Wofür soll die Schuldenbremse gelockert werden?
Ab 2020 dürfen keine neuen Kredite aufgenommen werden - Landtag kann Ausnahmen definieren - Darum ringen Opposition und Regierung

Erhöhen gemeinsam den Druck auf Grün-Schwarz: die Fraktionschefs Stoch (SPD, l.) und Rülke (FDP). Foto: Sebastian Gollnow
Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Der Fraktionschef der Grünen im Landtag, Andreas Schwarz, erhöht den Druck auf die Oppositionsfraktionen SPD und FDP, sich auf eine Regelung zur Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verständigen. "Wir sollten so schnell wie möglich zu einer Einigung kommen und die jetzige Hängepartie beenden. Mein Ziel ist es, einen Konsens der vier Fraktionen Grüne, CDU, SPD und FDP herzustellen", so Schwarz gegenüber dieser Zeitung. Das Gesprächsangebot versieht er indes mit einer klaren Warnung: "Wir lassen uns nicht erpressen. Leider habe ich den Eindruck, dass die Opposition eine Blockadepolitik betreibt und das Thema mit sachfremden Erwägungen verquicken will."
Ab 2020 gilt die Schuldenbremse des Grundgesetzes. Die Länder dürfen fortan keine neuen Kredite aufnehmen. Die im Grundgesetz vorgesehenen Ausnahmetatbestände für Naturkatastrophen, Notsituationen oder eine negative Entwicklung der Konjunktur kann Baden-Württemberg nur nutzen, wenn sie im Landesrecht verankert sind. "Andernfalls hätten wir in Ausnahmesituationen keine weiteren Spielräume", warnt Schwarz. Das gelte auch für künftige Regierungen, egal welcher Couleur.
Die Regierung benötigt für eine Änderung der Landesverfassung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag und damit die Zustimmung von mindestens einer Oppositionsfraktion. Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) hat zuletzt Ende Dezember 2018 die Fraktionen zum Gespräch über einen Vorschlag ihres Hauses eingeladen - ohne Ergebnis.
Ein zentraler Streitpunkt ist, wer bestimmen würde, wann eine Notsituation vorliegt, die ausnahmsweise eine Schuldenaufnahme erlauben würde: die Regierungsmehrheit oder eine Zweidrittelmehrheit? Letzteres fordert die Opposition mit dem Argument, dass die Schuldenbremse sonst ausgehöhlt werde. "In einer Notsituation muss eine Regierung rasch und zielführend handeln. Die Notwendigkeit einer Zwei-Drittel-Mehrheit würde sie erpressbar machen", sagt dagegen Schwarz.
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FDP und SPD weisen die Vorhalte zurück. "Wer etwas will, muss auch etwas geben", sagt FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Beide Fraktionen werfen der Regierung vor, 2017 im Haushaltsvollzug mehr Geld ausgegeben zu haben als geplant und fordern, das Delta auszugleichen. Es geht um rund 650 Millionen Euro. FDP und SPD haben sich geeinigt, Grün-Schwarz dazu zwei alternative Vorschläge zu machen: Die Regierung soll die Summe entweder komplett tilgen - oder hälftig und die andere Hälfte der Summe für die Schaffung einer Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) zur Ankurbelung des Wohnungsbaus verwenden. Ersteres würde die FDP bevorzugen, letzteres die SPD, beide tragen beide Varianten mit. "Die SPD und wir lassen uns an dieser Stelle nicht auseinanderdividieren", macht Rülke klar.