Heilbronner Lerchenberg-Tunnel

Neue Ideen für ein fast vergessenes Bauwerk

Aus einem Stück Industriegeschichte soll als Radweg und als Kunstmeile ein Stück Zukunft werden

06.04.2017 UPDATE: 07.04.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden

Die Anlage ist das letzte noch erhaltene Verkehrsbauwerk aus der Jahrhundertwende und ein "monumentales Zeugnis" der Industriegeschichte Heilbronns. Sie gehört noch der Bahn. Ob diese sich wohl künftig die Unterhaltskosten sparen wird? Foto: bfk

Von Brigitte Fritz-Kador

Den "Tunnelblick" sollte man nicht haben, wenn es um die jüngste Bürgerinitiative in Heilbronn geht: die Wiederbelebung des Lerchenberg-Tunnels im Osten der Stadt als Rad- und Fußgängerweg mit Kunstbegleitung. Der Tunnel liegt sehr vielen Heilbronnern sehr am Herzen, sie verbinden damit ein Stück Stadtgeschichte - manche auch persönliche Erinnerungen. Heute gestandene Männer erinnern sich gerne daran, als Jugendliche für eine "Mutprobe" durchgelaufen zu sein, teilweise auch zu Zeiten, als hier noch Züge fuhren.

Die Trasse vom Südbahnhof führt unter dem Lerchenbuckel, wie man umgangssprachlich die etwa 40 Meter hohe Erhebung nennt und an der vorzugsweise reiche Bürger wohnen, hindurch und kommt am Hauptfriedhof im Wannental wieder heraus. Diese Anlage, alles in allem sehr gut erhalten, sei ein Schatz, den es zu heben gelte, sagt man bei der Bürgerinitiative - bei der Stadtverwaltung ist es keiner, weil es Geld kostet. In der Sitzung des Bauausschusses Ende Oktober 2015 hieß es auf eine Anfrage von Stadtrat Kempf (SPD), dass allein ein Gutachten für eine Wiederbelebung 120.000 Euro kosten würde und die Kosten für die eigentliche Sanierung "grob geschätzt" siebenstellig seien.

Diese Entmutigung blieb nicht von Dauer. Denn jetzt wurde der "Verein Erlebnisweg Lerchenbergtunnel" gegründet, der interfraktionell geführt wird von den Stadträten Wolf Theilacker (Grüne) und Wolfgang Palm (CDU) sowie Heidrun Landwehr (SPD) und dem sich bereits eine ganze Reihe prominenter Heilbronner angeschlossen haben, darunter auch die Künstler Michael Hieronymus und Peter Riek. Vereinsziel ist es, zunächst über Spenden ein neues Gutachten zu finanzieren und danach durch den Tunnel auf der schon vorhandenen Trasse einen Weg anzulegen, der nicht nur der umweltschonenden Fortbewegung von Fußgängern und Radfahrern dienen, sondern auch als Kunstmeile eine Attraktion werden soll.

Noch gehört der Tunnel der Deutschen Bahn, aber die Tunnelerneuerer sind sich sicher, dass diese eigentlich froh sein müsste, den zugewachsenen und nutzlosen Tunnel loszuwerden. Zumal es hier eine moralische Verpflichtung gibt: 1897 hat die Stadt der Bahn nicht nur das Gelände kostenlos zur Verfügung gestellt, sie hat auch 115.000 Mark als "Freiwilligkeitsleistung" dazugegeben, um für die aufstrebenden Industriebetriebe der Stadt hier eine Verbindung vom Süd- zum Hauptbahnhof zu schaffen.

Bis in die 1960er-Jahre herrschte hier noch lebhafter Eisenbahnbetrieb, jetzt entstehen hier gerade Hunderte neuer Wohnungen. Schon 2012 hat die Bahn auf Anfrage von Wolf Theilacker erklärt, sie würde gerne verkaufen. Lebhaften Betrieb soll es nun auch wieder geben. Als Radweg wäre hier nicht nur eine fast ebene Verbindung von Süd- zur Oststadt geschaffen, von der auch die Hochschule in Sontheim leicht erreichbar wäre, sondern, weitergehend über den Bottwartalradweg, auch Marbach. Theilacker verweist darauf, dass das Land gerade den Bau von Radwegen sehr großzügig unterstütze.

Zur ersten "Bürgerversammlung" des neuen Vereins kamen überraschend viele Heilbronner, auch Naturschützer, die um das hier entstandene Biotop fürchten. Tatsächlich herrschen hier im Stadtgebiet urwaldähnliche Naturzustände. Die Befürworter sehen diese nicht als Problem, wohl aber als Beitrag zur Verringerung der Verkehrs- und Luftprobleme in der Stadt. Mit Lichtkunst könnte außerdem eine Touristenattraktion geschaffen werden. Vorbilder hierfür sind Wuppertal und der Schlossbergtunnel in Tübingen. Die Kernaussage: "Es gibt in Deutschland 700 Bahntrassen-Radwege. Wenn es anderswo geht, dann auch in Heilbronn!" Dass dieses Ziel allerdings schon zur Bundesgartenschau 2019 erreicht werden kann, ist zweifelhaft, nicht zuletzt, weil derzeit viele städtische Mittel in Richtung Buga fließen.

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