Ein Erzieher an einem Kindergarten in Heilbronn muss sich vor dem Amtsgericht Heilbronn verantworten; ihm wird der Besitz von mindestens 10 000 Bildern und 900 Videos mit kinderpornografischem Inhalt vorgeworfen. Symbolfoto: dpa
Von Brigitte Fritz-Kador
Heilbronn. Der Vorwurf ist schwerwiegend. Ein Erzieher an einem evangelischen Kindergarten in Heilbronn muss sich am 16. März vor dem Amtsgericht Heilbronn verantworten; ihm wird der Besitz von mindestens 10.000 Bildern und 900 Videos mit kinderpornografischem Inhalt vorgeworfen, die man auf seinem heimischen Rechner gefunden hat.
Die Erschütterung in der evangelischen Kirche in Heilbronn ist groß: "Wir sind so was von schockiert", sagt Kirchenpfleger Rolf Krieg von der Gesamtkirchengemeinde, "und wir versuchen, irgendwie damit fertig zu werden." Nach Bekanntwerden der Vorwürfe und des anstehenden Gerichtsverfahrens waren alle Eltern am gestrigen Freitagnachmittag zu einem Gespräch eingeladen worden. Schon befragt habe man, sagt Krieg, bereits alle Erzieher und Mitarbeiter. Keiner von ihnen habe irgendwelche Anhaltspunkte gehabt, die zu einer Vermutung über die dem Erzieher zur Last gelegten Taten geführt hätten.
Ermittlungen sind Sache der Polizei und der Staatsanwaltschaft, sagt Krieg. Er erinnere sich an einen Anruf von der Polizei im vergangenen Jahr mit dem Hinweis auf Ermittlungen. Auf seine Frage, ob eine der Einrichtungen der Kirche betroffen sei, sei dies damals ausdrücklich verneint worden.
Tatsächlich laufen die Ermittlungen aber schon seit 2016. Bei der letzten Jahrespressekonferenz der Staatsanwaltschaft Heilbronn waren Ermittlungen zu Kinderpornografie und deren Nutzer auch Thema. Frank Rebmann, der Heilbronn Oberstaatsanwalt, sagte damals, das "bedeute oft endlose Sichtung von Material", was im Fall von Kinderpornografie auch für die Ermittler besonders belastend sei. Was man dabei zu sehen bekomme, um die Vergehen zu definieren, das möchte man keinem zumuten."
Kirchenpfleger Krieg sagt, die Vorwürfe gegen den Mitarbeiter beziehen sich seiner Kenntnis nach nur auf die Nutzung von kinderpornografischen Seiten, nicht aber darauf, dass der vormalige Mitarbeiter auch selbst Bilder produziert habe.
Das gewisse zeitliche Vakuum zwischen Anklageerhebung und der umgehenden Entlassung des Mitarbeiters nach Bekanntwerden der Anklage fällt auf. Dazu sei es laut Krieg auch deshalb gekommen, weil das einzige, ihm dazu vorliegende Schreiben der Staatsanwaltschaft, das auf 3. Januar datiert ist, ihm über einen regionalen Briefversand erst am 8. Januar zugestellt worden sei.
Der in der Heilbronner Nordstadt auch in unmittelbarer Nähe zu seinem letzten Arbeitsplatz wohnende Angeklagte war seit einigen Jahren Angestellter der Kirche. Im Internet gibt es einen Bericht mit Foto, das ihn 2014 zusammen mit einer Bundesministerin zeigt. Er wurde bei einem Bundeskongress in Berlin als Gewinner eines vom Ministerium ausgelobten Videowettbewerbs prämiert. Das dafür eingereichte Video bekam bei der Online-Abstimmung mit mehr als 1000 Stimmen den ersten Platz. Krieg hatte ihn damals zur Preisverleihung begleitet.
Auf seiner eigenen Homepage, die seit gestern Vormittag offline ist, fand man bislang viele Bilder, die ihn mit Scharen von Kindern zeigten, bei Ausflügen von Jugendfreizeiten und anderen Veranstaltungen. Und ellenlang war auch die dort veröffentlichte Liste seiner unter "Referenzen" aufgeführten sonstigen Tätigkeiten. Als Partymanager, als Ballonkünstler in einem renommierten Hotel, bei Auftritten auf Theaterbühnen, auch am Heilbronner Theater, oder bei Kinderkleiderbasaren. 2003 belegte der Erzieher einen Babysitterkurs beim Deutschen Kinderschutzbund und empfahl sich unter der Anschrift seiner letzten Arbeitsstätte als "Zertifizierter Elternberater", nach dem er 2012 die entsprechende Weiterbildung bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienbildung und Beratung e.V. absolviert hatte.
"Selbstverständlich haben wir in vollem Umfang mit den ermittelnden Behörden kooperiert", sagt Rolf Krieg - und: "Die Staatsanwaltschaft hat keine Anhaltspunkte dafür, dass in der Einrichtung Aufnahmen gemacht wurden. Der Vorgang ist für uns alle unfassbar."