KOmmentar Widerspruch

23.04.2021 UPDATE: 23.04.2021 18:40 Uhr 46 Sekunden

Kommentar: Widerspruch

Es reicht nicht, immer wieder über sich selbst zu behaupten, für Frieden und Demokratie einzustehen. Wenn die Initiatoren der Kundgebung – wie Michael Reichert aus Götzingen – von "Plandemie" statt Pandemie reden oder – wie Jörn Glotzbach aus Modautal – Masken jeglichen Nutzen absprechen, dann offenbaren sie, wessen Geistes Kind sie sind. Sie verbreiten damit gefährliche Falschinformationen. Der extreme Irrglaube, es gebe keine Pandemie oder eine machthungrige Elite täusche diese vor, entwickelt sich unter Umständen dann, wenn sich Gleichgesinnte abgeschottet in einer Filterblase (wie dem Telegram-Chat von "Buchen steht auf") gegenseitig dazu ermutigen, irrationale und unwissenschaftliche Weltbilder zu akzeptieren. Welche Ausmaße dieser Sturz in den Kaninchenbau annehmen kann, offenbart am Donnerstag eine Rednerin, die voller Überzeugung auf der behördlich genehmigten Demonstration frei ihre Meinung äußert, dass sie ihre Meinung nicht mehr äußern darf. Dafür gibt es auf der Kundgebung Applaus, im Alltag erntet man für solche Aussagen wohl eher ein Kopfschütteln. Und das ist gut so. Denn wer Meinungsfreiheit für sich beansprucht und gleichzeitig einfordert, dass andere zuhören, muss hinnehmen, dass nicht jeder diese Meinung teilt, sie unter Umständen sogar ablehnt oder – wenn sie nachweislich absurd ist – sich darüber lustig macht. Jeder darf (fast) alles sagen – nur nicht unwidersprochen. (Jam)