Neuer Datenschutzbeauftragter

Tobias Keber sieht sich nicht als Bremser

Der neue Landesbeauftragte erwartet aber, frühzeitig eingebunden zu werden.

27.05.2023 UPDATE: 27.05.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 52 Sekunden
Symbolfoto: dpa​
Interview
Interview
Tobias Keber (49)
ab Juli Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit

Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart

Stuttgart. Streng genommen ist Tobias Keber (49) noch gar nicht im Amt. Zwar hat der Landtag den promovierten Juristen am Mittwochabend mit großer Mehrheit zum neuen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (LfDI) gewählt, doch die Leitung der Behörde übernimmt der bisherige Professor erst im Juli. Wie er das Amt ausüben will, hat er sich aber schon ziemlich genau überlegt.

Herr Keber, Sie sind gerade erst gewählt, aber schon beim LfDI auf Youtube präsent: als Darsteller im "Datenschutzlied"-Video. Wie kam es denn dazu?

Ich habe mit meinem Vorgänger im Amt, mit Stefan Brink, häufiger Projekte zusammen gemacht. Die Idee hinter dem Song war, das oft als staubig wahrgenommene Thema Datenschutz mit einem Zwinkersmiley zu kommunizieren. Ich finde, das ist gelungen und höre auch, dass es manchmal in Datenschutz-Schulungen genutzt wird.

An Ihrer neuen Position dürfte es deutlich ernster werden. Wie wappnen Sie sich für die Härte der politischen Auseinandersetzung?

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Es wird auf Durchsetzungsfähigkeit ankommen, aber auch darauf Kompromisse zu finden. Natürlich gibt es rote Linien des Rechts, aber grundsätzlich kann man mit mir über alles reden.

Der Landesregierung war es offenbar wichtig, einen LfDI zu finden, der für einen gestaltenden Datenschutz steht. Wie viel Nähe zur Exekutive suchen Sie?

Man sollte immer und vor allem früh miteinander reden. Ich war ja mal Rechtsanwalt. Da kamen Mandanten häufig erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen war. Wer sich früh berät, kann vieles umschiffen. Wenn die Regierung etwas plant, beispielsweise eine neue Technik einführen will, wäre es sicher gut, den Datenschutz nicht erst einzubinden, wenn das Produkt schon fertig. Zum Abnicken wurde ich nicht gewählt.

Das Verhältnis Ihres Vorgängers zu führenden Mitgliedern der Landesregierung war völlig zerrüttet. Haben Sie schon Kontakte aufgenommen?

Ich habe mich bei den Regierungsfraktionen vorgestellt. Es stellt sich natürlich immer die Frage, wie politisch man ein solches Amt versteht. Meine Aufgabe sehe ich darin, am gesellschaftlichen Diskurs zum Datenschutz und zur Informationsfreiheit teilzunehmen. Ich verstehe mich nicht als politisch gestaltender Akteur, sondern leite eine unabhängige Behörde, die an Recht und Gesetz gebunden ist. So verstehe ich jedenfalls die Gewaltenteilung.

Sie werden die Regierungsfraktionen aber brauchen, um Ihre Behörde zu gestalten, beispielsweise, wenn Sie neue Leute brauchen.

Da hoffe ich, mit Argumenten zu überzeugen. Wenn man mit Zahlen belegen kann, dass bestimmte Abläufe personell stark unterbesetzt sind, oder es neue Herausforderungen gibt, nehmen wir das Thema KI, dann hoffe ich, mit Sachargumenten überzeugen zu können.

Man hört, Ihr Amt brauche dutzende neue Stellen, um den vielen Beschwerden nachgehen zu können. Wie sehen Sie das?

Beschwerden gibt es viele, das ist richtig, und natürlich muss jede Behörde ihren gesetzlichen Aufgaben nachkommen können. Vielleicht kann man auch Verfahren optimieren, etwa durch technische Hilfsmittel. Aber wenn man gar nicht mehr zu Rande kommt, muss man schauen, ob man mehr Kapazitäten braucht. Aber das kann ich noch nicht beurteilen.

Die EU-Datenschutzgrundverordnung sieht für die Ernennung von Personen in Aufsichtspositionen "transparente Verfahren" vor. Ihre Berufung haben die Grünen intransparent hinter verschlossenen Türen beschlossen. Sind Sie Mitglied der Partei oder ihr sonst irgendwie verbunden?

Nein, bin ich nicht. Hinter Ihrer Frage steht ja der Wunsch, solche Posten öffentlich auszuschreiben. Manche Bundesländer und EU-Staaten tun das, rechtlich vorgeschrieben ist es nicht. Wenn Sie mich fragen, ob eine Ausschreibung im Sinne der Transparenz wäre, würde ich sagen: Das kann man machen und ich hätte mich auch auf eine Ausschreibung beworben.

Im Schulbereich gab es zuletzt viele Datenschutz-Konflikte, etwa um die Nutzung von Microsoft-Produkten. Wie gehen Sie diese Themen an?

Man muss die Produkte, um die es geht, technisch bis ins letzte Detail verstehen. In der bundesweiten Debatte um "Microsoft 365" geht es darum, welche Daten genau wie verarbeitet werden. Da muss man tief in den Maschinenraum. Ich bin ich mir auch nicht sicher, ob das schon überall ausgeleuchtet ist. Dazu muss man natürlich auch mit den Anbietern sprechen. Das lohnt sich. Konzerne wie Microsoft oder Zoom haben zuletzt durchaus nachgebessert.

Datenschützer werden oft als Bremser wahrgenommen. Wie gehen Sie damit um.

Bleiben wir mal beim Thema Digitalisierung der Schulen. Meine originäre Aufgabe ist, Datenschutzrecht durchzusetzen, und das werde ich tun. Dabei schaue ich genau hin und es kann schon sein, dass beispielsweise Berufsschulen anderes behandelt werden müssen als Grundschulen. Aber natürlich müssen wir uns auch als Gesellschaft fragen, welche Produkte wir in Schulen einsetzen wollen. Natürlich funktionieren viele dieser Produkte, von denen wir da sprechen, sehr gut. Aber wollen wir uns wirklich von einzelnen Anbietern abhängig machen, die aktuell eine dominante Stellung im Markt haben und deren Produkte wir nicht abschließend verstehen? Wenn ich dieses Jahr Lizenzen zu irgendeinem Produkt zu einem bestimmten Preis kaufe und meine Schule darüber organisiere, kann es mir passieren, dass der Preis für die Lizenzen ein Jahr später sehr stark erhöht wird.

Ihr Vorgänger Stefan Brink lobt Ihre Berufung als "herausragende Wahl". Nur ein Kompliment oder auch eine Bürde?

Sicher beides. Unabhängig von den netten Worten meines Vorgängers, der aus meiner Sicht sehr gute Arbeit geleistet hat, freue ich mich auf diese Aufgabe und habe Respekt vor ihr.


Zur Person

> Tobias Keber ist Jurist. Der 49-Jährige war zuletzt Professor für "Medienrecht und Medienpolitik in der digitalen Gesellschaft" an der Hochschule der Medien Stuttgart. Außerdem hatte er einen Lehrauftrag für Internet- und Multimediarecht an der Universität Mainz. Er hat Fachbücher über Medien-, IT- und Datenschutzrecht geschrieben. Vor seiner akademischen Laufbahn war er Rechtsanwalt. Keber ist verheiratet, hat drei Kinder und ist nach eigenen Worten kein aktives Mitglied einer Partei.

> Der Landtag wählte Keber am Mittwoch zum neuen Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. 133 Abgeordnete gaben ihre Stimme ab. 117 stimmten mit Ja, acht mit Nein und acht enthielten sich. Vorgeschlagen hatten ihn die Grünen, die dieses Vorschlagsrecht im Zuge der Koalitionsverhandlungen mit der CDU für sich ausgehandelt hatten. Keber soll im Juni von Landtagspräsidentin Muhterem Aras ernannt werden und sein Amt zum 1. Juli antreten. Die LfDI-Behörde wird sein Jahresbeginn kommissarisch geleitet. Der bisherige Amtsinhaber Stefan Brink hatte nach sechs Jahren auf eine zweite Amtszeit verzichtet.

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