Von Falk-Stéphane Dezort
Obersulm. Das nahende Ende der Sommerferien, das eher milde Wetter und der damit verbundene nachlassende Besucherandrang machen eine schrittweise Öffnung des Breitenauer Sees möglich. Ab sofort darf dieser wieder von Seglern und Anglern befahren werden. Die Nutzung der Bootsstege und der Slipanlage ist ebenfalls wieder erlaubt. Geöffnet sind auch wieder die Liegewiesen oberhalb des Uferweges. Die Liegewiesen unterhalb des Uferwegs bleiben gesperrt. Freigegeben zur Nutzung sind ebenfalls der Spielplatz, die Sport- und Spielwiesen und die beiden Parkplätze.
Ab Montag, 14. September, (Schulbeginn in Baden-Württemberg) wird von Montag bis Donnerstag voraussichtlich auch wieder das Baden erlaubt sein. Von Freitag bis Sonntag bleibt das Badeverbot allerdings bestehen. Um das Infektionsrisiko dabei so gering wie möglich zu halten, werden die beiden Schwimminseln abgebaut. Außerdem bleiben die Absperrungen unterhalb des Uferweges. Es wird lediglich drei Zugänge zum Badestrand geben, über die die Zahl der Menschen im Badebereich kontrolliert und gesteuert wird.
Die schrittweise Öffnung wird möglich, weil aufgrund der kühleren Witterung und mit Ende der Ferien der Besucherandrang erfahrungsgemäß nachlässt. Die Einhaltung und Überwachung der Bestimmungen der Corona-Verordnung sind damit wieder leistbar. Dies war an den heißen Wochenendtagen im Juli mit über 10 000 Besuchern pro Tag nicht mehr der Fall. Da das Gebiet sehr weitläufig und der See nicht umzäunt ist, konnte die Besucherzahl nicht reguliert werden. Das unterscheidet den Breitenauer See von anderen Wasserflächen im Landkreis Heilbronn (Ehmetsklinge, Elsenzsee, Katzenbachstausee und Mühlbachsee), die nicht gesperrt wurden.
Vor allem auf dem relativ kleinen Badestrand und in den Menschenansammlungen vor den sanitären Anlagen, dem Kiosk und dem Bootsverleih wurden die Abstandsregeln und die Maskenpflicht nicht eingehalten. Es bestand deshalb ein zu hohes Infektionsrisiko für viele Menschen und die Gefahr, dass der Breitenauer See zu einem sogenannten "Hotspot" mit Streuwirkung weit über den Landkreis hinaus hätte werden können. Eine Ermittlung der Kontaktpersonen wäre nicht möglich gewesen.
Alle Lockerungen stehen unter dem Vorbehalt, dass sich das Infektionsgeschehen im Landkreis Heilbronn und in der Region nicht entscheidend verschlechtert. "Für die Besucher, insbesondere die im direkten Umfeld, ist der Breitenauer See ein idyllisches Naherholungsgebiet und die Öffnung ein Geschenk, mit dem zugleich vorsichtig umgegangen werden muss und zugleich auch eine Herausforderung. Denn natürlich wird jetzt auch weiter alles davon abhängen, dass die Menschen sich an die Hygiene- und Abstandsregeln halten," freut sich die CDU-Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Neckarsulm, Isabell Huber, über die Öffnung.
Damit sich kein ähnliches Bild wie in diesem Sommer auch 2021 zeichnet, wurde eine Konzept erstellt, das allerdings noch mit dem Naherholungszweckverband abgestimmt werden muss. Das Arbeitspapier sieht neben Online-Tickets auch eine Besuchergrenze vor. Zusätzlich sollen noch die Parkplätze P1 und P2 bereitgestellt werden. Die Campinggäste sollen gegenüber Tagesbesuchern Vorrang haben und deren Anzahl wird von der Besuchergrenze abgezogen. So haben Camper immer Zugang zum Breitenauer See.
Darüber hinaus sollen dort auch das Rauchen und Grillen sowie Musik aus Lautsprechern verboten werden. Dafür bedarf es allerdings noch der Zustimmung des Kreistags und der Kreispolizeibehörde.
Update: Donnerstag, 3. September 2020, 17.46 Uhr
Von Brigitte Fritz-Kador
Obersulm/Löwenstein. So weit muss man es erst einmal bringen: Die Titelstory einer der jüngsten Ausgaben des "Spiegel" befasste sich mit dem Corona-Leichtsinn der Deutschen – das doppelseitige Aufmacherbild dazu lieferte der Breitenauer See. Auch andere Medien griffen darauf zurück, um zu illustrieren, was sich dort am ersten so richtig heißen Sommerwochenende und nach der eingeschränkten Lockerung der Schutzmaßnahmen getan hatte.
Die offenkundigen Verstöße gegen die Abstands- und Hygienerichtlinien haben bekanntlich zur Sperrung des Sees geführt – und diese ist bis heute nicht aufgehoben. Die Stadt Löwenstein und die Gemeinde Obersulm erließen am 24. Juli eine Allgemeinverfügung, die die Sperrung sämtlicher Bade- und Wassersportaktivitäten und die Liegewiesen umfasst, ebenso die Schließung aller Parkplätze am See. Lediglich der See-Rundweg darf weiter genutzt werden.
In die Entscheidung eingebunden waren das zuständige Polizeirevier Weinsberg und das Polizeipräsidium Heilbronn, die die Einhaltung der Maßnahmen überwachen. Das Campen auf dem beliebten Platz, das derzeit ohne See nur ein sehr eingeschränktes Vergnügen ist, wird mit zehn Prozent Nachlass rabattiert. Der Zulauf beziehungsweise die Sperrung hatte zu chaotischen Verkehrsverhältnissen geführt. Appelle an die Badegäste, auch vom Obersulmer Bürgermeister Tilman Schmidt, auch Vorsitzender des Naherholungszweckverbandes Breitenauer See, von einem Besuch abzusehen, hatten nicht gefruchtet, ebenso wenig die Verwarnungen, die die Polizei ausstellte – nach dem Bußgeldkatalog des Landes sind das Summen zwischen 100 und 1000 Euro.
Stattdessen kochte der Volkszorn hoch und hat sich bisher auch nicht beruhigt. Das Gesundheitsamt hatte die Sperrung befürwortet, ein Fall von ortsbedingter Ansteckung ist bisher nicht bekannt geworden. Das – auch bildlich dokumentierte – Verhalten der Besucher, angefangen bei Verkehrsstau und den langen Warteschlangen vor Kiosk und Bootsverleih und auf der "gespuckt vollen" Liegewiese führte dazu, dass die Gemeinden respektive der Zweckverband feststellten, eine Durchsetzung und Kontrolle der Schutzmaßnahmen sei bei einem solchen Massenandrang nicht mehr zu leisten, ebenso wenig eine Zugangskontrolle, denn der See hat viele Zugänge.
Was kaum zur Beruhigung beitragen wird, ist die Tatsache, dass andere Kreisgemeinden anders handeln. Einen überwachten Zugang gibt es beispielsweise für die Ehmetsklinge. In etwa das hier angewandte Muster schwebt auch Reinhold Gall für den Breitenauer See vor. Der SPD-Landtagsabgeordnete, Bürger von Obersulm und Innenminister des Landes von 2011 bis 2016, geht mit den Verantwortlichen für die Sperrung hart ins Gericht: In einer Pressemitteilung dazu spricht er von einem "sturen Festhalten an der Vollsperrung des Breitenauer Sees", das nicht nur ein Ärgernis für die Bevölkerung, sondern auch "Ausdruck politischen Unwillens" sei.
Neben seiner Kritik an den zuständigen Behörden und deren Festhalten an der Sperrung, fordert er ein "tragfähiges Betriebskonzept, das einerseits dem verständlichen Wunsch nach Infektionssicherheit und andererseits den Interessen der Bürger nachkommt: "Alles was zum Beispiel in Freibädern möglich ist, sollte auch am See funktionieren." Man werde "ohne Regeln und Einschränkungen auch in der Freizeit diese Pandemie sicher nicht überstehen, aber "was möglich und machbar ist, sollte umgehend in den zuständigen Entscheidungsgremien von Zweckverband und Gemeinden erörtert werden."