Von Daniel Bräuer
Heidelberg. Fast genau ein Jahr ist es her, dass sich in Schwetzingen die "WerteUnion" gründete, eine konservative Organisation an der CDU-Basis. Nun kommt sie am Samstag zu ihrer Jahrestagung erneut in Schwetzingen zusammen und verabschiedet ihr "Konservatives Manifest". Ein Gespräch mit dem Bundesvorsitzenden Alexander Mitsch aus Plankstadt:
Herr Mitsch, zu Beginn der Koalition bestimmten auf Unionsseite Horst Seehofer und Jens Spahn die Schlagzeilen. Sie müssten zufrieden sein, oder?
Ja, ich glaube, dass Horst Seehofer und Jens Spahn richtige Akzente gesetzt und richtige Diskussionen begonnen haben. Es tut der Union gut, Innere Sicherheit und Einwanderung zu thematisieren und hier auch ein klares Profil zu gewinnen.
Was ist richtig daran, die alte Frage noch einmal aufzumachen, ob der Islam nun zu Deutschland gehört?
Diese Frage bewegt die Menschen in Deutschland. Sie haben Sorge darum, ob die Gesellschaft in 20 oder 30 Jahren weiterhin europäisch, westlich, christlich geprägt ist oder von anderen Werten, eventuell islamisch. Wir müssen als Politik diese Sorgen aufnehmen und dazu auch klar Stellung beziehen.
Nun hat Angela Merkel Seehofer in Sachen Islam öffentlich widersprochen…
Ich habe das als großen Fehler empfunden. Ich glaube, dass die Menschen in Deutschland zu einer sehr großen Mehrheit klare Worte hören wollen.
Warum ist es so schwer zu sagen: Wenn hier fünf Millionen Muslime leben, ist der Islam ein Teil von Deutschland? Sie können ihnen doch nicht ihre Religion verbieten.
Das ist richtig. Wir haben Religionsfreiheit. Das ist ein Wert, den wir sehr schätzen und erhalten wollen. Das unterscheidet uns auch von anderen Staaten. Aber der politische Islam mit der Scharia und dem Anspruch, dass er in das Leben des Einzelnen hineinregiert, der gehört nicht zu Deutschland. Sehr wohl gehören die Muslime zu Deutschland, die sich angepasst haben und unsere Gesellschaft und die Art und Weise respektieren, wie wir leben. Das tut der politische Islam nicht.
Also müsste die Frage lauten: Welcher Islam gehört zu Deutschland?
Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland, aber die Menschen, die an den Islam glauben, die können zu Deutschland gehören. Insofern ist das für mich eigentlich relativ klar.
Sehen Sie nicht die Gefahr, dass man mit der Aussage "Eure Religion gehört hier nicht hin" erst recht ausgrenzt und Parallelgesellschaften erzeugt?
Nein. Man muss hier ein ganz klares Signal setzen, dass wir unsere christliche, westliche, europäische Kultur auch über die nächsten Jahrzehnte behalten wollen. Und da gehört ein politischer Islam einfach nicht dazu.
Was bezwecken Sie mit dem "Konservativen Manifest"?
Wir wollen deutlich machen, dass die Union wieder einen starken marktwirtschaftlichen und freiheitlich-konservativen Flügel hat und dass wir eine inhaltliche Neuaufstellung fordern.
Keine Sorge, die Partei zu spalten?
Im Gegenteil: Die Debatte über das konservative Profil wird die Union stärken. Es gibt nicht wenige Parteimitglieder, die mit der CDU hadern und nur nicht austreten, weil es die "WerteUnion" gibt.
Wie fällt Ihre Bilanz nach einem Jahr "WerteUnion" aus?
Wir haben uns als Basisbewegung sehr gut organisiert. Wir sind in 15 Bundesländern vertreten. Das ist schonmal sehr wichtig, dass wir ein deutschlandweites Netzwerk sind. Die Tatsache, dass morgen Herr Hagel zu uns sprechen wird…
… der Generalsekretär der baden-württembergischen CDU …
… der uns vor einem Jahr noch skeptisch gesehen hat, zeigt auch, dass wir mittlerweile in der Union etabliert sind.
> Dringen Sie auch bis in die Parteispitze oder die Regierung durch?
Das glaube ich sehr wohl. Wir wissen, dass unsere Themen auch in höheren Gremien Anklang finden. Wir wissen auch, dass einige Politiker im Kabinett und in der Fraktionsspitze durchaus unsere Positionen vertreten.
In der Regierungsmannschaft sind Sie aber mit keinem Mitglied vertreten.
Das ist auch nicht unser Anspruch. Die Arbeit in den höheren Gremien ist zunächst Aufgabe des Berliner Kreises in der Fraktion beispielsweise. Das ist unsere Speerspitze des konservativen und wirtschaftsliberalen Flügels im Parlament. Wir sind die deutschlandweite Basisbewegung. Und wir arbeiten gut zusammen.
Mir fiel auf, dass Sie nur noch von programmatischer Erneuerung sprachen.
Die personelle Erneuerung ist schon auf einem ganz guten Weg. Wir haben eine neue Generalsekretärin. Und wir wollen, dass auf dem kommenden Bundesparteitag auch an der Parteispitze ein Wechsel stattfindet. Das ist nach wie vor unser Ansatz, mit der inhaltlichen auch eine personelle Erneuerung zu verbinden.
Wer sollte denn Angela Merkel schon 2018 ablösen?
Die CDU hat jede Menge gute Leute, die mehr Verantwortung übernehmen könnten. Ich will mich aber im Vorfeld des Parteitags nicht festlegen. Ich freue mich auf eine gute Diskussion, aus der der beste Kandidat hervorgehen sollte.
Nun ist die CDU keine Partei, die zu Kampfkandidaturen neigt…
Das ist so. Das muss aber nicht immer so sein. Das ist ja nichts Schlimmes, dass man sich mal inhaltlich streitet und das mit einer Kandidatur hinterlegt. Das ist völlig normal in einer Demokratie.
Aber kennen Sie jemanden, der bereit wäre, offen gegen Merkel aufzustehen?
Das Jahr hat gerade begonnen. Der Parteitag ist Ende des Jahres. Von daher haben wir an der Stelle noch genug Zeit.