"Raubritter" kritisieren Stadt wegen Mitteilungsblatt

07.09.2021 UPDATE: 08.09.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden

Von Micha Hörnle

Schriesheim. Man kann beim besten Willen nicht sagen, dass der Ärger über die neuen scharfen Richtlinien des "Blättchens" nachlässt: Täglich melden sich bei der RNZ Vereine, weil das Hauptamt der Stadt ihre Berichte zur Veröffentlichung nicht freigegeben hat. Und zwar mit der Begründung, sie seien nicht "kurz und sachlich-neutral" genug und erfüllten damit nicht die "Zulassungsvoraussetzung für das Mitteilungsblatt".

Neu ist hingegen, dass ein Verein, in diesem Fall der Baseballclub Raubritter, öffentlich dazu Stellung bezieht und das allgemeine Verhalten der Stadt und insbesondere von Bürgermeister Hansjörg Höfer den Vereinen gegenüber kritisiert. Unter dem Titel "Weiterer Tiefpunkt der Stadt Schriesheim bei der Kommunikation mit den Vereinen" hat Zweiter Vorsitzender Tobias Heising eine geharnischte Abrechnung auf die Homepage und die Facebook-Seite des Vereins gestellt, aus der viel Verbitterung herauszulesen ist: "Immer, wenn man denkt, schlimmer geht es nicht mehr, setzt unsere Stadtverwaltung noch einen drauf. Die willkürliche Zensur bei den Berichten im Schriesheimer Mitteilungsblatt ist das letzte Highlight in einer Reihe von unverständlichen Aussetzern."

So seien beispielsweise zwei der letzten drei Berichte, die direkt mit dem Vereinsleben zu tun hatten, "der Zensur zum Opfer gefallen". In dem einen ging es um die Teilnahme des Freizeitteams bei einem Benefizturnier in Aschaffenburg, bei dem Geld für eine Stiftung gesammelt wird, die junge Leute vor Mobbing schützen will (wobei insgesamt 4500 Euro zusammenkamen). In dem anderen informierte Heising über den 17-jährigen Schriesheimer Yannic Walther, der bei den Raubrittern das Baseball-Spielen gelernt hat und auf dem besten Weg zu einer Profikarriere und außerdem im Herren-Nationalkader ist.

Direkt an die finanzielle Grundlage des Vereins würde es gehen, so sagt Heising im Gespräch mit der RNZ, wenn man nicht mehr per "Blättchen" den Sponsoren danken könne. Dafür seien die Homepage oder Facebook nicht geeignet, da zu wenig "außenwirksam". Er findet: "Wenn man das nicht mehr veröffentlichen darf, hat das Mitteilungsblatt aus meiner Sicht keine Daseinsberechtigung mehr." Er habe bereits mehrfach gehört, dass immer mehr Schriesheimer das "Blättchen" abbestellen wollen.

Auch interessant
Schriesheim: Vereine fordern klare Richtlinien für das "Blättchen" (Update)

Heising resümiert in seiner Web-Erklärung bitter: "Uns fehlen die Worte." Und dann geht er direkt zu Höfer über: "Dass unser Bürgermeister auch nach 16 Jahren im Amt noch kein guter Kommunikator ist, ist das eine. Dass nach vielen Terminen mit den Vereinen aber immer noch nicht ansatzweise eine Besserung in Sicht ist und immer wieder dieselben Fehler gemacht werden, ist unverzeihlich." Die Vereine in Schriesheim seien "es mittlerweile gewohnt, dass wir nur das absolut Notwendigste an Unterstützung bekommen", aber sie verstünden auch, "dass die finanziellen Mittel begrenzt sind".

Jedoch: "Ein bisschen Anerkennung, Toleranz, Fingerspitzengefühl und Kommunikation kosten keinen Cent, und es wäre so einfach. Man muss es nur wollen. Wir sind lange davon ausgegangen, dass man einfach nicht in der Lage ist, es besser zu machen. Mittlerweile muss man leider davon ausgehen, dass man es einfach nur nicht will."

Heising ist beileibe nicht allein mit seiner Klage. Auch der Bericht des Verkehrsvereinsvorsitzenden Joachim Müller über den von seinem Verein organisierten Auftritt von "Bluesgosch" Dieter Reinberger beim "Ersatz-Straßenfest" am Samstag (samt Vorankündigung der Mitgliederversammlung am 29. September) wurde zur Veröffentlichung im aktuellen Mitteilungsblatt nicht zugelassen. Auch hier wieder die Begründung mit der Standard-E-Mail aus dem Hauptamt: nicht "kurz und neutral-sachlich" genug. Heising sagt resigniert: "Es ist einfach nur traurig."