Das künftige Hochschulareal: Links der Bahngleise entsteht der Campus der TU München. Rechts stehen die Gebäude der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Grafik: Auer Weber Architekten
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Die Technische Universität München (TUM) ist immer für Schlagzeilen gut, ihre Forschungsergebnisse sind ebenso beeindruckend wie ihr Ranking in Hochschulvergleichen. Das ist nun auch für Heilbronn und Baden-Württemberg von hoher Relevanz. Denn am heutigen Donnerstag findet die feierliche Eröffnung des TUM Campus Heilbronn mit viel politischer und akademischer Prominenz statt. Es ist ein großer Tag für die Stadt, die sich fortan "Universitätsstadt" nennen kann.
Die Dieter-Schwarz-Stiftung (Kaufland/Lidl) hat mit ihrer Spende (die Rede war von 300 Millionen Euro) erreicht, dass sich die TUM auf dem Bildungscampus der Stiftung in Heilbronn ansiedelt - mit eigenem Campus, Garantie einer Voll-Unterstützung und -Finanzierung auf zunächst 30 Jahre für 20 Stiftungsprofessuren, 13 davon in Heilbronn, eingeschlossen auch die gesamte Infrastruktur. Alles neu und vom Feinsten.
Die TUM ist in der Betriebswirtschaftslehre die forschungsstärkste und dank der Stiftungsmillionen nun auch die größte Fakultät Deutschlands, ihr bester BWL-Forscher ist Wirtschaftsinformatiker Prof. Helmut Krcmar. Er ist Gründungsdekan des TUM Campus Heilbronn. Das kürzlich veröffentlichte Ranking der "Wirtschaftswoche" platziert die TUM im gesamten deutschsprachigen Raum zwar noch nach der Uni St. Gallen, aber vor Wien, Köln und Mannheim. Man erinnere sich: Trotz vielfältiger Zusammenarbeit mit Heilbronn hatte die Uni Mannheim beim Projekt "Universitätsansiedlung" das Nachsehen. Die TUM School of Management ist erst 16 Jahre alt, hat aber schon 40 Professuren und 5000 Studierende.
Die singuläre Großspende löste postwendend Fragen nach ihrer Auswirkung auf die Freiheit von Forschung und Lehre aus. In Heilbronn war der Jubel nach der Bekanntgabe der Kooperation im Februar 2018 groß, eine mediale, kritische und öffentliche Diskussion fand nur außerhalb statt. Der Noch-Präsident der TUM, Wolfgang A. Herrmann, verwies damals in "bayerischer Rua" auf den 2011 erlassenen "TUM Fundraising Code of Conduct" und erklärte, man lasse sich von nichts und niemanden beeinflussen. Inzwischen wird kolportiert, dass sich auch der Stifter dagegen gewehrt habe, mit Inhalten oder Details konfrontiert zu werden.
Kritisch sieht trotzdem Andreas Keller von der Bildungsgewerkschaft GEW die Entwicklung: "Eine Stiftung ist ein Steuersparmodell für Unternehmen. Der sauberere Weg wäre: Unternehmen wie Lidl bezahlen ganz normal Steuern. Dann kann der Staat mehr Geld in Forschung stecken."
In diesen Tagen wurde bekannt, dass Facebook mit 6,5 Millionen Euro die Initiative der TUM zur Erforschung der "ethischen Implikationen der Künstlichen Intelligenz" unterstützen wird. Auch dies macht deutlich, welche Formen der Wettbewerb um Wissen und um die Besten angenommen hat.
TUM-Dekan Gunther Friedl beschreibt, was eine bayerische Uni in Baden-Württemberg vorhat, so: "Wir wollen das Erfolgsgeheimnis der Familienunternehmen entschlüsseln, die ja zurecht als Rückgrat der deutschen Wirtschaft gelten." Und zum "vermeintlichen Nischenthema Wirtschaft und Technik", das in Heilbronn aufgebaut wird, meint er: "Wir machen unsere Studierenden fit für die Realität in den Unternehmen, in der diese beiden Welten untrennbar verbunden sind."
Für das laufende Wintersemester sind 40 Studierende aus 12 Nationen für die englischsprachigen Masterstudiengänge "Management und Innovation" (weiterbildend) und "Management und Technology" für Bachelorabsolventen aus den Ingenieur- und Naturwissenschaften eingeschrieben. Als Nächstes kommt der weiterbildende "Master of Laws" dazu.
Für die Zukunft rechnet man mit rund 1000 Studierenden. Ihnen werden optimale Studienbedingungen geboten, ein großer Standortvorteil im Wettbewerb um akademischen Nachwuchs. Anspruchsvolle Ausstattung und Architektur sind selbstverständlich. Höchstes Gebäude ist der neue "Turm" für die TUM. Ende 2019 werden eine neue, architektonisch ambitionierte Mensa, eine neue Bibliothek und die zum früheren Industrieareal gehörenden alten Wagenhallen fertig sein, letztere dann zu einem Start-up-Center ausgebaut.