Hintergrund - Das Beste kam zum Schluss

28.06.2020 UPDATE: 28.06.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 45 Sekunden

Für den SV Sandhausen war die achte Zweitliga-Saison wie eine Fahrt auf der Achterbahn

Von Wolfgang Brück

Hamburg. Das Beste kam zum Schluss. Mit einem grandiosen Finale, einem 5:1-Sieg beim Hamburger SV beendete der SV Sandhausen seine achte Zweitliga-Runde auf dem zehnten Platz und stellte damit die Bestmarke aus der Saison 16/17 ein. In den vergangenen Jahren landete der Klub aus der kleinsten Zweitliga-Gemeinde auf den Plätzen 15 (18/19), 13 (15/16), zwölf (13/14 und 14/15), elf (17/18) und zehn.

Gejubelt wurde schon vor dem 2:2 gegen Holstein Kiel. Trainer Uwe Koschinat gab bekannt, dass er seinen Vertrag bis zum Sommer 2022 verlängert hat. Im Spiel drehten Mario Engels und Besar Halimi einen 0:1-Rückstand, kurz vor Schluss pickten die Störche aber noch mal zu und verhinderten zwei Tage vor Heiligabend eine doppelte Bescherung.

Ein neuer Vereinsrekord. Mit dem 3:1 in Osnabrück blieb der SV Sandhausen zum neunten Mal in Folge ungeschlagen. Ein früherer Sandhäuser half mit. Torwart Philipp Kühn bewegte sich beim Elfmeter zu früh und wurde vom Platz gestellt. Leart Paqarada verwandelte im zweiten Versuch. Der überragende Kevin Behrens hatte den Strafstoß herausgeholt und erzielte auch die anderen Tore.

Sportlicher Ruhm welkt schnell. Beim 0:2 in Nürnberg verschoss Paqarada einen Strafstoß und zog den Zorn des Präsidenten auf sich. "Es ist eine alte Regel, dass der schlechteste Mann keine Elfmeter schießen soll", giftete Jürgen Machmeier und legte nach: "Man muss dem Nürnberger Torwart Christian Mathenia den Vorwurf machen, dass er den Ball nicht festgehalten hat."

Schon nach einer guten Viertelstunde war das Derby entschieden. Das 0:1 gegen Heidenheim bestätigte das Gesetz der Serie. Der letzte Heimsieg - im August 2009 – liegt lange zurück.

Es geht in die andere Richtung. Beim 0:1 in Darmstadt blieben die Kurpfälzer erneut ohne Tor und Punkte.

Nachbarschafts-Hilfe leisteten die Sandhäuser auch beim 0:2 gegen Karlsruhe. Der neue KSC-Trainer Christian Eichner überraschte mit einem Blitzstart und feierte seinen ersten Zweitliga-Sieg. Koschinat blieb nur Sarkasmus: "Sollte ich meinen Spielern nicht gesagt haben, wie wichtig Zweikämpfe sind, dann geht die Niederlage auf meine Kappe."

Ein Lichtblick. In der Schlussphase verwandelte Strafstöße durch Kevin Behrens und Philipp Türpitz bescherten Sandhausen mit dem 4:4 in Bochum einen Zähler. Die Gastgeber mit einem überragenden Ex-Sandhäuser Danny Blum als dreifachen Torschützen führten 2:0 und 4:2. Ein Stern ging auf: Julius Biada erzielte zwei Tore.

Kevin Behrens und Robin Scheu drehten beim 2:2 gegen St. Pauli einen Rückstand. Der Kiez-Klub glich im letzten Spiel vor der Corona-Pause aus und nahm einen schmeichelhaften Punkt mit nach Hamburg.

Im März mussten die Sandhäuser wegen Corona 120 Kilometer vor dem Ziel wieder umkehren. Zehn Wochen später kamen sie zwar im Erzgebirge-Stadion an, wurden jedoch beim 1:3 gegen Aue kalt erwischt. Dennis Diekmeier flog wegen einer Notbremsen schon nach vier Minuten vom Platz. Mit dem anschließenden Elfer stellten die Gastgeber die Weichen auf Sieg. Biadas Gegentreffer kam zu spät.

Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach tröstete man sich nach dem 0:0 gegen Regensburg. Koschinat wendete erstmals die Anti-Abstiegs-Formel an, verstärkte mit Tim Kister die Abwehr. Ein Erfolgsrezept.

Auf dieses Tor musste Dennis Diekmeier zwölf Jahre und 287 Profi-Spiele warten. Sein Tor zum 1:0 in Wehen führte zum wichtigsten Sieg der Saison brachten Hoffnung und Glaube zurück.

Mit 3:1 gegen Hannover glückte – es war immerhin schon Ende Mai – endlich auch der erste Heimsieg. Sein letzter unfreiwilliger Dienst schlug Ex-Trainer Kenan Koczak aufs Gemüt. Koschinat und sein Vorgänger zofften sich nachher öffentlich. Für Sandhausen trafen Gerrit Nauber, Biada und Türpitz.

Das 2:1 in Fürth war der erste Sieg im Ronhof. Behrens und Biada trafen. Machmeier jubelte: "Das ist der Klassenerhalt."

Beim 0:0 gegen Bielefeld war Sandhausen die bessere Mannschaft. Animiert durch die starke Leistung gegen den Bundesliga-Aufsteiger verkündete der Präsident: "Wir wollen nicht immer nur gegen den Abstieg spielen, unser Ziel soll auch mal ein einstelliger Tabellenplatz sein."

Das 1:5 in Stuttgart machte - kurios aber wahr - die Sandhäuser Fans froh. Weil Karlsruhe in Regensburg verlor, war die neunten Saison in der Zweiten Liga endgültig gesichert. In der Mercedes-Benz-Arena kamen die Kurpfälzer schwer unter die Räder, lagen nach nicht mal einer halben Stunde 0:4 hinten. Der talentierte Enrique Pena-Zauner machte mit dem Gegentor ein Versprechen für die Zukunft.

Noch fünf Tage nach dem 0:1 gegen Dresden war der Trainer stinksauer. "Die Tür stand sperrangelweit auf für die beste Zweitliga-Platzierung. Wir haben die große Chance nicht genutzt", ärgerte sich der Trainer über die Niederlage gegen den Absteiger.