Grün-Schwarz will Cannabis-Eigenbedarf auf zehn Gramm erhöhen
Bisher durften sechs Gramm straffrei herumgetragen werden. Doch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hält wenig von diesem Vorstoß.

Symbolfoto: dpa
Berlin. (dpa/ppf) Auf Wunsch der Grünen darf man künftig straffrei mehr Cannabis mit sich herumtragen - die sogenannte "geringe Menge" soll auf zehn Gramm angehoben werden - bisher waren es nur sechs. Dadurch sollen auch Polizei und Justiz entlasten werden. Diese Regelung findet sich im Koalitionsvertrag der Grün-Schwarzen Regierung in Baden-Württemberg wieder. Doch aus Berlin gibt es eine kritische Stimme: Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung lehnt die von Grünen und CDU in Baden-Württemberg geplante Lockerung beim Besitz von Cannabis ab. "Von der geplanten Erhöhung des Eigenbedarfs auf zehn Gramm halte ich gar nichts", sagte Daniela Ludwig der Deutschen Presse-Agentur. Mit zehn Gramm könne man sich schon 20 bis 30 Joints drehen. "Das hat mit Eigenbedarf herzlich wenig zu tun."
Kompromiss ist "eine bittere Pille"
In den Koalitionsverhandlungen hatten sich Grüne und CDU darauf geeinigt, dass künftig der Besitz von Cannabis bis zu zehn Gramm als Eigenbedarf gewertet werden soll und dann nicht strafrechtlich verfolgt werden muss. Bislang lag die Grenze bei sechs Gramm. Dieser Kompromiss in der Koalition sei eine "bittere Pille", sagte die CSU-Bundestagsabgeordnete.
Hintergrund der Entscheidung im Südwesten sei die Annahme, die Justiz komme mit der Verfolgung von Drogendelikten nicht hinterher und Cannabis sei nicht so schlimm, so die Ministerin. Beides sei falsch, schließlich führe eine gute Mischung aus Prävention und Strafverfolgung zum Erfolg.
Präventionsstelle in Stuttgart begrüßt die Lockerungen
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Die Landesstelle für Suchtfragen in Stuttgart hingegen begrüßt die von Grün-Schwarz geplante Lockerung beim Besitz von Cannabis in geringen Mengen. "Das ist eine erforderliche Anpassung an die Realität", sagte Christa Niemeier, Referentin für Suchtfragen und Prävention der Landesstelle, der Deutschen Presse-Agentur. Für weite Kreise gehöre Cannabis zum Freizeit- und Genusskonsum. "Wir müssen wegkommen von der Kriminalisierung von Konsumenten."
Ein Fokus allein auf problematischen Konsum bei Jugendlichen werde den Tatsachen nicht gerecht. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich Grüne und CDU darauf geeinigt, dass künftig der Besitz von bis zu zehn Gramm Cannabis als Eigenbedarf gewertet werden soll und dann nicht strafrechtlich verfolgt werden muss. Bislang lag die Grenze bei sechs Gramm. Allerdings seien die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Obergrenzen nicht mehr vermittelbar, betonte Niemeier.
Cannabis heute potenter, aber nicht verteufeln
Auch wenn Cannabis wegen Züchtungen viel intensiver wirke als noch vor 20 Jahren, sei die Droge nicht per se zu verteufeln, sagte die Expertin. Langfristig sei vorbehaltlich einer Bundesgesetzesnovelle eine staatliche Abgabe an zertifizierten Stellen wünschenswert - mit starkem Jugendschutz, der besser funktionieren müsse als beim Alkohol. Unverzichtbar seien eine Abgabe erst ab 21 Jahren und Aufklärungskampagnen.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung fordert hingegen eine bundesweit einheitliche Regelung: Berlin und Bremen setzen mit 10 bis 15 Gramm die höchsten Obergrenzen. Die meisten Länder ziehen die Grenze bei sechs Gramm. Diesen Wert schlägt Ludwig auch als bundeseinheitliche Maximalgrenze vor. "Das schafft Klarheit für alle und lässt keinen Platz für weiteres Durcheinander." Sie warnte die Länder, sich durch erhöhte Mengen des Eigenbedarfs aus der Verantwortung für die Gesundheit der Gesellschaft und für deren Schutz vor Drogenkriminalität zurückzuziehen.
Was passiert, wenn Cannabis legalisiert wird?
Die CSU-Politikerin erklärte der Legalisierung der Droge, deren Besitz, Handel und Erwerb derzeit noch verbotenen sind, eine Absage. "Was passiert denn, wenn Cannabis legalisiert wird? Beispiel USA oder Kanada: Wir sehen, dass dort weder weniger gekifft, noch der Schwarzmarkt ausgetrocknet wird." Deutschland habe bereits mit den Folgen zweier legaler Drogen - Alkohol und Tabak - zu kämpfen. Ludwig lobte hingegen das portugiesische Modell: "Hier sind Drogen nicht legal, wie immer behauptet wird, aber Erstkonsumenten werden nicht automatisch angezeigt." Sie haben die Wahl, eine Beratung anzunehmen, sich helfen zu lassen oder eine gewisse Summe für eine Ordnungswidrigkeit zu zahlen.