OB-Kandidatur von Theresia Bauer

"Frauen sind eine seltene Spezies an den Rathausspitzen"

Die Grünen-Parteichefin Lena Schwelling begrüßt die OB-Kandidatur Bauers. Ihre Nachfolge im Ministerium ist aber noch offen.

22.03.2022 UPDATE: 23.03.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 36 Sekunden
Das Heidelberger Rathaus. Archivfoto: Rothe

Von Sören S. Sgries

Heidelberg/Stuttgart. Oberbürgermeister-Wahlen brachten den Grünen zuletzt wenig Glück. Die Rathäuser in Freiburg und Stuttgart gingen verloren, in Tübingen muss der grüne Amtsinhaber Boris Palmer im Oktober wegen eines laufenden Parteiausschlussverfahrens als unabhängiger Kandidat antreten. Die Bürgermeisterwahl in Heidelberg Anfang November wird daher auch in Stuttgart sehr aufmerksam verfolgt, wie Grünen-Landeschefin Lena Schwelling (29) im Interview verrät – und das nicht nur, weil die Wissenschaftsministerin antreten will.

Lena Schwelling. Foto: picture alliance/dpa

Frau Schwelling, Theresia Bauer hat verkündet, dass sie Heidelberger Oberbürgermeisterin werden will. Eine Kandidatin ganz nach dem Geschmack der Parteispitze?

Ja, tatsächlich. Frauen sind ja eine seltene Spezies an den Rathausspitzen im Land, nur 6 Prozent. Und noch weniger Grüne gibt es. Beides in der Kombination – eine starke, tolle, grüne Frau, die sich um den Rathaussessel in Heidelberg bewirbt – hat natürlich unsere volle Unterstützung. Ich freue mich riesig, dass sie sich für diesen Schritt entschieden hat.

Mehr Grüne an den Rathausspitzen zählt ja auch zu den zentralen Zielen für Sie als Landesvorsitzende. Waren Sie in die aktuelle Entscheidung eingebunden, oder lief das rein auf Heidelberger Ebene?

Auch interessant
OB-Wahl Heidelberg: Theresia Bauer kandidiert "nicht gegen Würzner, sondern für Heidelberg"
Frauen in der Politik: "Ich bin keine junge Dame, sondern eine Frau" (plus Video)
Baden-Württemberg: Ministerin Bauer ruft Hochschulen zum Bruch mit Russland auf

Nein, Theresia Bauer hat das sehr klug gemacht. Sie hat viele Gespräche geführt, sehr ehrlich nach Einschätzungen und Meinungen gefragt. Da waren auch wir eingebunden. Und wir haben ihr unsere volle Unterstützung zugesichert.

Wie wichtig wäre ein grüner Erfolg in Heidelberg im November als Signal ins Land?

Um eine Signalwirkung geht es zunächst gar nicht. Natürlich würde es uns als Grüne freuen, dieses Zeichen zu setzen. Aber es geht bei dieser Wahl nicht um Landespolitik , sondern in erster Linie um Heidelberg. Ich glaube, dass Theresia Bauer eine großartige Oberbürgermeisterin werden würde – wegen der Expertise und der politischen Erfahrung, die sie mitbringt, und wegen der Verbundenheit, die sie mit Heidelberg hat. Es wäre für Heidelberg ein riesiger Gewinn – und wir würden uns als Grüne selbstverständlich auch freuen, die erste grüne Oberbürgermeisterin in Baden-Württemberg zu stellen.

Andere Oberbürgermeisterwahlen – aktuell beispielsweise in Tübingen oder auch in Baden – liefen bei der Kandidatenfindung der Grünen eher chaotisch ab. Was lief dort anders als in Heidelberg?

Da habe ich großen Respekt vor den Grünen vor Ort in Heidelberg, die diese Kandidatur gemeinsam entschieden haben und gemeinsam nach dem besten Kandidaten, der besten Kandidatin gesucht haben. Sie haben das wirklich klug und mit der nötigen Verschwiegenheit erarbeitet, mit einer großen Einheit. Das sind beste Startvoraussetzungen für so eine Kandidatur. Deswegen unterscheidet sich das sicherlich von Tübingen, auch von Stuttgart. Damals hat man öffentlich sehr lange und intensiv über die Kandidatenfrage diskutiert. Es freut mich, dass Theresia unter den besten Startvoraussetzungen antreten kann.

Ein bisschen Hinterzimmer hilft also?

Bei der ein oder anderen OB-Wahl hat man sicherlich nicht alles richtig gemacht. Interne Geschlossenheit ist sehr wichtig. In Heidelberg ist es aber trotzdem kein Hinterzimmergemauschel. Wir haben bis November noch einige Monate Zeit. Da finde ich es großartig, dass das jetzt schon öffentlich gemacht wurde.

Unabhängig vom Wahlausgang hat Theresia Bauer bekannt gegeben, dass sie zum 25. September auf jeden Fall als Ministerin ausscheiden wird.

Das ist ein wahnsinnig großes Zugeständnis, ein richtig starkes Zeichen. Sie will Oberbürgermeisterin werden und hat sich kein Hintertürchen offen gelassen. Das ist eine Entscheidung aus vollem Herzen und mit vollem persönlichem Einsatz. Dafür hat sie meinen allergrößten Respekt.

Und was bedeutet das dann fürs Landeskabinett?

Das ist nichts, was wir im Moment diskutieren. Sie ist Wissenschaftsministerin und wird es bis Ende September bleiben. Für Personaldiskussionen bleibt also noch jede Menge Zeit. Die werden wir aber nicht öffentlich führen.

Trotzdem könnten Sie ja Erwartungen gegenüber Ministerpräsident Winfried Kretschmann formulieren. Frau, jung, links – oder was wäre Ihr Wunschprofil für die künftige Wissenschaftsministerin?

Im Ergebnis brauchen wir eine gute Wissenschaftsministerin. Wenn die Quotierung im Kabinett beibehalten wird, wäre das sehr wünschenswert. Aber die Frage nach dem Alter und ähnlichen Faktoren spielt da keine Rolle. Die fachliche Eignung ist ausschlaggebend. Es wird schwer genug, jemanden zu finden, der die großen Fußstapfen von Theresia füllen kann.