„Eine Freundschaft besteht nicht“? Das behauptet das Sozialministerium zum Verhältnis zwischen Minister Manne Lucha und Kabarettist Christoph Sonntag. Foto: dpa
Von Jens Schmitz, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) gerät in der Affäre um ein Demokratieprojekt des Kabarettisten Christoph Sonntag zunehmend unter Druck: Ungeachtet der Förderung durch sein Ministerium habe er sich von Sonntag zweimal zum Abendessen einladen lassen, räumte Lucha am Dienstag vor Journalisten ein. "Das war ein großer Fehler." Die Termine seien privater Natur gewesen und hätten keinen Einfluss auf Entscheidungsprozesse gehabt.
Hintergrund ist ein Jugendprojekt der gemeinnützigen GmbH "Stiphtung Christoph Sonntag". Das Vorhaben namens "A-B-C-D-E-Mokratie neu buchstabiert!" sollte Demokratie für Minderjährige erlebbar machen, auch unter Einbindung humoristischer Ansätze. Über die Landeszentrale für politische Bildung (LpB) hat Luchas Ministerium die Workshops in den Jahren 2018 und 2019 mit 211.000 Euro unterstützt. Dann wurde eine Fortsetzung aufgrund von "möglichen Ungereimtheiten" abgelehnt.
Die Opposition hält das Projekt nicht nur für überteuert. Sie wittert eine bevorzugte Behandlung durch den Minister. Lucha hatte sich 2017 bei einem Arbeitsessen von Sonntag informieren lassen, bevor dessen Idee den Antragsweg ging. Eine Kurznachricht an den Kabarettisten soll er mit "Dein persönlicher Minischder" unterschrieben haben. Luchas Kritiker sprechen von Kungelei unter Amigos, das Ministerium von Flapsigkeiten: "Eine Freundschaft besteht nicht."
Vergangene Woche hatte Lucha im Sozialausschuss eingeräumt, dass er seit 2017 mit Sonntag noch zwei weitere Male essen war. Wer bezahlt habe, wisse er nicht auf Anhieb. "Das wurde nicht von mir bezahlt", ergänzte er nun auf Nachfrage. "Und das war ein großer Fehler."
„Eine Freundschaft besteht nicht“? Das behauptet das Sozialministerium zum Verhältnis zwischen Minister Manne Lucha und Kabarettist Christoph Sonntag. Foto: dpaEiner Richtlinie der Landesregierung zufolge dürfen Kabinettsmitglieder unter anderem dann keine Geschenke annehmen, wenn der Verdacht besteht, dass damit eine Beeinflussung beabsichtigt ist. Luchas Ministerium bestätigte am gestrigen Dienstag ein Abendessen am 10. Dezember 2018 und am 20. Februar 2019. Im Frühjahr 2019 lief bereits Sonntags Antrag auf eine Fortsetzung seines Projekts. Dazu kam es allerdings nicht. Im Juli 2019 lehnte das Ministerium eine Fortsetzung ab.
Der Kabarettist hat die "Stiphtung Christoph Sonntag" 2007 gegründet; sie kümmert sich unter anderem um benachteiligte Kinder und Jugendliche. Im Jahr 2015 erhielt Sonntag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Verdienstorden des Landes.
Vier Jahre später brachte ein Scheidungskrieg sein Lebenswerk ins Wanken. Ende Juni 2019 nämlich schrieb Sonntags Noch-Schwiegermutter dem Sozialminister und erhob schwere Vorwürfe. Sie beschuldigte Sonntag, neben Spenden auch die von Lucha bewilligten Steuermittel als "Selbstbedienungsladen" zu nutzen. Sonntag wies dies Vorwürfe zurück, inzwischen prüft die Staatsanwaltschaft.
Luchas Ressort hatte zuvor schon moniert, dass Sonntag zu wenig Workshops außerhalb von Schulen organisiert habe. Außerdem hatte er als Geschäftsführer der "Stiphtung" mit vier Gesellschaften sogenannte Hilfspersonenverträge geschlossen, bei denen das Ministerium die Gefahr unangemessener Verflechtungen sah: Geschäftsführer und/oder Prokuristen dieser Gesellschaften waren Sonntag selbst, seine damalige Frau, und weitere Personen, die bereits Arbeitsbeziehungen zu seinem Firmenkonstrukt unterhielten.