„Es ist zeitgemäß, sich von beiden Parteien abzugrenzen“: Susanne Eisenmann. F.: dpa
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Im vergangenen Sommer hat die Südwest-CDU beschlossen, dass Kultusministerin Susanne Eisenmann (55) sie als Spitzenkandidatin 2021 in die Landtagswahl führen soll. Die aktuellen Turbulenzen in Erfurt und Berlin können ihr da gar nicht gefallen.
Frau Eisenmann, Annegret Kramp-Karrenbauer beklagt Fliehkräfte in der CDU, andere sprechen von Spaltung. Wie bedrohlich ist der Richtungsstreit?
Ich kann keinen Richtungsstreit in der CDU insgesamt erkennen. Wir ringen richtigerweise um mehr inhaltliches Profil, darum, wie wir in Berlin in der Großen Koalition wieder erkennbarer werden. Ich glaube aber, dass es in der Breite der Partei keinen Dissens bei der Abgrenzung nach links oder rechts gibt.
Ist es noch zeitgemäß, die Linke genauso zu behandeln wie die AfD?
Es ist zeitgemäß, sich von diesen beiden Parteien abzugrenzen – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Für mich ist es deshalb auch keine Gleichsetzung. Rechts muss man sich ja nur anschauen, wie bestimmte Personen der AfD auftreten: rassistisch, rechtsradikal, das ist völlig indiskutabel. Und ganz links reden wir über ein Welt- und Menschenbild, über einen Umgang mit der Geschichte – Stichwort DDR – oder Vorstellungen in der Wirtschafts- oder Sozialpolitik, die mit der CDU nicht mal im Ansatz im Einklang sind. Da gibt es klare Beschlüsse, die auch richtig sind. Alles andere wäre eine Form der Beliebigkeit, die dem Ansatz, inhaltlich klar erkennbar zu machen, wofür die CDU steht, völlig widersprechen würde.
Sollte es einen Unvereinbarkeitsbeschluss bezüglich der Werteunion geben?
Die CDU hat ein christlich-demokratisches Wertefundament. Dazu gehören Toleranz, Nächstenliebe und Wertschätzung gegenüber dem anderen, unabhängig von Herkunft, Religion, Hautfarbe oder Geschlecht. Wer sich hier nicht wiederfindet, ist tatsächlich in der falschen Partei. Ich bin nicht diejenige, die sagt, der eine kann Mitglied sein und der andere nicht, das halte ich auch für einen Fehler. Aber es muss jeder für sich prüfen, ob er sich in der CDU noch richtig verortet sieht.
Wer soll nun auf Kramp-Karrenbauer folgen?
Wir sollten nicht in Hektik verfallen, brauchen aber ein zügiges Verfahren. Wir können es uns nicht erlauben, bis Ende des Jahres mit der Entscheidung zu warten, weil inhaltliche Profilierung auch mit Personen zusammenhängt. Bis zum Sommer sollten wir wissen, wer Kanzlerkandidat für die nächste Bundestagswahl ist und dann gegebenenfalls auch den Bundesvorsitz übernimmt.
Wer kommt für Sie in Frage?
Wir haben qualifizierte Führungspersönlichkeiten, aber für mich stellt sich schon auch die Frage, ob wir uns jetzt nicht einen Generationswechsel zutrauen sollten. Der würde sicher eher beispielsweise mit Jens Spahn verbunden werden. Ich will die Entscheidung nicht am Alter festmachen. Aber wir sollten zumindest diskutieren, ob es um einen Übergang geht oder ob wir uns für die Zukunft aufstellen.
Kramp-Karrenbauer hat erklärt, Kanzlerschaft und Parteivorsitz gehörten wieder in eine Hand. Hat sie recht?
Ja. Natürlich müssen wir mit der CSU eine Lösung finden. Aber dass eine Trennung von Partei und Kanzlerschaft nicht sinnvoll ist, das hatten wir geahnt, und jetzt wissen wir’s.
Das heißt, wenn Sie Ministerpräsidentin werden, beanspruchen Sie auch den Landes-Parteivorsitz? Aktuell hat den ja Vize-Regierungschef Thomas Strobl.
Das ist jetzt überhaupt kein Thema. Für uns steht zunächst mal an, dass wir bei der Landtagswahl im März nächsten Jahres stärkste Partei werden. Dem ordnen wir alles unter.
Wie wichtig sind geregelte Verhältnisse an der Bundesspitze, wenn der Landes-Wahlkampf in die heiße Phase kommt?
Eine Landtagswahl ist immer auch von der Lage und dem Auftreten der Politiker in Berlin abhängig, das gilt auch für alle anderen Parteien. Ich gehe davon aus, dass es auch im Interesse der CDU Deutschland ist, dass wir in Baden-Württemberg wieder stärkste Partei werden. Deshalb erwarte ich, dass man uns im Blick hat, was für einen durchdachten Zeitplan spricht.