Neckarbogen Heilbronn: Wird das gepriesene Pilotprojekt zum Spekulationsobjekt?
Rückzug der Kirchen ist der zweite Tiefschlag - Studentenwohnheim statt "Haus der Ökumene"

Der Siegerentwurf aus dem Planerwettbewerb der Kirchengemeinden wird nach deren Rückzug zwar umgesetzt. Allerdings wird das Gebäude nur außen unverändert bleiben. Das Innere wird so umgeplant, dass Wohneinheiten für Studenten entstehen. Visualisierung: müller.architekten
Von Brigitte Fritz-Kador
Die beliebten Zählreime, die man früher den Kindern vorsang, die aber heute nicht mehr "politisch korrekt sind", endeten meistens mit "da waren’s nur noch ..." So ein Lied passt auch auf die Entwicklung im Neckarbogen mitsamt der Frage, ob das, was hier geschieht "politisch korrekt" ist.
Dieser Frage wird sich der Gemeinderat der Stadt Heilbronn zum Jahresbeginn stellen müssen, er hat sich ja schließlich die oberste Entscheidungsgewalt über die Bebauung des Neckarbogens vorbehalten. Innerhalb dieser hat er den Kirchen zuvor ein Sonderrecht eingeräumt: Sie mussten für ihr wirklich zeichensetzendes Projekt eines "Haus der Ökumene" nicht ins Investorenauswahlverfahren, sie bekamen ein bevorzugtes Grundstück, sie durften einen Architektenwettbewerb ausschreiben und erhielten für den Siegerentwurf (Müller Architekten, Heilbronn) reichlich Beifall. Jetzt, nachdem die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen und Katholischen Gesamtkirchengemeinden Heilbronn und der Evangelisch-methodistischen Kirche Bezirk Heilbronn aus Kostengründen zurückzogen, heißt die Alternative plötzlich doch: Kirche oder Kommerz.
Gewackelt hat das "Haus der Ökumene" schon länger, den Ausfall nennt Dekan Otto Friedrich einen Imageschaden für die Kirche, wo man doch mit so viel Herzblut dabeigewesen wäre. Buga-Geschäftsführer Hanspeter Faas, auch zuständig für die Entwicklung des neuen Stadtteiles, wurden laut eigener Aussage vom Rückzug der Kirchen kalt erwischt. Auf kalt folgte postwendend "heiß": Die Nachricht, dass es nun doch wieder einen Investor für das Projekt gibt, war es OB Harry Mergel wert, sogar während einer Gemeinderatssitzung zu verkünden, dass es wieder Hoffnung gebe.
Der neue Investor ist der "alte": Paulus Wohnbau aus Pleidelsheim, mit ihm hatten auch die Kirchen zuletzt verhandelt, mit ihm wird das nun auch die Buga GmbH tun. Allerdings: Die Nutzung des ambitionierten Hauses wird eine andere sein: als Studentenwohnheim.
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Das Kirchenkonzept sah dagegen Räume für die Gemeinde- und Studentenarbeit mit gastronomischer Ergänzung vor, unter anderem einen Raum der Stille, dazu Wohnungen für Studierende mit und ohne Benachteiligungen. Inklusion in allen Bereichen war ein wichtiger Bestandteil. Das endgültige Aus für das "Haus der Ökumene" kam zu dem Zeitpunkt, als die Kosten auf dem Tisch lagen: Über sieben Millionen Euro - dazu wären im Vorfeld, gleich zu finanzieren, 150.000 Euro für Ingenieurgutachten gekommen. So war - laut Kirchen, "eine wirtschaftlich vertretbare Umsetzung vor dem sozial-karitativen Hintergrund des geplanten Projektes nicht mehr möglich."
Zweifel daran, ob die Kirchen wirklich alles versucht haben, klingt in den Äußerungen von Faas an. Paulus habe ein seriöses Angebot gemacht, und leider hätten die Kirchen mit der Buga GmbH im Vorfeld nicht geredet. Den Ausfall nennt er einen "großen Beinbruch, sie werden im sozialen Gefüge des Stadtteils fehlen, wo sie eine wichtige Rolle hätten spielen sollen."
Durch den Rückzug der Kirchen und die aussichtsreichen Bemühungen von Investor Paulus, zusammen mit dem Architekten das Projekt in umgewidmeter Form weiterzuführen, hat das Ganze nun aber eine politische Dimension bekommen, die nicht nur jenen, die im Investorenauswahlverfahren nicht berücksichtigt wurde, aufstoßen mag. Denn der Sonderstatus des "Haus der Ökumene" bleibt, auch wenn jetzt der soziale Zweck und die inhaltliche Wertigkeit entfallen. Was hier der Investor, der für die Kirchen zu teuer war, für den sich aber ein reines Studentenwohnheim zu rechnen scheint, auf dem Silbertablett erhalten könnte, stellt eine erhebliche Ungleichheit gegenüber den Bedingungen dar, die für die anderen Investoren galten.
Faas ist sich der politischen Dimension dieser Entwicklung bewusst, er sagt, dass es dazu nun auch eine politische Entscheidung durch den Gemeinderat der Stadt Heilbronn geben müsse. Hatten am Ende die Architekten recht, die Konstellation ohne Gestaltungswettbewerb zuvor heftig kritisierten? Warum blieb ein unter ökologischen Gesichtspunkten hochinteressantes Projekt eines Studentenwohnheims unberücksichtigt, wenn man jetzt doch mit einem solchen rechnen muss?
Faas plädiert für die pragmatische Lösung: Entweder einen "Nachrücker" wählen oder eben Paulus den Zuschlag samt der Sonderkonditionen zu geben. Alles andere sei schon angesichts des Zeitdrucks illusorisch. Die Bau- und Bewertungskommission werde eine Empfehlung an den Gemeinderat geben.
Empfohlen hat sich Investor Paulus auch schon damit, dass er sich als Investor auch um den Bau der ersten Tiefgarage bemüht, der Zuschlag dafür erfolgt in diesem Fall durch die Investoren, die sie für ihre Bauprojekte gemeinsam benötigen.



