische sein. Diese Bedingung ist im Laufe des Aprils erfüllt.
Die Helfer des Fischereivereins setzen unter anderem Schleppnetze ein. Sie setzen die Tiere zum größten Teil in die Vorsperre und andere Gewässer in der Umgebung ein. Um die Fische transportieren zu können, müssen Teile des Uferwegs kurzzeitig gesperrt werden. Sobald der See wieder genug Wasser führt, kehren die Tiere zurück.
Die Corona-Pandemie prägt auch das Abfischen. "Der Wasserverband stellt allen Helfern Masken und Schnelltests zur Verfügung, das Deutsche Rote Kreuz wird die Testungen vornehmen", erklärt Stefan Thoma, Vorsitzender des Wasserverbands und Bürgermeister in Weinsberg. Eine wichtige Rolle komme dem Naturschutz zu, betont Thoma. Der See und seine Uferbereiche seien wichtige Lebensräume und Brutstätten für besonders geschützte Tiere.
Um negative Folgen für besonders geschützte Arten so gering wie möglich zu halten, begleiten Fachleute und Behörden wie das Landratsamt Heilbronn und das Regierungspräsidium Stuttgart die Maßnahmen. Ein Gutachten der Arbeitsgemeinschaft Wasser- und Landschaftsplanung geht davon aus, dass keine streng geschützten europäischen Vogelarten betroffen sind. Brütende Wasservogelarten und am See überwinternde Arten werden auf die Vorsperre und andere Gewässer ausweichen.
Bereits im Dezember hat der Wasserverband den See aus zwei Gründen umzäunt: Einerseits soll der eingewanderte und die Krebspest übertragende Amerikanische Sumpfkrebs daran gehindert werden, sich in andere Gewässer auszubreiten, weshalb die Tiere eingesammelt werden. Außerdem vermutet die Untere Naturschutzbehörde ein Vorkommen an Erdkröten. Der Zaun soll verhindern, dass die Tiere zu den Laichplätzen im Breitenauer See wandern. Mitarbeiter des Wasserverbands und die Fischer setzen die Amphibien bei täglichen Kontrollen in umliegende Gewässer um. Helfer sammeln außerdem Muscheln ein und setzen sie in die Vorsperre.
Voraussichtlich im Mai 2021 beginnen die auf zwei bis drei Monate veranschlagten Bau- und Sanierungsarbeiten am Staudamm und den Uferbereichen. Ab dem Spätsommer 2021 staut der Wasserverband den See wieder an. Dieser steht je nach Ergiebigkeit der Niederschläge frühestens Ende 2022 wieder für Freizeitsport zur Verfügung.
Der Wasserverband weist darauf hin, dass die Helfer ungestört arbeiten können müssen und von Zuschauern nicht behindert werden dürfen. Verboten ist es, die Ufer und den See selbst zu betreten. Es drohen Schäden im Uferbereich, zudem können Menschen im Schlamm einsinken. Wegen vorübergehender Sperrungen ist mitunter mit Behinderungen für Fußgänger und Radfahrer auf dem Uferweg zu rechnen.
Update: Dienstag, 23. März 2021, 18.18 Uhr
Ablassen des Breitenauer Sees dauert noch bis Ende April
Die vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfung soll im Mai beginnen - Badegäste und Wassersportler gucken 2021 und 2022 in die Röhre
Weinsberg. (dpa/lsw) Das geplante Ablassen des Wassers im beliebten Breitenauer Sees bei Obersulm zieht sich noch länger hin. "Es dürfte Ende April werden, bis das Wasser ganz raus ist", sagte eine Sprecherin des Wasserverbands Sulm am Dienstag. Vorausgesetzt es regnet bis dahin nicht so stark." Ziel des Sanierungsprojektes ist es, die insgesamt einst 2,3 Millionen Kubikmeter Wasser in das Flüsschen Sulm abzulassen - in gemäßigtem Tempo, damit die Fische und Vögel, die hier ihr Winterquartier bezogen haben, nicht gefährdet werden.
Der bereits halb geleerte Breitenauer See bietet derzeit einen ungewohnten Anblick. Im Mai soll die Sanierung des Staubauwerks beginnen. Foto: GuzyDer künstlich angelegte See ist seit 1986 die größte Hochwasserschutzanlage des Wasserverbands und wichtig unter anderem für die Städte Heilbronn und Neckarsulm. Rückhaltebecken müssen alle 10 bis 20 Jahre untersucht werden. Dazu muss das komplette angestaute Wasser abgelassen werden, dieser Vorgang dauert rund 170 Tage. Der letzte komplette Seeablass ist nach Verbandsangaben schon 25 Jahre her.
Beim Ablassen gilt es auch, ein Ausbreiten des Sumpfkrebses zu verhindern. "Der Rote Amerikanische Sumpfkrebs verbreitet die für heimische Flusskrebsarten tödliche Krebspest und schädigt die heimische Fauna", hatte der Wasserverband bereits gewarnt. Es bestehe nun die Gefahr, dass sich der von Unbekannten dort eingeführte Krebs auf die Suche nach anderen Gewässern mache. Entlang einer Seeuferstrecke von 2,5 Kilometern Länge wurden Amphibienschutzzäune aufgestellt, um das Abwandern des unerwünschten Eindringlings zu erschweren. Krebse sollen abgefischt und umgesiedelt werden.
Nach Angaben des Naturschutzbunds Nabu ist der Rote Amerikanische Sumpfkrebs etwa zwölf Zentimeter groß. Er wird aufgrund seiner leuchtend roten Färbung gerne für heimische Aquarien gekauft und als Speisefisch geschätzt. Der Allesfresser vermehrt sich rasant und fresse Fisch- und Amphibienlaich. Der Exot ist eigentlich im Süden der USA und in Nordmexiko beheimatet, sorgt aber auch am Breitenauer See seit Jahren für Ärger.
Update: Dienstag, 9. März 2021, 15.22 Uhr
Breitenauer See ist für Sicherheitsprüfung bereits halb leer
Von Armin Guzy
Obersulm/Löwenstein. Nachdem das etwa 170 Tage dauernde Ablassen des Breitenauer Sees während der kalten Tage kurzzeitig ins Stocken geraten war, fließt das Wasser inzwischen wieder im geplanten Umfang ab. Inzwischen hat sich der Pegel deutlich gesenkt, und der See bietet den vielen Spaziergängern mit seinen breiten, schlammigen Flachzonen, die sonst unter Wasser liegen, ein ungewohntes Bild. Fast die Hälfte der insgesamt 2,3 Millionen Kubikmeter Wasser ist bereits in das Flüsschen Sulm abgelassen worden – in gemäßigtem Tempo, damit die Fische und auch die vielen Vögel, die hier ihr Winterquartier bezogen haben, nicht gefährdet werden.
Parallel läuft die Planung für die Zeit, wenn der See trockengelegt ist, was Ende April der Fall sein soll. Denn der größte See in Nordwürttemberg ist zwar ein über die Grenzen der Region hinaus bekanntes und beliebtes Badegewässer und zugleich ein Eldorado für viele Wassersportler, doch in erster Linie erfüllt er einen technischen Zweck: Der Breitenauer See ist mit seinem enormen Fassungsvermögen seit 1986 die größte Hochwasserschutzanlage des Wasserverbands Sulm und damit unter anderem für die Städte Heilbronn und Neckarsulm bedeutsam. Und damit das so bleibt, müssen der Damm und die technische Ausstattung alle 25 Jahre überprüft und, wie nun geplant, instandgesetzt werden.
Die Revision soll im Mai beginnen, etwa drei Monate dauern und rund 400.000 Euro kosten. Sie war eigentlich erst im kommenden Jahr geplant, wurde aber, wie berichtet, um ein Jahr vorgezogen, weil wegen der Pandemie nur eine eingeschränkte Badesaison erwartet wird. Weil der See nach den Reparaturen aber erst wieder befüllt werden muss, wird er auch im kommenden Jahr den Badegästen und Wassersportlern noch nicht zur Verfügung stehen. Im vergangenen Juli war der See wegen des enormen Besucherandrangs mit zahlreichen Verstößen gegen die Corona-Regeln gesperrt worden.
Damit der Wasserverband nicht erst mit den Planungen beginnen kann, wenn der Seegrund trocken liegt, wurden das Einlassbauwerk bereits vor Monaten von Experten abgetaucht, die sonst am Bodensee im Einsatz sind. "Uns ist schon weitgehend klar, was gemacht werden muss. So verlieren wir keine Zeit", sagt Daniela Wenninger, die Geschäftsführerin des Wasserverbands Sulm.
Während das Wasser nach und nach abläuft, sind bereits die Bäume und Sträucher am Ufer gestutzt und teilweise auch im größeren Umfang gerodet worden, um ungehinderten Zugang zum Ufer zu haben. Der auf ein Gesamtgewicht von zehn Tonnen geschätzte Fischbestand soll in der zweiten Aprilhälfte abgefischt und in die südlich des Sees gelegene Vorsperre und in Becken verschiedener Fischereivereine umgesiedelt werden. Und dabei könnte es dann doch ein paar Überraschungen geben, die noch unter Wasser warten: Erst vor wenigen Wochen hatte der Fischereiverein, der den See für seine Zwecke gepachtet hat, einen 1,70 Meter großen Wels gefangen – ein unerwartetes und wohl zehn Jahre Prachtexemplar.
Mit Spannung wird auch erwartet, wie viele Exemplare des Roten Amerikanischen Sumpfkrebses den See besiedeln. Der unerwünschte Bewohner, der wohl schon vor Jahren von Unbekannten dort ausgesetzt wurde, verdrängt heimische Arten und verbreitet sich rasant. Um ihm nun den Garaus zu machen, wurde rund um den See ein rund 2,5 Kilometer langer Zaun gezogen, der verhindern soll, dass die Amerikanischen Sumpfkrebse in Nachbargewässer flüchten. Er überträgt die tödliche Krebspest, gegen die er selbst immun ist. Gezeigt hat er sich bislang zwar nur vereinzelt, aber das dürfte sich mit sinkendem Seepegel und wärmeren Temperaturen schnell ändern. Im Gegensatz zu den heimischen Arten landet die unerwünschte, aber dennoch wohlschmeckende Spezies dann im Kochtopf.
Einschneidend ist das Ablassen des Breitenauer Sees auch für den benachbarten Campingplatz, den Betreiber des Bootsverleihs und den Heilbronner Segelclub. "Zwar bedeutet die Maßnahme eine weitere Belastung des Tourismus’ auf dem Weg aus der Corona-Krise zurück zur Normalität, angesichts der aber ohnehin aus zwingenden Vorgaben resultierenden Notwendigkeit der Sanierung des Breitenauer Sees und angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen wird das Vorgehen durch den Verein "Tourismus im Weinsberger Tal" aber voll mitgetragen", heißt es dazu in einer Mitteilung des Wasserverbandes.
Hier wird auf viele Monate hinaus kein Boot mehr an- oder ablegen: Der See steht Badegästen und Wassersportlern voraussichtlich erst nach 2022 wieder zur Verfügung. Foto: Armin Guzy