Atomkraftwerk Neckarwestheim

Wieder Risse in Rohren des Reaktors

"GKN 2" weist fast doppelt so viele Schäden auf wie im Vorjahr

03.09.2019 UPDATE: 04.09.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 38 Sekunden

191 Beschädigungen, und damit fast doppelt so viele wie 2018, sind im Neckarwestheimer Atomkraftwerk "GKN 2" bei der turnusmäßigen Revision entdeckt worden. Foto: Christian Beck

Von Hans Georg Frank

Neckarwestheim. 191 Beschädigungen sind im Neckarwestheimer Atomkraftwerk "GKN 2" bei der turnusmäßigen Revision entdeckt worden. Das Landesumweltministerium als Aufsichtsbehörde sprach von "sicherheitstechnisch relevanten rissartigen Wanddickenschwächungen". Der Reaktor darf erst wieder ans Netz, wenn die Mängel beseitigt sind.

Bereits bei der Überprüfung im Vorjahr waren gleichartige Schäden festgestellt worden. Damals handelte es sich um feine Risse in 101 Rohren für die Dampferzeugung. Dieses System besteht aus vier Teilen mit jeweils 4100 Rohren. Die Wandstärken müssten "die Integrität des Primärkreises sicherstellen", sie dienten als "Barriere zur Aktivitätsrückhaltung", erklärten die Aufpasser von Minister Franz Untersteller (Grüne). Bei einem Leck käme es zu "einem unerwünschten Aktivitätsübertrag und Kühlmittelverlust vom Primär- auf den Sekundärkreislauf". Einfacher ausgedrückt: Radioaktivität würde freigesetzt.

Nun muss der AKW-Betreiber EnKK, eine Tochter der EnBW, ein Konzept für die Wiederherstellung der Sicherheit des Meilers vorstellen. Das geschah auch schon 2018. Das Umweltministerium werde die von der EnBW Kernkraft GmbH noch vorzulegenden Unterlagen unter Zuziehung von Sachverständigen prüfen und unter sicherheitstechnischen Aspekten bewerten, ließ Untersteller mitteilen.

Nach Angaben der EnBW sollen auch diesmal die betroffenen Rohre mit Stopfen unterschiedlicher Länge verschlossen und somit außer Betrieb genommen werden. Wo dies erforderlich sei, sollen die schadhaften Abschnitte "zusätzlich stabilisiert" werden. Dabei handele es sich um "ein bewährtes Konzept für Instandhaltungsarbeiten".

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Christoph Heil, als EnKK-Geschäftsführer für den Betrieb in Neckarwestheim verantwortlich, hat eingeräumt, "dass nur ein Teil der aktuellen Befunde nach der letztjährigen Revision neu entstanden ist". Demnach müssen bei der vorherigen Überprüfung einige Risse übersehen worden sein. Heil begründet dieses Phänomen mit "nochmals weiter verfeinerten Auswerteverfahren". Dennoch geht er davon aus, dass die 2018 ergriffenen Maßnahmen "erste Wirkung" zeigten.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland bezweifelt die Zuverlässigkeit des Unternehmens. Die EnBW habe selbst den Beweis dafür geliefert, "dass sie ihr AKW nicht im Griff hat", erklärte die BUND-Landesvorsitzende Brigitte Dahlbender. "Das Prinzip Hoffnung reicht nicht, Neckarwestheim darf nach der Revision nicht wieder ans Netz gehen." Auch die Arbeitsgemeinschaft "Atomerbe Neckarwestheim" erhebt diese Forderung, weil es nicht gelungen sei, die "höchst gefährliche Riss-Korrosion im Reaktor" zu stoppen. "Wenn Schrott und Unfähigkeit zusammenkommen, hängt die Sicherheit am seidenen Faden", kritisieren die AG-Sprecher Franz Wagner und Herbert Würth. Die Korrosion könne auch "im Betrieb jederzeit sprunghaft auftreten, ohne dass es Warnzeichen gibt".

GKN 2 soll nach derzeit geltenden Plänen des deutschen Atomausstiegs spätestens am 31. Dezember 2022 als letzter Nuklearmeiler in Baden-Württemberg abgeschaltet werden. Der Reaktor mit einer Leistung von 1400 Megawatt ist seit 1989 in Betrieb.

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