The Länd & The Stätes

Kretschmann startet auf USA-Werbereise

Der Ministerpräsident besucht mit einer Delegation die Vereinigten Staaten – trotz eines Bund-Länder-Gipfels.

30.09.2022 UPDATE: 30.09.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 23 Sekunden
Nicht seine erste USA-Reise: Winfried Kretschmann im Jahr 2018 vor dem Rathaus von San Francisco. Foto: dpa

Von Theo Westermann, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Reisen in die USA an der Spitze einer großen Delegation gehören unzweifelhaft zu den politischen Höhepunkten im Leben eines Ministerpräsidenten. Kaum ein Ministerpräsident der vergangenen Jahrzehnte wollte die Bühne USA missen. Auch Winfried Kretschmann war schon zweimal mit einer großen Delegation dort, nämlich 2015 (Kalifornien) und 2018 (Kalifornien sowie die kanadischen Städte Toronto und Ottawa).

Nun steht die dritte Reise bevor. Ab Sonntag, 2. Oktober bis Freitag, 7. Oktober hält sich der Ministerpräsident erneut in den USA auf – und das trotz der anstehenden Bund-Länder-Schalte mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am kommenden Dienstag. Kretschmann werde "per digitaler Zuschaltung teilnehmen", so das Staatsministerium am Donnerstag. Vor Ort werde der Bevollmächtigte des Landes Baden-Württemberg beim Bund, Rudi Hoogvliet, anwesend sein. Zuvor war spekuliert worden, ob Kretschmann angesichts der Bedeutung des Gipfel seine Reise absagen müssen.

In den vergangenen beiden Corona-Jahren waren die offiziellen Reiseaktivitäten des Ministerpräsidenten begrenzt. Es reichte nur zu einem mehrtägigen Trip nach Großbritannien, wo das Land im November 2021 ein eigenes Büro eröffnete, und zu kleineren Besuchen in der Schweiz und in Frankreich. Ziele sind diesmal Pittsburgh im Bundesstaat Pennsylvania, Sacramento und Los Angeles in Kalifornien. Thema der Reise ist die Rolle von Künstlicher Intelligenz in der Medizin und für den Verkehr der Zukunft sowie die Cybersicherheit.

Die in den USA beabsichtigte politische Botschaft ist im Prinzip immer die gleiche: Es gilt, Baden-Württemberg, inzwischen laut neuem Marketingslogan "The Länd", als starken Wirtschafts-, Wissenschafts- und High-Tech-Standort zu präsentieren. Seit der Amtszeit Kretschmanns kam noch das Klimathema hinzu. Ein Empfang aus Anlass des Tags der Deutschen Einheit am 3. Oktober in Pittsburgh trägt dann auch launig den Titel "The Länd & The Stätes".

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Gleichzeitig geht es darum, in den USA Türen für Wirtschaft und Wissenschaft aus dem deutschen Südwesten zu öffnen und Lernbereitschaft zu signalisieren. An eine Lektion eines USA-Trips erinnerte Kretschmann erst kürzlich beim Grünen-Landesparteitag in Donaueschingen: "Aus dem Silicon Valley habe ich mitgenommen: Think big!" Er bezog dies auf Maßnahmen in der Klimakrise.

Kretschmann wird begleitet von einer 100 Personen starken Delegation, darunter Vertreter von Politik, Wissenschaft, Forschung, Medizin, Wirtschaft und Verbänden. Mit dabei sind unter anderem Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die Grünen-Minister Winfried Hermann (Verkehr), Danyal Bayaz (Finanzen) und Petra Olschowski (Wissenschaft). Für die CDU ist Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut dabei, die die Wirtschaftsdelegation bei teils eigenen Programmpunkten anführt. Die Fraktionsvorsitzenden Andreas Schwarz (Grüne), Manuel Hagel (CDU) und Andreas Stoch (SPD) fliegen ebenfalls mit.

Pittsburgh und Los Angeles wurden mit Bedacht gewählt. Pittsburgh, nach Philadelphia zweitgrößte Stadt im Bundesstaat Pennsylvania, einst geprägt durch die Stahlindustrie, rutschte wie andere Großstädte des sogenannten Rust Belt in eine tiefe ökonomische Krise. Die Stadt hat aber den Strukturwandel geschafft und gilt heute als erfolgreicher Standort für Banken, Biotechnologie und Dienstleistungsgewerbe. Auch Baden-Württemberg steht vor einer tiefgreifenden Transformation, etwa der Automobilindustrie. Die Wirtschaftsdelegation erhält dort unter anderem Einblicke in das Thema Künstliche Intelligenz und ihre Anwendungsmöglichkeiten im Gesundheits- wie im Verkehrssektor, besucht mehrere Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

In Sacramento, der Hauptstadt des Bundesstaats Kalifornien, trifft der Ministerpräsident Gouverneur Gavin Newsom, aber auch den früheren Gouverneur Jerry Brown, mit dem Kretschmann eine politische Freundschaft verbindet. Kretschmann und Jerry Brown gehören nämlich zu den Gründervätern der weltweiten Klimaallianz der Regionen ("Under2 Coalition"). Beim Besuch 2018 wurde die Landespartnerschaft mit Kalifornien neu begründet.

Letzte Station der Reise ist Los Angeles. Dort steht neben Medizin und Medizintechnik auch das Thema Verkehr im Vordergrund. In der Region leben rund 13 Millionen Menschen, auf vielspurigen Autobahnen quält sich der Verkehr in die und aus der Stadt. Los Angeles ist Gastgeberin der Olympischen Sommerspiele 2028. Deshalb arbeitet die Großstadt an einem Staureduzierungsplan, die Kommunalpolitiker wollen das Mobilitätsverhalten ändern, Nahversorgerkonzepte sollen entwickelt werden.

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