Landesregierung will Islamunterreicht mit Stiftung organisieren
Eisenmann: Modell "innovativer Weg" - Wichtige Verbände fürchten um die Religionsfreiheit

Symbolfoto: dpa
Von Sören S. Sgries
Heidelberg/Stuttgart. Bis Montag hatten die Islamverbände Zeit, sich zu melden. Jetzt machte das Land Nägel mit Köpfen: Der sunnitisch-islamische Religionsunterricht soll bereits im kommenden Schuljahr 2019/20 mittels einer Stiftung organisiert werden. Das verkündeten Ministerpräsident Winfried Kretsch᠆mann (Grüne) und Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am Dienstag.
Eisenmann lobte das Stiftungsmodell als "innovativen Weg, um die Trägerschaft und die Organisation des islamischen Religionsunterrichts auch zukünftig sicherzustellen". Das gelte vor allem, so lange es keine anerkannte Religionsgemeinschaft aufseiten des sunnitischen Islams gebe.
Denn genau das ist das Problem, mit dem das Land zu kämpfen hat: Während beim katholischen oder evangelischen Religionsunterricht die Kirchen die Ansprechpartner für die Ausgestaltung sind, gibt es vergleichbare Institutionen im Islam nicht. Auch die vier großen Muslim-Verbände im Land, mit denen in den vergangenen Monaten intensiv verhandelt wurde, vertreten nur eine Minderheit der Gläubigen. "Diese Verbände sehen sich selbst als Religionsgemeinschaften, wir erkennen sie als solche aber nicht an", erklärte Kretschmann den Konflikt.
Der bundesweit einmalige Weg, den das Land nun gehen will: Ein"Sunnitischen Schulrat" als Stiftung des öffentlichen Rechts soll die Rolle des religiösen Ansprechpartners übernehmen. Dort sollten, so die ursprüngliche Idee, die Islamverbände vertreten sein. Allerdings behält sich das Land eine recht große Kontrollmacht vor - was zumindest zwei der vier Verbände dazu bewogen hat, der Stiftung eine deutliche Absage zu erteilen.
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"Der vorliegende Entwurf der Landesregierung geht weit über die Schmerzgrenze hinaus und ist für uns nicht vertretbar", schreiben der Ditib-Landesverband und die Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg (IGBW). Man halte den Entwurf für verfassungswidrig. "Dieses Modell hebelt die Neutralitätspflicht des Staates aus, und greift massiv in die Religionsfreiheit und in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ein." Die Verbände wollen daher, so heißt es in der Mitteilung vom Dienstagabend, eine unabhängige Expertenkommission mit der Erarbeitung verfassungskonformer Modelle beauftragen.
Kretschmann meinte, dass Ditib - der wichtigste Verband, aber umstritten wegen der Nähe zum türkischen Staat - nicht mitmache, sei bedauerlich. Es ändere aber nichts an den Plänen. Er rechne weiterhin mit einer hohen Akzeptanz des Unterrichts unter Kindern und Eltern.
Aktuell werden an 86 Schulen mehr als 6000 Schüler von 110 Lehrern im islamischen Religionsunterricht unterrichtet. Weitere 50 Schulen haben laut Eisenmann Interesse angemeldet, diesen ebenfalls einzuführen.
Die Opposition blickt kritisch auf die Pläne. SPD-Bildungspolitiker Daniel Born fürchtet ein "wackliges Behelfskonstrukt". Gemeinsam mit der FDP wurde beantragt, dass die Pläne bei der nächsten Sitzung des Bildungsausschusses detailliert diskutiert werden.



