Heilbronn

Kunst im Museum, Kunst in den Straßen, Kunst auf der Buga

Einen Sommer lang und darüber hinaus: Besondere Kunsterlebnisse in der Stadt

24.05.2019 UPDATE: 26.05.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 56 Sekunden

Die Installation am Bollwerksturm ist eine ungewöhnliche, sternförmige "Landkarte", die an der Front des Parkhauses angebracht wurde. Foto: Brigitte Fritz-Kador

Von Brigitte Fritz-Kador

Heilbronn. Kunst im Museum, Kunst in den Straßen, Kunst auf der Bundesgartenschau: Heilbronn hat in den kommenden Sommermonaten einiges zu bieten. Während auf der Buga die Großplastiken, unter anderem aus der Sammlung Würth, die Blicke auf sich ziehen, bietet sich den Besuchern und Kunstfreunden in der Stadt auch einiges, das über den Aha-Effekt hinaus geht, den man sich für die Buga versprach. Auch deshalb, weil hier etwas über die Stadt erzählt wird, weil es Werke von "hier-bleibendem" Wert sind und diese mit Ernsthaftigkeit wie auch mit Humor die Kunstlandschaft in Heilbronn abbilden.

Unübersehbar thront das "One Man House" von Thomas Schütte auf der Inselspitze. Foto: Städtische Museen Heilbronn, Veronika Heimanna

Unübersehbar und ganz in rot thront das "One Man House" von Thomas Schütte auf der Inselspitze. Als Träger des Vogelmann-Preises der Heilbronner Vogelmann-Stiftung ist der international renommierte Künstler der Stadt besonders verbunden. Gerade hat er eine Ausstellung in Paris, im nächsten Jahr im "Moma" in New York. Museumsleiter Marc Gundel erzählt, wie er und Stiftungsvorsitzende Ruth Reinwald zu ihm fuhren - "mit 500.000 Euro in der Tasche, um das One Man House für Heilbronn zu erhalten. Schütte habe erklärt, dafür gäbe es gerade mal die eiserne Tragekonstruktion - um dann am nächsten Tag doch einzuwilligen.

Jetzt hat Heilbronn mit dem Haus ein Wahrzeichen erhalten, das weit über die Buga-Tage hinaus wirken wird, still vor sich hinsteht und frei für alle Besucher und alle Assoziationen ist. Ein Blick aus seinem riesengroßen Rundfenster auf den dahin fließenden Neckar, dessen grünes Ufer und den Götzenturm ist nicht "Postkarte", das verändert den Blick auf die Stadt. Wie der Bildhauer Schütte mit Architektur "spielt", zeigt auch eine Ausstellung auf der Inselspitze.

Ebenfalls als Vogelmann-Preisträger hat der Brite Richard Deacon schon mit seiner Skulptur "Like a Rock" vor der Kunsthalle einen "Ehrenplatz erhalten, ein zweites Werk von ihm wird hinzukommen. In der Kunsthalle wird gerade die Ausstellung "Wie es euch gefällt" gezeigt, und auch der Kunstverein geht auf das Thema Buga ein. Motto der Ausstellung hier: "Florale Metamorphosen".

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Blumen sind hier nicht "Augenfutter" wie auf der Buga, sondern Objekte für andere Sichtweisen, etwa als Details politischer Inszenierungen ("die rote Nelke"), als Metapher für Erotik und Sinnlichkeit, Symbole von Schönheit und Vergänglichkeit, Zeugen menschlichen Versagens und ökologischer Katastrophen, wie sie etwa die französische Künstlerin Anais Tondeur mit "Chernobyl Herbarium" thematisiert.

Silke Wagner hat für ihr vom Land gefördertes Projekt "Migration und Pflanze" den öffentlichen Raum gewählt: Zwölf Bus- und Bahnunterstände entlang der Achse Bahnhof, Eingang Buga und Kunsthalle Vogelmann stehen für Orte des Kommens und Gehens. Zur Erläuterung gibt es Flyer und Postkarten.

"Sie sind hier" steht neben dem roten Punkt auf einer ungewöhnlichen "Landkarte", die wie ein Wurfstern auf der Front des Parkhauses am Bollwerksturm irritiert und den Betrachter ortet. Silke Demandt hat sich diesen Ort ausgesucht, um hier den Plan eines Bollwerks aus dem Stadtarchiv wie auf eine Leinwand zu projizieren.

Das durften alle fünf Künstler, die aus dem dafür ausgeschriebenen Wettbewerb - beteiligt hatten sich insgesamt 18 - hervorgingen. Der Plan des Bollwerks blieb weitgehend Plan, aber eine Geschichte hat er doch: Er wurde widerrechtlich vervielfältigt und damit zu einem "Leak", wie man heute sagen würde. Der Schuldige bekam ob des Geheimnisverrats mächtig Ärger.

Jux oder ironischer Kommentar zum geballten Wissen in der "Experimenta" oder selbst ein Objekt der Wissenschaft? Diese Frage stellt die knallgelbe Messboje "Metrios 1" von Valentin Beinroth, die an der Adolf Cluss-Brücke im sogenannten "Neckarsee" schwimmt und irgendwie irgendetwas vor sich hinmisst.

Der Künstler verkauft das so "ernsthaft" wie seinerzeit Joseph Beuys. Er kam aus Frankfurt mit Frau und Kindern, stieg in professioneller Ausrüstung in den Neckar und vertäute die Boje professionell vor einem vergnügten Publikum - um sie dann ihrer unklaren Bestimmung und der Nachbarschaft eines brütenden Schwanenpaares zu übergeben.

Peter Riek im Gespräch mit OB Harry Mergel (links). Foto: Brigitte Fritz-Kador

Ein aufmerksames Publikum wünscht man der Installation "Gras wachsen" von Peter Riek im Rathaus-Innenhof. Ein Blick genügt, und man kann sich ihrer Suggestion nicht entziehen. Riek hat damit - nicht zum ersten Mal - den 4. Dezember 1944 und die Zerstörung seiner Heimatstadt thematisiert. Über die ramponierten Mosaike von Blasius Spreng (von 1961) legte er einen Grasteppich - rabenschwarz. Die 83 Ausschnitte haben die Konturen von Totenschädeln, darunter blinken die goldenen Mosaiksteinchen hervor, und der Grasteppich hat die Form der Heilbronner Altstadt vor dem Bombenangriff.

Ort des Geschehens

Wer Respekt hat, kann über einen Holzsteg in die Ehrenhalle gelangen, wo das Modell der zerstörten Stadt steht, das Betreten des "Grases" ist aber ausdrücklich erlaubt. Riek lässt jedem seine Art der Erinnerung. In einem zweiten Akt kommen Anfang Juli noch zwei weitere Kunstwerke hinzu: von Vanessa Henn ein ganz besonderer "Springbrunnen" und von Bernd Henning ein ganz besonderes Mahnmal zum Umgang mit der Natur.

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