Erichson entschuldigt sich für Aussagen über Krawallmacher

14.07.2021 UPDATE: 15.07.2021 06:01 Uhr 1 Minute, 51 Sekunden

Von Philipp Neumayr

Heidelberg. Eine Woche nach seiner viel kritisierten Aussage zur Herkunft der Krawallmacher auf der Neckarwiese und in der Altstadt hat sich Bürgermeister Wolfgang Erichson offiziell dafür entschuldigt. Zum Auftakt der Jahreshauptversammlung des Kreisverbandes seiner Partei, der Grünen, trat Erichson ans Mikrofon, um, wie er sagte, "Dinge wieder zurechtzurücken".

Die Stadt hatte als Reaktion auf die Krawalle Anfang letzter Woche zu einer gemeinsamen Sitzung mit Wirten eingeladen. Bürgermeister Erichson hatte dabei gesagt, "99 Prozent" der Krawallmacher auf der Neckarwiese und in der Altstadt seien "Deutsche mit Migrationshintergrund". Diese Äußerung hatte ihm heftige Kritik von Gastronomen, von Nachtbürgermeister Jimmy Kneipp, den Fraktionen CDU und "Die Linke", grünen Jugendgruppen, dem Studierendenrat, dem Migrationsbeirat und anderen eingebracht. Zuletzt kritisierte das Antirassismus Netzwerk Heidelberg Erichsons Aussage als "stigmatisierend" und als Ausdruck eines strukturellen Rassismus.

Erichson hatte auf mehrfache RNZ-Nachfrage zu den Vorwürfen Stellung genommen und sich verteidigt. Nun sprach er bei der Grünen-Versammlung auch erstmals eine Entschuldigung aus. Es sei bei dem Treffen mit den Wirten darum gegangen, dass Gruppen junger Menschen durch die Altstadt ziehen, erklärte er. In diesem Zusammenhang habe ein Teilnehmer gesagt, dass dies alles Ausländer seien. "Ich habe auf diese Bemerkung mit meiner Bemerkung reagiert und habe gesagt: Nein, das sind alles Deutsche. Das sind zu 99 Prozent Deutsche, aber überwiegend mit Migrationshintergrund."

Aus seiner langjährigen Erfahrung als Integrationsbürgermeister wisse er, dass es "stets schädlich" sei, pauschal ein Problem mit Migrationshintergrund in Verbindung zu bringen – egal, wie es gemeint sei. "Ich möchte mich bei all jenen, die sich durch diese Bemerkung verletzt oder angegriffen gefühlt haben, heute entschuldigen", sagte Erichson. Es sei nicht seine Absicht gewesen, Menschen mit Migrationsgeschichte anzuklagen oder gar zu verurteilen. Er bezeichnete seine Äußerung als "unpassende Verkürzung" und als "Fehler" – und entschuldigte sich auch dafür, dass die Worte dafür geeignet seien, rassistische Vorurteile und Verallgemeinerungen zu verstärken.

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Gleichzeitig verwies Erichson auf seine lange Tätigkeit als Integrationsbürgermeister, aus der etwa die Gründung des Interkulturellen Zentrums oder der "Interreligiöse Dialog" hervorgegangen seien. Zudem betonte er, dass er als Sohn eines Italieners selbst eine Migrationsgeschichte habe.

Wer ihn kenne, der wisse, dass seine "Berliner Schnauze" manchmal schneller als sein Verstand sei und dass er seinen Emotionen manchmal freien Lauf lasse, sagte Erichson. "Das ist Teil meiner Persönlichkeit, die mich ausmacht, die ich auch nicht mehr ändern werde, und dir mir manchmal natürlich auch im Weg steht." Er gelobte Besserung und versprach, künftig mehr auf seine Äußerungen zu achten.

Fraktionsvorsitzender Derek Cofie-Nunoo war "froh", dass Erichson den "richtigen Schritt" gegangen sei, sich zu entschuldigen. Er betonte, dass die Fraktion Aussagen wie die von Erichson getätigte "aufs Schärfste" ablehne – und dass es "inakzeptabel" sei, die Gründe für die Krawalle am Migrationshintergrund oder Ähnlichem festzumachen. Cofie-Nunoo richtete den Blick nach vorne: Es gehe nun darum, konkrete Angebote für junge Menschen zu schaffen und deren strukturelle Benachteiligung zu beseitigen. Dafür habe man bereits konkrete Vorschläge.