Lehrermangel in Baden-Württemberg

Eltern wollen gegen Bildungspolitik klagen

"Verheerende Situation" durch zu viel Unterrichtsausfall an Gymnasien - Kultusministerin verweist auf Lehrermangel

28.09.2018 UPDATE: 29.09.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden

Lehrer einstellen, statt Schulden zu tilgen: Das fordern die Eltern. Foto: dpa

Von Bettina Grachtrup

Stuttgart. Elternvertreter an Gymnasien fühlen sich mit ihrer Sorge wegen Unterrichtsausfällen an den Schulen von der grün-schwarzen Landesregierung nicht ernst genommen. Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Elternbeiräte an Gymnasien (Arge) im Regierungsbezirk Stuttgart, Michael Mattig-Gerlach, sprach am Freitag von einer "verheerenden Situation" an den Schulen, weil es zu wenig Lehrerstellen gebe. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) müsse bei Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) mehr Stellen einfordern. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sei selbst Lehrer gewesen. Dass er diese Situation akzeptiere, sei unbegreiflich.

Mattig-Gerlach bekräftigte Pläne, wonach die Arge Stuttgart vor dem Verwaltungsgericht wegen der Unterrichtsausfälle klagen will. Mittlerweile gebe es auch einen konkreten Schüler, der über den Unterrichtsausfall an seiner Schule Buch geführt habe und dessen Fall vor Gericht verhandelt werden solle. Die Arge argumentiert, dass der Schüler in Konkurrenz zu jungen Menschen aus anderen Bundesländern wegen des hohen Unterrichtsausfalls in Baden-Württemberg geringere Zukunftschancen habe. Wann die Klage eingereicht und wie sie finanziert wird, ist laut Mattig-Gerlach aber noch offen.

"Baden-Württemberg schafft es, eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen", sagte Mattig-Gerlach mit Verweis auf die Pläne der Landesregierung für den Landeshaushalt 2018/2019. Zugleich sei es aber offenkundig nicht möglich, den Schulunterricht sicherzustellen. Die Arge Stuttgart fordert neben zusätzlichen Planstellen an den Schulen auch kurzfristige Maßnahmen wie die zeitweise Einstellung von Quereinsteigern in den Schuldienst, um die Lage zu entspannen.

Kultusministerin Eisenmann verwies auf ein Maßnahmenpaket gegen Lehrermangel und darauf, dass es derzeit einen Bewerbermangel gebe. "Der Fachkräftemangel schlägt sich leider auch auf dem Lehrermarkt nieder." Damit hätten alle Bundesländer zu kämpfen - der Mangel sei in anderen Gegenden sogar noch deutlich höher. Baden-Württemberg halte daran fest, nur voll ausgebildete Lehrer dauerhaft in den Schulen einzustellen. Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, blieben nur zwei strukturelle Maßnahmen: größere Klassen oder eine Anhebung der Unterrichtsverpflichtung für die Lehrer. "Es besteht politisch Konsens, dass wir diese beiden Wege nicht gehen wollen."

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Unterstützung bekamen die Elternvertreter von SPD, FDP und AfD. Der SPD-Bildungsexperte im Landtag, Daniel Born, sagte: "Es ist einfach bitter, wenn Eltern sich nicht mehr anders zu helfen wissen, als ihre eigene Regierung zu verklagen." Eisenmann habe durchaus Spielräume, die sie aber aus Kostengründen nicht nutze. FDP-Bildungspolitiker Timm Kern sagte, die Ministerin " wäre besser beraten, die Kritik der Elternvertreter ernst zu nehmen und nicht ihr eigenes Handeln als alternativlos darzustellen. Der AfD-Bildungsexperte Rainer Balzer sagte: "Wir haben den Eindruck gewonnen, dass die Unterrichtsversorgung am Gymnasium, insbesondere in den oberen Klassen, vernachlässigt wurde zugunsten der Unterrichtsversorgung an Gemeinschaftsschulen." Das Land müsse mehr Planstellen schaffen.

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