In Heilbronn herrscht Verwirrung ums Wollhaus-Zentrum

Machen es die Eigentumsverhältnisse zum Spekulationsobjekt? - Stadt und Strabag AG bleiben bei Abriss, andere wollen die Sanierung

03.06.2015 UPDATE: 05.06.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden

Was geschieht mit dem Wollhaus-Zentrum? Die diffizilen Eigentumsverhältnisse lassen eine schnelle und einvernehmliche Lösung in weite Ferne rücken. Foto: bfk

Von Brigitte Fritz-Kador

Für das Jahr 2019, also wenn die Bundesgartenschau in Heilbronn stattfindet, wünscht sich OB Harry Mergel nur noch eine Baustelle in der Stadt: die des Wollhauszentrums. Von der ursprünglichen Vorstellung, an dieser Stelle könnte bis zu dahin die noch in der Amtszeit von OB Helmut Himmelsbach angestoßene Neubaulösung für Heilbronns "Schandfleck" durch die Kölner Strabag Realt Estate AG stehen, hat man sich längst verabschiedet. Der Grund sind die diffizilen Eigentumsverhältnisse an dem Objekt.

Neben der Stadt und der Strabag, ist es eine dänische Investorengruppe und die Frankfurter "Wollhaus Lisker, Lisker und Weiss GbR". Das Wollhaus sieht inzwischen, vor allem seit der Räumungsverkauf der Kaufhof-Filiale begonnen hat und die meisten Turmmieter ausgezogen sind, nicht nur aus wie eine Spekulationsimmobilie - sie ist es offenbar auch.

Diese "andere" Eigentümergruppe hat nun offenbar ein schon vor mehr als einem Jahr angekündigtes Alternativkonzept entwickelt, nachdem das Wollhaus-Zentrum saniert und mit einer neuen Fassade verkleidet werden soll - eine Vorstellung, die etwa der in der Stadtgestaltung aktiven Gruppierung "Agenda 21" auch nicht fremd ist. Sie hinterfragt schon länger, ob man in Sinne von Nachhaltigkeit ein solches Betongebirge überhaupt abreißen kann oder muss. Die Stadtinitiative Heilbronn, der Zusammenschluss der Einzelhändler, führt sich gerne als "Stadt in der Stadt" auf, kennt die Alternativpläne auch - seltsamerweise aber nicht die Bauverwaltung. Liegenschaftsamtsleiter Semenass hat keine Kenntnis von dem Vorhaben und es liegen nach Auskunft von Pressesprecher Anton Knittel auch keine Anfragen oder Anträge vor.

Der Gemeinderat hat sich 2014 Jahr nicht nur für den Abriss und Neubau im Sinne der Strabag-Pläne ausgesprochen, er hat zum Jahresende als Voraussetzung für deren Verwirklichung das Areal Ende 2014 zum erweiterten Sanierungsgebiet erklärt. Mit der Baumaßnahme nach Strabag-Vorstellung, auch hier käme dem "Einkaufen" zentrale Bedeutung zu, wäre auch ein weitreichender Eingriff in die Straßenführung verbunden. Der Strabag liegt ein Kaufangebot der Stadt über deren nicht unerhebliche Besitzanteile am Wollhaus vor, auf das diese jedoch noch nicht eingegangen ist. Warum, darüber kann man nur spekulieren. Will man erst dann kaufen, wenn man ganz sicher ist, auch die Anteile der bisher Unwilligen erwerben zu können? Stimmt der Preis nicht oder hakt es woanders?

Die Pressestelle des Kölner Unternehmens kommentiert, ohne auf die Alternativpläne einzugehen, die jüngste Entwicklung so: "Die Strabag Real Estate plant nach wie vor, die Entwicklung des Wollhaus-Zentrums in Heilbronn mit Abriss und Neubau umzusetzen. Wir befinden uns in fortgeschrittenen Verhandlungen mit den verschiedenen Eigentümern - auch jenen der großen Flächen." Mehr könne man zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen, bestätigt wurde, dass "die ECE (Bauherrin und Eigentümerin der Stadtgalerie) als unsere Projekt-Partnerin in die Entwicklung eingebunden ist". Und die Stadt bleibt dabei und verweist auf den "Willen des Gemeinderats: "Die Stadtverwaltung hat nach wie vor das Ziel, das Wollhaus abzureißen, damit die Fläche für eine neue Immobile mit ansprechender Architektur und zeitgemäßen Verkaufsflächen Platz macht." OB Mergel hatte sich immer wieder dahin gehend geäußert, bis zum Jahresende eine Lösung gefunden zu haben.

Der Wille von Judka Lisker (Lisker GbR) entspricht wohl eher seiner Äußerung von 2013: "Das Objekt bleibt stehen." Die Lisker GbR war 2010 im Zusammenhang mit ihrem Teileigentum (75 Prozent) am Böblinger Kaufzentrum in die Schlagzeilen geraten, das damals auf Antrag der schwedischen SEB-Bank als Gläubiger durch das Amtsgericht Stuttgart unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. Grund sollen ausbleibende Zahlungen zur Tilgung von Hypotheken gewesen sein, für die der Eigentümer ausbleibende Mietzahlungen verantwortlich machte. Für die noch im und rund um das Wollhaus angesiedelten Heilbronner Einzelhändler ist die Ungewissheit zu einer existenziellen Frage geworden. Existenzbedrohend aber könnte es auch werden, wenn in dem sowieso mit Textilketten überladenen Heilbronn im Wollhaus-Zentrum die umstrittene Billighandelskette "Primark" einziehen würde, die offenbar Interesse gezeigt hat.

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