Darf man so dicht beieinander vor der Wahlkabine Schlange stehen? Das musste diese beiden Schwarzwaldmädchen in Kirnbach beim Urnengang 2016 noch nicht kümmern. 2021 ist alles anders. Archiv-Foto: Patrick Seeger
Von Roland Muschel
Stuttgart. Eine Verschiebung der Landtagswahl wegen der Pandemie wie in Thüringen wird es in Baden-Württemberg nicht geben. "Das ist kein Thema bei uns. Die Landtagswahl am 14. März 2021 findet statt. Denn unsere Demokratie ist auch in der Pandemie voll handlungs- und entscheidungsfähig", sagte der zuständige Innenminister Thomas Strobl (CDU). Eine Verschiebung komme "nicht infrage", legte sich auch Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz fest. Er werbe dafür, die Möglichkeiten der Briefwahl zu nutzen: "Die Briefwahl ist mit Abstand die sicherste Wahlmöglichkeit." Strobl verwies auf "Dutzende Bürgermeisterwahlen", die im vergangenen Jahr stattgefunden hätten – "immer unter Einhaltung des Gesundheits- und Infektionsschutzes".
Am Donnerstag hatten sich in Erfurt die Spitzen von Linke, SPD, Grünen und CDU geeinigt, wegen die ursprünglich für den 25. April geplante Neuwahl des Thüringer Landtags auf den 26. September 2021 zu verschieben, den Tag der Bundestagswahl. Bedenken gab es vor allem wegen der Wahlvorbereitungen.
Thüringen hat derzeit mit 288 Infektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen die höchste Infektionsrate unter den Bundesländern; Baden-Württemberg liegt mit 131 etwas unter dem Bundesdurchschnitt.
Vor allem rechtlich ist die Ausgangslage in Thüringen eine völlig andere als im Südwesten. Der reguläre Wahltermin in Thüringen wäre erst 2024. Derzeit regiert eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke). Sie ist auf Zusammenarbeit mit der oppositionellen CDU angewiesen. Die vier Parteien hatten sich auf die vorgezogene Wahl verständigt, um möglichst eindeutige Mehrheitsverhältnisse im Parlament zu schaffen. Anders als in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo am 14. März 2021 regulär gewählt wird, können die Vorbereitungen in Thüringen erst nach Auflösung des Landtags losgehen.
Die sind in Baden-Württemberg bereits weitgehend abgeschlossen. Vor allem aber endet im Südwesten die reguläre Wahlperiode am 30. April 2021. "Die Neuwahl muss folglich vor diesem Wahltermin stattfinden", teilte Landeswahlleiterin Cornelia Nesch mit. Aufgrund der Vorschriften in der Landesverfassung wäre eine Verschiebung des Wahltermins "kaum möglich". Der Spielraum beschränkt sich allenfalls auf wenige Wochen: Laut Artikel 30 der Landesverfassung muss die Wahl "vor Ablauf der Wahlperiode" stattfinden; spätestens am Tag 16 nach Beginn der neuen Wahlperiode muss der neue Landtag zusammentreten. Das ist der 16. Mai 2021.
Einen vom Städtetag unterstützten Vorstoß von Grünen-Fraktionschef Schwarz, die Hürden für die Briefwahl zu senken, hatte Strobl Ende 2020 abgelehnt. Schwarz forderte, wie in einigen US-Staaten bei der Präsidentenwahl Briefwahlunterlagen an alle Wahlberechtigten zu verschicken.
Aus "verfassungsrechtlichen Gründen" werde man "am Erfordernis einer bewussten Entscheidung für die Briefwahl festhalten", beschied ihn der Minister. Das Antragsverfahren sei aber unkompliziert. Er gehe daher auch davon aus, dass viele Wähler diese Möglichkeit nutzen werden.