Islamunterricht steht vor dem Aus
Die vier großen Verbände sollen einer Landes-Stiftung zustimmen - Montag läuft Ultimatum ab

Symbolfoto: dpa
Von Axel Habermehl, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Langsam wird die Zeit knapp. An Baden-Württembergs Schulen ist das zweite Halbjahr angelaufen, in sechs Monaten beginnen die Sommerferien, dann ist - Stand jetzt - Ende: Das "Modellprojekt islamischer Religionsunterricht sunnitischer Prägung" läuft mit dem Schuljahr aus, und damit auch die 2006 begonnenen Versuche des Landes, zehntausenden muslimischen Kindern einen vom Staat verantworteten islamischen Religionsunterricht (IRU) zukommen zu lassen. Eine weitere Ausdehnung des Provisoriums ist für die politischen Entscheider keine Option. Weil aber bisher auch keine weiterführende Regelung fixiert wurde, ist unklar, ob es kommendes Schuljahr weitergeht.
Denn die Ausgestaltung des islamischen Religionsunterrichts und die Frage, wer ihn künftig wie organisiert, ist strittig und verfassungsrechtlich knifflig. Seit Monaten verhandelt die Landesregierung mit den vier großen Islam-Verbänden. Dabei handelt es sich um die vom türkischen Staat dominierte "Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion" Ditib, den "Landesverband der Islamischen Kulturzentren" (LVIKZ), die "Islamische Glaubensgemeinschaft Baden-Württemberg" (IGBW) und die "Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland" (IGBD).
Das Grundproblem der Angelegenheit ist: Im Islam gibt es keine Institutionen wie es etwa im Christentum die Kirchen sind. Viele Gläubige sind gar nicht oder nur lose in oft landsmannschaftlich geprägten Moscheegemeinden organisiert, die wiederum teilweise Dachverbände haben.
Grundgesetz und Landesverfassung sehen aber für Religionsunterricht ein Zusammenspiel von Staat und "Religionsgemeinschaften" vor. Die Muslim-Verbände sehen sich als solche an und beanspruchen, so behandelt zu werden. Das Land bezweifelt den Anspruch und auch, ob die Verbände organisatorisch in der Lage wären, den Unterricht zu organisieren. Ganz abgesehen von Bedenken, wie sie etwa gegen Ditib bestehen.
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Die Regierung hat daher ein Stiftungsmodell ersonnen. Danach würde das Land einen "Sunnitischen Schulrat" als Stiftung des öffentlichen Rechts einrichten, mit Geschäftsstelle, Vorstand und einer Schiedskommission. Die vier Verbände würden in dem Modell fünf Vertreter in den Vorstand entsenden, allerdings wäre bei drei der Mitglieder die vorherige Zustimmung des Landes erforderlich.
Die Geschäftsstelle würden Landesbeamte betreiben, die Schiedskommission würde mit unabhängigen sunnitisch-muslimischen Experten besetzt. Kurzum: Das Land hätte in diesem bundesweit einzigartigen Konstrukt ziemlich viel Kontrollmacht.
Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) findet: "Das Stiftungsmodell ermöglicht eine verlässliche Trägerschaft und wäre deshalb eine Chance für die Zukunft des islamischen Religionsunterrichts."
Doch machen die Verbände mit? Bis Montag müssen sie sich jetzt intern einigen und dann entscheiden, ob sie das Stiftungsmodell mittragen. Das Land legt laut einem Regierungssprecher Wert darauf, dass sich die Verbände einzeln zurückmelden.



