Hier stehen sich Joe Biden (links) und Donald Trump (rechts) im Fernsehen gegenüber. Foto: Olivier Douliery/Pool AFP/AP/dpa
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin. Der CDU-Politiker Peter Beyer (49; Foto: dpa) ist Koordinator für die transatlantischen Beziehungen.
Herr Beyer, wie haben Sie das erste TV-Duell zwischen Präsident Donald Trump und Joe Biden gesehen? Wer lag am Ende vorn?
Das TV-Duell war chaotisch. Unterm Strich schlechte Unterhaltung und leider auch ein Tiefpunkt in der politischen Auseinandersetzung. Der Moderator hat sich redlich bemüht, das Gespräch und die Themen zu strukturieren. Das ist ihm allerdings kaum gelungen. Vermutlich hat dieser harte und teilweise hässliche Schlagabtausch weder Trump noch Biden etwas gebracht. Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, dass diese Form der Auseinandersetzung Menschen abschreckt, und diese nun gar nicht zur Wahl gehen. Trump hat sich nicht an die Regeln gehalten, denen er im Vorfeld selbst zugestimmt hatte. Der Präsident hat auch vor persönlichen Angriffen auf Biden und dessen Söhne nicht zurückgeschreckt. Er war von der ersten Sekunde an aggressiv und präsent. Die Erwartungen an Joe Biden waren nicht besonders hoch. Er hat sich ganz ordentlich geschlagen, war allerdings nicht besonders durchsetzungsstark. Biden hat aber auch ausgeteilt und Trump aufgefordert, er solle die Klappe halten, er sei ein Clown und der schlechteste Präsident in der Geschichte der USA. Biden hat Trump sogar als Schoßhündchen von Putin verspottet. Kaum vorstellbar, dass sich Politiker in Deutschland in Talkshows oder Fernsehdebatten so gerieren.
Das erste Thema war gleich die Neubesetzung des Supreme Courts mit der konservativen Richterin Amy Coney Barrett. Schlägt Trump damit bereits Pflöcke ein für die Zeit nach seiner Amtszeit?
Ja, das gibt er auch unumwunden zu. Er kann das machen. Die Demokraten werden das nicht verhindern. Trump hat Richterin Barrett nominiert. Das sichert über seine Amtszeit hinaus eine deutliche konservative Mehrheit der Richter am Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten. Das ist alles andere als trivial. Der Supreme Court trifft sehr wichtige Entscheidungen, die das Leben der Amerikaner bestimmen – hier geht es um zentrale Themen wie Frauenrechte, Rassengesetze und das Gesundheitssystem sowie Obama Care.
Trump hat erneut offen gelassen, ob er das Wahlergebnis im Falle einer Niederlage anerkennen werde, und vor Wahlbetrug gewarnt. Ist das ernstzunehmen, oder baut er nur für den Fall seiner Abwahl vor?
Man muss fast befürchten, dass er es tatsächlich ernst meint. Das waren schon heikle Äußerungen. Trump hat sich nicht klar zur Anerkennung des Wahlergebnisses geäußert, obwohl der Moderator mehrfach nachgehakt hat. Er wird sich bei einem knappen Wahlsieg für Biden wahrscheinlich bis zur letzten Sekunde an seinen Schreibtisch im Oval Office klammern.
Wen haben Sie als Sieger des ersten der drei TV-Duelle gesehen?
Es gab Blitzumfragen der TV-Sender CNN und CBS. Beide haben Biden klar als Gewinner gesehen. Er hat den Faden nicht verloren und sich für seine Verhältnisse ordentlich geschlagen.
Würde sich mit einem Präsidenten Biden das transatlantische Verhältnis wieder entspannen?
Mit einem Wahlsieg Joe Bidens würden nicht alle Probleme verschwinden. Auch Biden und die Demokraten setzen auf Protektionismus. "Buy American", kaufe amerikanisch, lautet ein Slogan Bidens. Und auch die Demokraten fordern von Deutschland und Europa mehr für die Sicherheit und die Militärausgaben zu tun – zu Recht, wie ich finde. Auch zu Nord Stream 2 wird sich die Position nicht ändern. Unter einem Präsidenten Biden würde aber die Abstimmung mit Deutschland und Europa deutlich besser werden, der Tonfall wäre ein anderer. Wichtig ist mir: Wir Deutschen und Europäer müssen uns, egal wie die Wahl ausgeht, verstärkt den transatlantischen Beziehungen widmen. Nur gemeinsam werden EU und USA in den nächsten Jahrzehnten gegen den Systemrivalen China bestehen können. Nur in einem starken westlichen Bündnis können wir unsere Werte wie Frieden, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bewahren.
Peter Beyer. Foto: dpa