Was der Grünen-Fraktionschef von der CDU erwartet
Grünen-Fraktionschef Schwarz glaubt an CO2-freies Ländle

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Grünen-Landtagsfraktionschef Andreas Schwarz (39, Foto: dpa) wirbt für ein landesweites Schülerticket, einen ökologischeren Flugverkehr - und einen Klimakompass für den Landesetat.
Herr Schwarz, was halten Sie von dem Begriff "Flugscham"?
Dass Fliegen umweltschädlich ist, ist hinlänglich bekannt. Wir Grünen wollen schon lange eine Kerosinbesteuerung und setzen darauf, dass wir mit einem CO2-Preis eine klare Lenkungswirkung erzielen weg vom Fliegen hin zur Bahn. Dazu muss das Schienennetz ausgebaut und modernisiert werden. Es ist doch grotesk, dass man für 29 oder 39 Euro innerhalb Europas fliegen kann, aber man wesentlich mehr zahlen muss, wenn man innerhalb Deutschlands mit der Bahn in den Urlaub fahren will.
Wie halten Sie es mit dem Fliegen?
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Im Urlaub bin ich mit dem Zug an den Bodensee gefahren, mit dem Rennrad aufs Stilfser Joch und mit dem Stadtmobil, einem Hybridfahrzeug, in die Dolomiten. Beruflich kann ich bei Zielen wie Indien oder Israel nicht aufs Flugzeug verzichten, bei europäischen oder innerdeutschen Strecken schaue ich aber, dass ich die Bahn nehme. Wir Grüne wollen erreichen, dass Ministerien und Behörden künftig für dienstliche Flüge eine Klimaabgabe zahlen. Die Hochschulen wollen wir über den neuen Hochschulfinanzierungsvertrag ab 2020 ebenfalls dazu verpflichten.
Wie sieht der Verkehr in Baden-Württemberg in zehn Jahren aus?
2030 werden wir mehr Radverkehr haben, jeder Ort in Baden-Württemberg wird im Stundentakt mit Bus, Bahn oder Rufbussen erreichbar sein. Wir werden mehr Elektroautos und autonome Fahrzeuge haben - und insgesamt weniger Kraftfahrzeuge.
Weniger Autos sind also doch besser als mehr?
Unser Ziel ist mehr Mobilität bei weniger Verkehr.
Ihre Partei will, dass Baden-Württemberg 2040 komplett CO2-frei ist. Was muss dafür passieren?
Wir brauchen mehr Strom aus erneuerbaren Energien. Wir müssen stärker in die Gebäudemodernisierung gehen, verbunden mit einer Solaroffensive auf Landesgebäude. Dazu kommt die skizzierte Verkehrswende. Dazu gehört für mich auch die Einführung eines landesweiten Schülertickets für 365 Euro im Jahr. Das entlastet Familien und bindet junge Menschen an ökologische Verkehrsmittel. Das sollten wir zu Beginn der nächsten Legislaturperiode umsetzen.
Was bedeuten die Pläne für den Doppelhaushalt 2020/21?
Wir brauchen für den Doppelhaushalt einen Klimakompass, der anzeigt, welche Maßnahmen über alle Ressorts hinweg gut sind fürs Klima und welche nicht. Danach sollten wir die Prioritäten bei der Mittelvergabe ausrichten.
Können Sie Beispiele nennen: Was wäre etwa gut - und was schlecht?
Mehr Mittel für Forschung und Entwicklung, zum Beispiel für die Weiterentwicklung der grünen Batteriezelle in Ulm oder für einen ökologischen und naturnahen Waldumbau wären gut fürs Klima. Wir müssen unser Land zu einem Laboratorium der Ideen für eine intelligente Klimawende machen. Schlecht wäre der Bau eines Nord-Ost-Rings um Stuttgart. Da würde der Klimakompass negativ ausschlagen, weil das nur mehr Verkehr verursachen würde. Anders als etwa der Ausbau des Albaufstiegs der A8 von Stuttgart nach Ulm, weil da vorhandener Verkehr gebündelt würde.
Die CDU stellt inzwischen auch grüne Forderungen. Müssen Sie sich um ihren Markenkern Sorgen machen?
Die CDU muss ihren Worten nun Taten folgen lassen und in den Haushaltsberatungen beweisen, dass sie es mit dem Klimaschutz tatsächlich ernst meint.
Wo liegen die Knackpunkte in den Haushaltsberatungen?
Die Ministerien haben Zusatzforderungen angemeldet, die das Machbare bei weitem übersteigen. Jetzt müssen alle Häuser ihre Prioritäten benennen.
Mindestens 1000 zusätzliche Lehrerstellen fordert etwa Kultusministerin Susanne Eisenmann.
Auch die Kultusministerin muss klare Prioritäten benennen. Als neues Mitglied der Haushaltskommission darf Frau Eisenmann nicht länger nur in Ressortgrenzen denken, sie muss jetzt den Gesamtetat in den Blick nehmen. Ich erwarte, dass sie bereit ist, mit uns den Haushalt wetterfest zu machen und die Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern. Für uns ist klar, dass wir Informatik, Inklusion oder islamischen Religionsunterricht weiter ausbauen werden. Klar ist aber auch, dass nicht jeder Wunsch finanzierbar sein wird. Eine stabile Unterrichtsversorgung ist elementar. Eine zu kleinteilige Schulstruktur wäre dagegen eine Verschwendung von Ressourcen, deswegen dürfen wir die Regeln für die regionale Schulentwicklung nicht aufweichen.